Can you Cobra?
Die folgenden Übungen sind Teil des Auswahlverfahrens der Cobra:
1. Die Kandidaten müssen ein drei Meter langes Seil erklimmen,
ohne ihre Beine zur Hilfe zu nehmen.
2. Die zweite Übung ist der sogenannte Bauchaufzug. Dabei muss der Anwärter in der Sprossenwand hängend einen Medizinball über seinem Kopf mit den Füßen berühren.
3. Die Differenz vom dritten bis zum fünften Stock muss beim Kletterturm nur mithilfe einer schmalen Stahlstrickleiter innerhalb von fünf Minuten überwunden werden.
4. Zuletzt müssen die Kandidaten noch eine Schwimmbadlänge mit gefesselten Händen zurücklegen.
Wie viele Cobra-Beamte es in Tirol gibt, soll geheim bleiben.
er Neue zieht mit seiner imposanten Optik alle Blicke auf sich. Sein Name ist „Survivor“ und er ist der panzergeschützte Mannschaftstransporter der Tiroler Cobra. Es ist ein kalter Wintervormittag und ein Dutzend Männer übten vermummt auf einem Gelände oberhalb der Landesfeuerwehrschule in Telfs den Umgang mit dem neuen Panzerfahrzeug. „Einmal war der ‚Survivor‘ bereits in Tirol im Einsatz und zwar bei einem Vorkommnis im Unterland.“ Mehr möchte Oberst Harald Gonner dazu nicht sagen.
//Gonner ist der Chef der Tiroler Cobra. Der Hauptsitz sowie ihre Trainingseinrichtungen befinden sich in Wiener Neustadt. Daneben gibt es Standorte in Wien, Graz, Linz und Innsbruck sowie weitere Außenstellen in Salzburg, Klagenfurt und Feldkirch. „Innerhalb von 70 Minuten nach der Alarmierung kann an jedem Punkt in Österreich ein Cobra-Team zum Einsatz gebracht werden. Diese Zeitspanne stellt im internationalen Vergleich einen absoluten Spitzenwert an schneller Verfügbarkeit von Sondereinsatzkräften dar“, erklärt Gonner und beobachtet, wie der „Survivor“ langsam an ihm vorbeifährt. An jedem Standort sind vier Einsatzteams stationiert. Wie viele Cobra-Beamte es in Tirol gibt, soll aber geheim bleiben.
POLIZEI-OLYMP.
Die Geschichte der Cobra beginnt vor 40 Jahren mit der Gründung des Gendarmerieeinsatzkommandos (GEK). 2002 ging aus dem GEK die Cobra hervor. Gonner ist seit 1993 bei der Eliteeinheit, zuvor war er über zehn Jahre Polizist. Prinzipiell kann sich jeder Polizist bei der Cobra bewerben, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Nach einer ersten Aussonderung anhand der Bewerbungsunterlagen erfolgt eine Reihe von medizinischen, psychologischen und sportmotorischen Tests. „80 bis 100 Bewerber gibt es jedes Jahr, ca. 25 werden genommen. Erfreulich ist, dass die Zahl der Bewerber steigt“, so Gonner.
Erst zwei Frauen haben es bislang geschafft, bei der Cobra aufgenommen zu werden. Dabei wünscht sich die Einheit selbst einen höheren Frauenanteil. „Insbesondere bei Personenschutzeinsätzen für weibliche Zielpersonen hätte das Vorteile“, erklärt Gonner. So müssen auch bewachte Königinnen gelegentlich auf die Toilette. Mit weiblichen Beschützern ginge das leichter. Die harten Aufnahmekriterien sind für Männer und Frauen gleich und garantieren, dass nur die Besten genommen werden.
//Auf einem kleinen Hügel kommt der „Survivor“ zum Stehen. „Die Schießluken des ‚Survivors‘ sind sehr klein. Die Übung besteht jetzt darin, mit einem Sturmgewehr auf ein Ziel in 100 Meter Entfernung zu schießen.“ In der Stille des kalten Wintertags sind plötzlich deutlich Schüsse zu hören.
HARTE SCHULE.
Nach dem bestandenen Auswahlverfahren absolvieren die Eignungsanwärter eine sechsmonatige Grundausbildung in Wiener Neustadt. In dieser Ausbildung enthalten sind Kurse in taktischem Vorgehen, Schießtraining, Sport, Fahrtechnik-Kurse sowie weitere Kurse in Seiltechnik, Nahkampf und anderen Fächern. „Zusätzlich können sich die angehenden Cobra-Beamten noch in einer Spezialfertigkeit ausbilden lassen. Dazu zählen unter anderem Fallschirmspringen, Tauchen, Sprengtechnik sowie die Ausbildung zum Präzisionsschützen“, erklärt der Cobra-Chef. Auch der jordanische König Abdulla II. hat einen Teil seiner polizeilichen Grundausbildung in Wiener Neustadt absolviert. Seither verbindet ihn eine enge Freundschaft mit den Cobra-Männern und er lässt sich jedes Jahr während des Ski-Urlaubs am Arlberg von ihnen beschützen. Ein Alterslimit gibt es bei der Cobra nicht.
