ie Affäre Dreyfus beinhaltete als französischer Justiz-skandal im ausgehenden 19. Jahrhundert alles, was spannende Geschichte(n) ausmacht: Hochverrat, rechts-widrige Beweise, antisemitische Vorverurteilung, Freispruch und faule Kompromisse: Hauptmann Alfred Dreyfus war 1894 in Paris verurteilt wurden, Landesverrat durch Weitergabe geheimer Akten an das Deutsche Kaiserreich begangen zu haben. Er wurde degradiert und zu lebenslanger Verbannung auf die Teufelsinsel im Atlantik verurteilt. Der gar nicht so kleine Makel an diesem Urteil: Die militärische Rechtssprechung bediente sich rechtswidriger Beweise und zweifelhafter Handschriftengutachten. In den folgenden Jahren kämpften jene, die Zweifel an der Schuld des Angeklagten hatten, gegen hochrangige Militärs, die einen Gesichtsverlust durch Rehabilitierung Dreyfus’ verhindern wollten. Medialer Höhepunkt war 1898 schließlich ein Artikel Émile Zolas, der Mediengeschichte schrieb: Mit „J’accuse …!“ prangerte der Schriftsteller den faulen gesellschaftlichen Umgang mit dem Skandal an und forderte, dass die eigentlich Schuldigen angeklagt werden.
J’ACCUSE – INTRIGE
Drama, Frankreich,
Italien 2019
Mit: Jean Dujardin, Louis Garrel, Emmanuelle Seigner
Regie: Roman Polanski
Erzählkino, das funktioniert
Roman Polanski erzählt diesen Skandal – ausgehend von Robert Harris’ gleichnamigem Bestseller – in seinem neuesten Film „J’accuse – Intrige“ aus der Warte von Marie-Georges Picquart (Jean Dujardin – „The Artist“). Der Major wird unmittelbar nach Dreyfus’ Verurteilung zum Geheimdienstchef genau jener Abteilung befördert, die Dreyfus zuvor der angeblichen Spionage überführte. Ist Picquart zunächst noch von Dreyfus’ Schuld überzeugt, befallen ihn schon bald Zweifel, da weiterhin militärische Geheimnisse an die Deutschen verraten werden ...
//In „J’accuse – Intrige“ ist nicht nur die Geschichte spannend, sondern auch das Handwerk Polanskis und seiner Schauspieler: Schnörkellos und dennoch aufwändig produziert entrollt Polanski ein geschichtliches Thema weniger über Effekte denn über tragende Figuren. Mehr als zwei Stunden klassisches Erzählkino, das auch in Zeiten omnipräsenter Effekt-filme mehr als nur gut funktioniert: Das zeichnet Polanski und seinen neuesten Film aus. Bei den Filmfestspielen von Venedig 2019 gewann er damit den Großen Preis der Jury.