„Das Beste wäre, wenn es unsere Einrichtung irgendwann gar nicht mehr bräuchte.“
Veronika Schneider
ns Leben gerufen wurde Medcare im Herbst 2013 vom Roten Kreuz Tirol und der Caritas Innsbruck. Ziel der Initiative ist es, kranken Menschen ohne Versicherung sowie jenen, die zwar versichert sind, aber aus diversen Gründen keinen Arzt aufsuchen, eine medizinische und soziale Basisversorgung zu bieten. Und sie – wenn möglich – ins öffentliche Gesundheitssystem zurückzubegleiten. Wer die Betroffenen sind, erklärt die organisatorische Leiterin von Medcare Veronika Schneider so: „Zum einen sind es nichtversicherte Obdachlose mit unterschiedlichen Problemen, die aus Scham keine Hilfe aufsuchen. Zum anderen sind es Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung, die nicht versichert sind.“
Es kann jeden treffen.
Seit dem Projektstart vor vier Jahren wurden 1.147 Patienten aus 53 Ländern behandelt. Der Großteil komme aus dem Ausland, aber nicht nur, sagt Schneider. „Die Behauptung, dass alle Tiroler krankenversichert seien, stimmt nicht ganz. Im Prinzip kann es jedem passieren.“ Oft ist es ein Schicksalsschlag, etwa ein Konkurs, ein plötzlicher Verlust oder eine Scheidung, der die Betroffenen komplett aus der Bahn wirft. Meist sind es Schamgefühle, die einer Nutzung bestehender sozialer und medizinischer Angebote im Weg stehen. Wie viele Nichtversicherte es in Innsbruck gibt, lässt sich laut Schneider nicht genau erheben, da viele Patienten hier nicht gemeldet sind. Im Jahr 2017 wurden rund 900 Untersuchungen von Medcare durchgeführt, eine Spitze gab es 2015 während der Flüchtlingskrise.
Ärztliches Engagement.
Das Medcare-Team besteht aus elf ehrenamtlich tätigen Ärzten, elf Notfallsanitätern und Diplompflegern sowie jeweils zwei in Teilzeit beschäftigten Sanitätern und einer Sozialarbeiterin. Die Ärzte sind bis auf einen pensionierten Mediziner alle berufstätig und teilen sich die wöchentlichen Dienste. Die Behandlung erfolgt mobil – bei Besuchen von Innsbrucker Obdachloseneinrichtungen, beispielsweise der Teestube oder Wolfgangstube (siehe Factbox) – und stationär in einer eigenen Ordination. Durch die aufsuchende Arbeit werden Patientenkontakte geknüpft. Erst, wenn die Patienten den Ärzten vertrauten, würden sie in die Praxis kommen.
//Sehr häufig sind es Schmerzpatienten, aber auch Hauterkrankungen sind verbreitet. Das Medcare-Team übernimmt eine medizinische Grundversorgung. Falls die Patienten krankenversichert sind, werden sie durch die Sozialarbeiterin an einen Hausarzt weitervermittelt.
Die Medikamente bekommt Medcare vom Medikamentendepot des Österreichischen Roten Kreuzes in Wien, das die meist kurz vor dem Ablauf stehende Medizin wiederum von Pharmafirmen, Apotheken oder Ärzten erhält.
Auf Wohnungssuche.
Bis Ende Dezember fand sich die Ordination in der Südbahnstraße in Bahnhofsnähe – dort, wo nun „Pema 3“ entstehen soll. Aufgrund des Bauprojekts brauchte Medcare eine neue Bleibe. Nach einem Jahr Suche und vielen Absagen – entweder war die Miete zu hoch oder die Vermieter mit der Nutzung der Räumlichkeiten nicht einverstanden – wurde man am Innrain fündig. Die neue Ordination findet sich in einem Wohngebäude und diente bereits in früheren Jahren als Arztpraxis. Zuletzt war die 122 Quadratmeter große barrierefreie Wohnung eine WG.
//Hier hofft man, Ende März – der genaue Termin wird noch festgelegt – einen guten Start hinzulegen. Der Standort sei laut Schneider perfekt. Doch in der Nachbarschaft gebe es auch Skepsis, weshalb man auf Aufklärungsarbeit (etwa einen Tag der offenen Tür) setze. „Wir wissen, dass manche Hausbewohner Bedenken haben. Berührungsängste mit Obdachlosen sind nun mal Realität, aber auch Obdachlosigkeit ist leider Realität. Ich wünschte mir hier mehr Akzeptanz“, sagt Schneider. Längerfristig möchte Medcare das Angebot ausbauen. Eine Kooperation mit einer Zahnarztpraxis wäre laut der organisatorischen Leiterin wünschenswert. „Das Beste wäre jedoch, wenn es unsere Einrichtung irgendwann gar nicht mehr bräuchte“, sagt Schneider.
"Berührungsängste mit Obdachlosen sind nun mal Realität, aber auch Obdachlosigkeit ist leider Realität."
Veronika Schneider
Medcare wird von der Stadt, dem Land, dem Roten Kreuz Tirol, der Caritas Innsbruck und der Tiroler Gebietskrankenkasse finanziert.
Die Behandlungen erfolgen derzeit mobil:
Mittwochs 10 bis 11.30 Uhr in der
Teestube, Kapuzinergasse 45
Freitags um 18.15 Uhr in der Wolfgangstube und um 18.30 Uhr am Marktplatz (Medcare Bus)
... und stationär in der neuen Ordination, Innrain 28:
Montag: 16 bis 18 Uhr
Mittwoch: 9 bis 10 Uhr
Freitag nach Vereinbarung
Der genaue Eröffnungstermin wird noch definiert.