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JULI 2017

Starke Mädchen

„Eat clean, train hard“ – nach diesem Motto versuchen immer mehr junge Frauen Fitnessmodels auf Instagram nachzueifern. Zwei kraftsportbegeisterte Innsbruckerinnen erzählen uns von ihren positiven und negativen Erfahrungen.

Foto: Axel Springer

„Krafttraining auf Wettbewerbsniveau ist ein egoistischer Sport.“

Melanie Bittner

Kurz & knackig: Melanie Bittner (26) wohnt in Innsbruck und ist Köchin im Hotel ihrer Eltern. Sie ist seit neun Jahren Mitglied im Fitnessstudio „Speedfit“, aber erst seit zweieinhalb Jahren betreibt sie regelmäßig Krafttraining. Melanie hat bereits nach wenigen Monaten Krafttraining an ihrem ersten Wettkampf teilgenommen. Der Auslöser für ihre Fitness-Leidenschaft: Sie wollte zunehmen. 

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Du hast bereits nach einem halben Jahr Krafttraining an einem Bewerb teilgenommen, wie war das? Melanie Bittner: Eine sehr fitnessbegeisterte Freundin wollte nicht alleine teilnehmen und hat mich dazu überredet mitzumachen. Ich bin zweimal in der Bikini-Klasse gestartet, vor zwei Jahren bei einem Bewerb der IFBB in Oberösterreich und vor einem Jahr bei der NABBA in Wien. 

 

Wie war die Vorbereitungszeit für die Wettkämpfe? Ich habe sechs Wochen Diät gehalten, keine Kohlenhydrate, nur Gemüse, Pute, Fisch, Eiweiß und Whey-Proteine zu mir genommen. So eine Diät ist definitiv nicht gesund und kann sehr leicht zu einer Essstörung führen. Dazu habe ich zwei Mal täglich Sport getrieben: eine Stunde Krafttraining und eine Stunde Lauftraining. Ein Bodybuilder hat mich in der Vorbereitungszeit gecoacht. Es war faszinierend, jeden Tag eine kleine Veränderung an meinem Körper festzustellen. Ich war in dieser Zeit sehr sensibel, habe mich viel mit mir selber auseinandergesetzt. Ich habe viel über mich erfahren und gelernt, wozu ich fähig bin.

Was war negativ an der Vorbereitungszeit? Vieles. Ich war nicht mehr gesellschaftsfähig, Krafttraining auf Wettbewerbsniveau ist ein egoistischer Sport. Man bekommt einen Tunnelblick, wird immer fanatischer, allerdings passiert das so schleichend, dass man es selbst nicht merkt. Aufgrund der einseitigen Diät konnte ich mich nicht mehr konzentrieren, ich habe einen Satz angefangen und wusste nicht mehr, wie ich ihn beenden wollte. Bei meiner Arbeit als Köchin habe ich viele Böcke geschossen. Das Abschmecken von nur einer Messerspitze hat mich schon nervös gemacht. Ich habe die Speisen außerdem viel zu fade abgeschmeckt, aufgrund meiner Diät war für mich ja alles sehr geschmacksintensiv. Ich war einfach nicht mehr ich selbst und mein Umfeld hat sich Sorgen gemacht.

 

Wie war deine Platzierung? Ich bin eher weiter hinten gelandet. Ganz vorne waren vor allem osteuropäische Teilnehmerinnen. Sie haben sehr männlich gewirkt, man hat ihnen angesehen, dass sie verbotene Substanzen konsumieren. Das würde für mich nie in Frage kommen.

 

Wie lautet dein Fazit von diesen Wettkämpfen? Man investiert viel mehr, als man bekommt. Es sind ja auch finanzielle Investitionen mit einem Wettkampf verbunden, Anreise, Übernachtung, Coaching, Startgeld, Bikini, Bräunungsfarbe etc.

„Man investiert viel mehr, als man bekommt.“

AM LIMIT. Melanie in ihrer Wettkampfzeit

Auf Instagram: 

 

www.instagram.com/
danielle_jung_

„Mir gefällt, dass ich meinen Körper formen kann wie ein Bildhauer.“

Kurz & knackig: Danielle Jung (30) kommt ursprünglich aus Luxemburg, wohnt aber schon seit einigen Jahren in Innsbruck. Sie ist Psychologiestudentin und schreibt gerade an ihrer Masterarbeit über nonverbale Kommunikation. Danielle betreibt seit einem Jahr Krafttraining, momentan im „Happy Fitness“.

 

6020:

Wie bist du zum Kraftsport gekommen? Danielle Jung: Da ich mir beim Poledance eine Schulterverletzung zugezogen hatte, wurde mir geraten, die Schultermuskulatur zu kräftigen. Vor einem Jahr war ich daher das erste Mal in einem Fitnessstudio. Am Anfang habe ich mich noch nicht wirklich ausgekannt und da hat es mir auch nur wenig Spaß gemacht. Aber dann hat mir ein Bodybuilder drei Monate lang viele Tipps gegeben und ich habe Blut geleckt. In einem Jahr habe ich zehn Kilo zugenommen, von 47 Kilo auf 57 Kilo. 

 

Du trainierst erst seit einem Jahr, bist aber schon ein richtiges Muskelpaket, wie geht das? Ich war schon früher sehr sportlich, als Kind Kunstturnerin und schon mit fünf Jahren im Nationalteam. Außerdem spielen sicher auch die Gene eine Rolle. Aber das Wichtigste ist die Ernährung. Ich ernähre mich „clean“ und bereite mir meine Mahlzeiten immer am Vortag vor. Ich esse alle zwei bis drei Stunden, trinke keinen Alkohol, verzichte auf Weizenmehl und Zucker, und Milchprodukte sowie Fette gibt es nur ganz wenig. Ich esse vor allem grünes Gemüse, Süßkartoffeln, Naturreis, Dinkelnudeln, Quinoa, Vollkorncouscous, Fleisch und Fisch.

„Cheat day“ habe ich keinen. Das ist für mich keine Diät, sondern meine Ernährungsform. Es fällt mir nicht besonders schwer, ich habe gar kein Verlangen nach anderen Lebensmitteln.

 

Wie oft trainierst du? Am liebsten würde ich jeden Tag trainieren, weil es mir so viel Spaß macht. Aber das geht nicht, der Körper braucht Erholungspausen, daher mache ich fünf- bis sechsmal pro Woche eineinhalb Stunden Krafttraining. Ich trainiere immer ganz unterschiedlich, verschiedene Wiederholungen, verschiedene Gewichte, an einem Tag ist der Rücken dran, am nächsten Schulter und Trizeps, dann Hintern und so weiter. 

 

Welche Nahrungsergänzungsmittel nimmst du? Für den Muskelaufbau nehme ich BCAA und für die Regeneration Glutamin, also Aminosäuren. Und ich trinke jeden Tag einen Eiweißshake, aber das ist alles. Mir wird ab und zu unterstellt, dass ich verbotene Substanzen einnehme. Das würde ich aber nie tun, ich möchte meinem Körper keinesfalls schaden und weiblich bleiben. Auch mein Freund ist übrigens „natural Bodybuilder“.

 

Was gefällt dir am Krafttraining? Mir gefällt, dass ich meinen Körper formen kann wie ein Bildhauer.

„Meine Mama findet meine neue Figur furchtbar.“

Danielle Jung