Von links nach rechts (oder politisch: von rechts nach links und am Ende in die Mitte):
Maximilian Kurz, Deborah Grégoire (beide FPÖ), Barbara Neßler, Dejan Lukovic (beide Grüne), Benjamin Plach (SPÖ) und Theresa Ringler (FI)
6020: Woher kommt euer Interesse an Politik und warum habt ihr euch entschieden, zu kandidieren?
Theresa Ringler (FI): Ich habe es schon immer wichtig gefunden, dass man sich für Dinge engagiert, die einem wichtig sind. Ich habe das immer im kleinen Rahmen gemacht, dabei aber nie in Richtung Politik gedacht. Diese Frage habe ich mir erst Anfang dieses Jahres gestellt – ob nicht eben die Politik der richtige Rahmen ist oder zumindest die Chance, Dinge zu verbessern.
Maximilian Kurz (FPÖ): Ich war Schulsprecher und später in der Unipolitik tätig. Ich bin traditionell aufgewachsen und war auch immer sehr freiheitsliebend. Tradition, Kultur und Sprache verwurzeln einen, geben Halt und das ist auch das Konzept für die Zukunft – dafür will ich einstehen und mich einsetzen.
Deborah Grégoire (FPÖ): Eigentlich wollte ich nur beim Landtags-Wahlkampf helfen bzw. mir etwas dazuverdienen. Mein Stiefvater, der damals im Landtag war, hat mich gefragt, ob ich nicht in Innsbruck kandidieren möchte. Ich war relativ weit hinten gereiht und habe nicht damit gerechnet, dass ich reinkomme. Durch den Verzicht von zwei anderen bin ich dann nach oben gerutscht und auf einmal war ich im Gemeinderat. Ich bereue es aber überhaupt nicht.
Benjamin Plach (SPÖ): Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die von den sozialen Errungenschaften der 1970er profitiert hat. Mir war es als Erster in meiner Familie möglich, die Uni zu besuchen. Gleichzeitig ist mir klar geworden, dass es immer noch große Ungerechtigkeiten gibt. Es hat mir nicht mehr gereicht, nur Einfluss auf die zu nehmen, die entscheiden. Und jetzt bin ich glückliches Mitglied unseres illustren Teams im Gemeinderat.
Barbara Neßler (Grüne): Ich war stellvertretende Schulsprecherin in Vorarlberg und schon damals sind mir immer wieder Sachen aufgefallen, die ich als ungerecht empfunden habe und mir ist bewusst geworden, wie wichtig Politik ist. Ich war dann auch in der Unipolitik aktiv, war Spitzenkandidatin der Liste GRAS. Ich wollte und will die Welt – da bin ich ideologisch geprägt – zumindest ein kleines Stück besser machen.
Dejan Lukovic (Grüne): Meine Eltern sind aus dem Jugoslawienkrieg geflohen. Deshalb hatten wir immer viel mit Behörden zu tun. Zu meinem Bruder wurde in der Schule gesagt: Man hätte mit euch Jugos das tun sollen, was Hitler mit den Juden gemacht hat. Gleichzeitig hat es viele gegeben, die uns unterstützt haben. Diese Erfahrungen haben mich früh sehr sensibel dafür gemacht, dass man sich mit Negativem nicht einfach abfinden sollte.
„Ich erweitere meine Komfortzone gerade
laufend.“
Theresa Ringler, Gemeinderätin, FI
„Wenn dir im Gemeinderat etwas nicht passt, dann kannst du auf den Tisch hauen. Das ist genau ein Handzeichen.“
Maximilian Kurz, Gemeinderat, FPÖ
Ist euer Freundeskreis politisch?
Gregoire (FPÖ): Politisch tätig sind meine Freunde nicht, lustigerweise sind sie auch alle eher links eingestellt. Und ja – das funktioniert! Ich bin auch der Meinung, dass man fähig sein muss, sich mit anderen Meinungen auseinandersetzen und normal diskutieren zu können. Bei uns gibt es wegen Politik auch keine Streitereien, ich liebe meine Freunde, sie sind mir sehr wichtig.
Aber ihr redet trotzdem über Politik?
Gregoire (FPÖ): Ja, klar. Aber ganz ruhig. Ich akzeptiere ihre Meinung und sie meine Gott sei Dank auch.
Ringler (FI): Es ist ganz unterschiedlich. Einige Personen in meinem Alter interessieren sich nicht sehr für Politik, bei denen versuche ich zum Teil ein wenig einen Zugang herzustellen, weil für sie der Begriff Politik so abstrakt ist. Ich versuche das Interesse zu wecken.
Funktioniert das?
Ringler (FI): Hin und wieder.
Kurz (FPÖ): Meine besten Freunde habe ich noch aus meiner Schulzeit und wir haben sicher eine ähnliche Grundpolung. Aber – und ich denke, den anderen am Tisch geht es vielleicht ähnlich – wenn man den ganzen Tag in der Arbeit mit Politik zu tun hat, ist man am Abend auch einmal froh, wenn nicht diskutiert oder politisiert wird. Mit meinen Freunden rede ich vermutlich am wenigsten über Politik und das genieße ich auch sehr.
Was ist euer Eindruck vom Gemeinderat? In der ersten regulären Sitzung stand mit dem Patscherkofel ein heifles Thema auf der Tagesordnung.
Ringler (FI): Ich muss zugeben, ich war bisher immer sehr nervös oder zumindest positiv aufgeregt. Ich erweitere meine Komfortzone gerade laufend. Ich bin aber auch ein Mensch, der Situationen zuerst einmal genau beobachtet und versucht, sie einzuschätzen. Aber ich bin zuversichtlich, dass ich in meine Aufgabe schnell reinwachse.
