Wir empfehlen
FEBER 2020

Was wäre, wenn ... ?

Dauerbrenner Wohnen

Wie die hohen Mietpreise in Innsbruck in den Griff bekommen? Welche Maßnahmen gäbe es und wie werden sie von der öffentlichen Hand und wie von der Wirtschaft beurteilt? 6020 hat bei Bürgermeister Georg Willi und bei Simon Czermak, Ökonom am MCI, nachgefragt.

Fotos: Axel Springer

Was wäre, wenn ...

 

... die Stadt 5.000 Wohnungen bauen würde?

Georg Willi: „Wenn wir diese Wohnungen auf einen Schlag zur Verfügung hätten, könnten wir einmal die Wohnungswerber-Liste abarbeiten – von rund aktuell 2.000 auf Null – und wir hätten 3.000 weitere Wohnungen, die wir kostengünstig am Markt hätten. Das wiederum würde zu einer Verschiebung führen: Wären günstigere Wohnungen am Markt, wirkt sich das auf Angebot und Nachfrage aus, und Vermieter mit sehr hohen Preisen für ihre Wohnungen müssten diese reduzieren, wenn sie überhaupt noch Mieter wollen.“

 

... es einen Mietpreisdeckel geben würde?

„Das würde den Markt entspannen. Es gibt in Teilbereichen der Stadt bereits jetzt einen Mietpreisdeckel und zwar überall dort, wo das Mietrechtsgesetzt (MRG) anzuwenden ist bzw. wäre. Sprich: bei Altbauwohnungen. Wir sind jetzt dabei, den dazugehörigen Gebäudebestand zu erheben, um diesen dann auch ausweisen zu können. Damit sowohl Vermieter als auch Mieter wissen, welche Regeln für ihre Wohnung gelten. Es gibt Wohnungen – Stichwort Studierenden-WGs –, für die Vermieter zu viel verlangen. Das ist nicht erlaubt. Allerdings: Wo kein Kläger, da kein Richter. Hier braucht es Transparenz.“

 

... wenn die Stadt mehr Baugrund zur Verfügung hätte?

„Rein statistisch hätte Innsbruck ausreichend gewidmete Flächen. Nur sind das zum Teil Flächen, die man in den 70ern und 80ern einfach als Wohnbaugebiet gewidmet hat – in manchen Fällen, ohne die Eigentümer zu fragen. Das waren oder sind zu einem Gutteil Bauern, die ihre Bauernschaft weiterbetreiben wollten bzw. wollen. Vom Papier her wären ihre Flächen Bauland, faktisch sind sie das aber nicht.

// 

Das Interesse der Stadt ist es, Baugrund so günstig wie möglich zu bekommen, um dort auch günstigen Wohnraum schaffen zu können. Und der Eigentümer will natürlich einen guten Preis. Wenn diese beiden Positionen unvereinbar bleiben, dann bleibt alles, wie es ist. Wenn wir also Flächen hätten, die faktisch Bauland sind, könnten wir leichter und schneller mehr leist-bares Wohnen schaffen.“

 

... die Stadt anstelle des Flughafens die Fläche des Flughafens zur Verfügung hätte?

„Wenn wir plötzlich eine so riesige Fläche zur Verfügung hätten, wäre ich zunächst einmal sehr vorsichtig. Eine Stadt muss langsam wachsen dürfen. Auf einer solchen Fläche könnte man Wohnbau, aber auch Gewerbe und Freizeitflächen realisieren – müsste aber auch die notwendige Infrastruktur bereitstellen: Kindergärten, Schulen, Spielplätze, Straßen, eine Anbindung der Öffis, Radwege, irgendwann bräuchte dieser neue Stadtteil auch Alters- und Pflegeheime. Eine solche Möglichkeit wäre also fast schon ein zweischneidiges Schwert.

// 

Aber klar, wenn dem so wäre, wenn wir diese Fläche – und die für die Erschließung notwendigen Mittel – zur Verfügung hätten, hätte die Stadt Innsbruck auf, ich traue mich zu sagen, 100 Jahre und mehr ausgesorgt.“

 

... die Stadt, Leer­stände in Wohnraum umwandeln könnte?

„Ökonomisch betrachtet ist Leerstand wiederum nicht effizient. Die Frage ist, wie man Menschen dazu bewegen kann, ihre leer stehende Wohnung auf dem Markt zur Verfügung zu stellen. Mit Sanktionen oder mit Anreizen? Um abzuschätzen zu können, welche Maßnahme bei potenziellen Vermietern greift, müsste man zunächst die jeweiligen Beweggründe für den Leerstand kennen.

// 

Gleichzeitig gilt es wahrscheinlich auch politisch zu beurteilen, wie weit – und auf welche Art und Weise – man in diesem Kontext in individuelle Eigentumsrechte eingreifen kann bzw. möchte.“

 

... es ein Spekulationsverbot geben würde?

„Wann beginnt Spekulation? Es ist eine menschliche Eigenschaft, Gewinn machen zu wollen. Und ich finde auch, wenn jemand etwas verkauft, soll er dabei auch etwas verdienen dürfen. Die Frage ist: Wann ist es ‚ausgschamt‘ – wann ist es Spekulation? Gäbe es dafür eine klare Definition, wäre ich für dieses Verbot.

// 

Unser großes Problem derzeit ist, dass der Finanzmarkt so gut wie keine Zinsen hergibt, der Wohnungsmarkt aber von Jahr zu Jahr Preissteigerungen garantiert. Das heißt, selbst wenn ich einen hohen Preis für eine Wohnung zahle, ist sie in zwei, drei Jahren mehr wert, als wenn ich dieses Geld jetzt über denselben Zeitraum auf die Bank legen würde.“

 

... die Stadt Airbnb regulieren könnte?

„Die Grundidee von Airbnb, über einen gewissen Zeitraum im Jahr seine Wohnung vermieten zu können oder ein Zimmer in einer großen WG immer wieder Gästen aus der ganzen Welt zu vermieten, war genial. Wenn jetzt aber jemand eine Zweitwohnung oder mehrere Wohnungen hat und alle auf Airbnb stellt, weil er so mehr einnimmt als mit einem regulären Mieter, dann muss Schluss sein!

// 

In solchen Fällen wird Wohnraum ganzjährig entzogen. Außerdem werden dadurch die Mietpreise wieder nach oben getrieben, weil der Markt kleiner wird. Hätte die Stadt hier eine Handhabe, um die Vermietung auf Airbnb zum Beispiel zeitlich zu begrenzen, würde sich der Markt entspannen.“

„Mit 5.000

Wohnungen

könnten wir

die Warte-

liste auf

einenSchlag

abarbeiten.“

Georg Willi, Bürgermeister Stadt Innsbruck

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Spekula-tion

undAbsicherung

sindzwei 

Seiten

derselben

Medaille.“

Simon Czermak Ökonom, MCI