„Wir haben auch Beamte, die über 50 sind“, erklärt Gonner, „allerdings muss jeder den jährlichen Leistungstest bestehen.“ Wenn diese Leistungen nicht mehr erbracht werden können, müssen die Beamten zu den jeweiligen Polizeidienststellen zurückgehen. Die Übung mit dem „Survivor“ ist für heute abgeschlossen. Die Beamten klettern aus dem Fahrzeug. Am Nachmittag geht es weiter mit dem Hundetraining“, erklärt Gonner. „Wir sind sehr viel im Freien und fast immer auf der Suche nach Abrissgebäuden im Großraum Innsbruck, in denen wir Taktiken trainieren können oder auch Türen öffnen bzw. sprengen.“
UNDERCOVER.
Die Cobra ist das Einsatzkommando für brenzlige Fälle. Der Alltag eines Cobra-Beamten ist aus diesem Grund geprägt von harten Trainings, ständigen Weiterbildungen und unterschiedlichen Einsatzgebieten. Durchschnittlich rücken die Tiroler Cobra-Leute pro Jahr bei bis zu 100 Einsätzen aus. Oft unterstützen sie Streifenpolizisten bei der Festnahme von Tätern, die als gefährlich gelten.
//„Undercover“ sind sie für den Personenschutz und die Sicherung von Flügen in heikle Destinationen zuständig. Auch die Bewachung von Geldtransporten der Österreichischen Nationalbank fällt der Cobra zu. Da es keine aktive Pressearbeit gibt, erfährt die Öffentlichkeit nur von einigen Einsätzen.
IN DER LUFT ÜBERWÄLTIGT.
Die Cobra wird auch immer wieder im Ausland aktiv. Sowohl beim G20-Gipfel in Hamburg im Sommer 2017 als auch beim Amoklauf in München im Juli 2016 waren Tiroler Cobra-Leute zur Unterstützung mit dabei. „Die Cobra hat international einen sehr guten Ruf, wir unterhalten gute Beziehungen zu Anti-Terroreinheiten auf der ganzen Welt.
„Undercover“ sind sie für den Personenschutz und die Sicherung von Flügen in heikle Destinationen zuständig.
Namensgebung
Von den Leistungen der Beamten beeindruckt, haben Journalisten dem GEK in Anlehnung an die amerikanische Fernsehserie „Kobra, übernehmen sie“ immer wieder den Beinamen „Cobra“ gegeben. Der Name wurde geläufiger und so ist die offizielle Bezeichnung der Sondereinheit seit 2002 „Einsatzkommando Cobra“.
Zur Sache
Im Jahr 2017 führten Mitarbeiter der Cobra unter anderem
- 1.088 operative Täterlagen
- 1.992 Personenschutzdienste und
- mehrere tausend Flugsicherungen durch.
„80 bis 100 Bewerber gibt es jedes Jahr, ca. 25 werden genommen.“
Harald Gonner
Vor allem mit der deutschen GSG-9, der französischen GIGN und Schweizer Einheiten kommt es regelmäßig zu einem Erfahrungsaustausch“, so Gonner.
//In internationalen Vergleichswett-bewerben belegen Cobra-Beamte gewöhnlich die vordersten Plätze. Gonner war selbst in den 1990er und 2000er Jahren bei internationalen Einsätzen dabei. „Etwa bei einer Geiselbefreiung in Algerien und bei einem Evakuierungsdienst in Beirut.“ Die Cobra ist nach wie vor die einzige Antiterroreinheit der Welt, die eine Flugzeugentführung – noch in der Luft – beendet hat: 1996 waren vier Gendarmen des GEK an Bord einer russischen Fluglinie auf ihrem Flug von Malta nach Lagos, um Schubhäftlinge bei der Abschiebung in ihre Heimat zu begleiten. Ein Nigerianer bedrohte plötzlich die Cockpit-Crew mit einem Fallmesser und verlangte, nicht nach Nigeria, sondern nach Südafrika oder Deutschland zu fliegen. Die GEK-Beamten überwältigten den Täter noch während des Fluges und erhielten daraufhin einen Orden vom damaligen russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin.
//Die Ausbildung ist streng, die körperliche Anforderung enorm, die Kameradschaft groß: Die Cobra beißt seit 40 Jahren und wird das auch weiterhin erfolgreich tun. Davon sind Gonner und seine Kameraden felsenfest überzeugt. Und so schnell wie eine echte Kobra sind sie an diesem Trainingsvormittag in Telfs auch schon wieder verschwunden.