Kurz (FPÖ): Mich hat das Erlebnis gleich viel entschlossener gemacht. Man denkt ja, der Gemeinderat, der Landtag, der Nationalrat, das sind so riesige Institutionen. Und jetzt wissen wir aus eigener Erfahrung, wenn dir im Gemeinderat etwas nicht passt, dann kannst du auf den Tisch hauen. Das ist genau ein Handzeichen. Das gibt mir Kraft, dass ich Wünsche – ob persönliche oder Anliegen von anderen – nennen kann und nicht einfach alles akzeptieren muss.
Gregoire (FPÖ): Was mir jetzt auffällt, ist, dass das Klima sehr viel angenehmer geworden ist. Und ich habe die große Hoffnung, dass das durch den neuen Bürgermeister auch so bleibt. Ich muss sagen, die letzte Periode war teilweise schon sehr niveaulos und da hat die ehemalige Bürgermeisterin auch viel damit zu tun gehabt, weil sie viel zugelassen hat.
Plach (SPÖ): Ich hatte am Anfang schon Bammel. Zu wissen, dass man da reingeht bei der konstituierenden Sitzung, und da sind so viele Leute, und einer der 40 Sitze ist für dich – das war schon surreal. Bei der zweiten Sitzung war‘s schon besser. Ich finde das Plenum ist ganz wichtig, um zu debattieren und Meinungen auszutauschen. Was mir bei den ersten Ausschüssen aufgefallen ist: Die anderen kochen auch nur mit Wasser. Und mit dem Patscherkofel werden wir wohl im Kontrollausschuss noch viel Freude haben.
Barbara Neßler (Grüne): Stichwort Patscherkofel und die finanzielle Situation der Stadt. Ich sehe diese Umstände schon auch als Chance, kreativ zu sein und Low-Budget-Projekte umzusetzen – das finde ich persönlich sehr spannend.
Lukovic (Grüne): Nervös war ich gar nicht. Im Endeffekt war es das, was ich mir nach den Erfahrungen aus anderen Gremien erwartet habe: Ausschüsse, in denen tatsächlich diskutiert wird, und die Gemeinderatsitzung, die mehr Show als politische Auseinandersetzung ist. Das Thema Patscherkofel war schwierig, sehr schwierig. Aber ein halbfertiges Projekt macht halt auch keinen Sinn.
„Zu wissen, dass man da reingeht und einer der 40 Sitze für dich ist – das war schon surreal.“
Benjamin Plach, Gemeinderat, SPÖ
„Ich wollte und will die Welt – da bin ich ideologisch geprägt – zumindest ein kleines Stück besser machen.“
Barbara Neßler, Gemeinderätin, Grüne
„Politisch tätig sind meine Freunde nicht, lustigerweise sind sie auch alle eher links. Und ja – das funktioniert!“
Deborah Grégoire, Gemeinderätin, FPÖ
Was habt ihr euch vorgenommen für die kommenden sechs Jahre?
Ringler (FI): Persönlich hoffe ich, dass ich in sechs Jahren noch offen und neugierig bin. Inhaltlich ist Wohnen natürlich ein Riesenthema. Ich kenne so viele Leute, die sagen, dass sie keine Perspektive sehen, nach dem Studium in Innsbruck zu bleiben. Oder auch junge Familien, die Angst haben, dass es sich irgendwann nicht mehr ausgeht. Und das finde ich extrem schade. Wichtig sind mir auch die Kultur- und die Jugendpolitik.
Kurz (FPÖ): Ich möchte so unvoreingenommen bleiben, wie ich jetzt bin. Ich möchte freie, absolut unbestechliche, der Heimat dienende Sachpolitik machen und zwar für alle in Innsbruck. Ich will mich einfach jeden Tag im Spiegel anschauen können.
Grégoire (FPÖ): Ich möchte es schaffen, dass sich die Bevölkerung wieder für Politik interessiert. Ich glaube, viele belächeln das Thema oder haben auch einen Grant. Ich würde ihnen gerne – gemeinsam mit dem Gemeinderat – beweisen, dass wir uns engagieren und nicht nur da sitzen, um Steuergeld zu kassieren.
„Nervös war ich gar nicht. Im Endeffekt war es das, was ich mir erwartet habe.“
Dejan Lukovic, Gemeindertat, Grüne
Plach (SPÖ): Mein zentrales Anliegen klingt im ersten Moment vielleicht nicht so sexy, aber Raumordnung bzw. der Wohnbau ist das zentralste, was in der Stadt gebraucht wird. Hier brauchen wir eine mutige Politik. Die, die den knappen Raum in der Stadt haben und von exorbitanten Wertsteigerungen profitieren, sollen auch einen Beitrag leisten und einen geförderten oder förderungsnahen Eigentumswohnbau ermöglichen.
Barbara Neßler (Grüne): Es gibt natürlich große Themen, wie zum Beispiel, dass die Mieten günstiger werden. Kurzfristig konzentriere ich mich auf Low-Budget-Projekte wie Nutzungskonzepte, um Leerstände mit temporären Kunst- und Kulturaktionen zu beleben. Langfristig wäre mein Wunsch, dass es ein freies Kulturzentrum gäbe – ähnlich dem WUK in Wien.
Lukovic (Grüne): Was ich mir ganz stark vorgenommen habe, ist, dass wir den Glasfaserausbau und den 4G-Ausbau vorantreiben. Wenn wir das bis 2024 nicht zusammengebracht haben, ist Innsbruck nicht zukunftsfit. Hier muss jetzt Geld in die Hand genommen werden, wenn wir später relevant sein wollen.