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AUGUST 2018

Interview

„Es ist gut, dass sich etwas tut“

Der Inn wirkt oft wild und dunkel. Ist der Fluss wirklich zu gefährlich, um darin Wassersport zu betreiben? Was sind die Gefahren? Ein Wasserretter klärt auf.

Fotos: Axel Springer
6020:

In Innsbruck entstehen aktuell diverse neue Angebote für Wassersportler. Wie steht die Wasserrettung dazu?  Konrad Kirchebner: Unser Verein besteht hauptsächlich aus Wassersportlern. Deshalb begrüßen wir, dass sich etwas tut. Natürlich ist der Inn nicht ungefährlich, aber in der Regel sind Wassersportler gut vorbereitet und ausgerüstet. 

Muss man, um den Inn gewerblich für Wassersportangebote zu nutzen, ein Sicherheitskonzept ausarbeiten? Als Rettungsorganisation ist es nicht unsere Aufgabe, Sicherheitskonzepte vorzuschreiben. Das ist Sache der Behörde. Was wir tun können, ist die Anbieter zu beraten. Die Firma Up Stream Surfing hat uns schon früh in das Projekt eingebunden. Wir haben ihnen Sicherheitsaspekte und unsere Verbesserungsvorschläge mitgeteilt. Zum Beispiel, nur bis zu einem Wasserstand von 3,40 Metern mit Kunden zu surfen. 

Angenommen, das Aufkommen von Wassersportlern in Innsbruck steigt, würde das die Wasserrettung in Schwierigkeiten bringen? Das kommt immer auf die Sportarten und die Dimension an. Würde ein Floß mit 50 Personen im Inn kentern, wäre das kurzzeitig ein Problem. Zusammen mit der Berufsfeuerwehr und freiwilligen Feuerwehr sind wir generell in Innsbruck gut aufgestellt.   

Wären dann aus Ihrer Sicht weitere Vorsichtsmaßnahmen notwendig? Das Wichtigste ist das Verständnis der Organisatoren für das Wasser, in dem sie arbeiten, und, dass sie Menschenleben vor Profit stellen. Ein gutes Beispiel ist das Tiroler Oberland: Da haben wir täglich hunderte Gäste in Raftingbooten und statistisch nur alle zwei Jahre einen Einsatz. Das Personal ist in der Regel sehr gut ausgebildet und kann in Notfällen selbst schnell reagieren. Wenn etwas Unvorhersehbares passiert, kommen wir natürlich gerne zu Hilfe.

 

Bedenken habe ich bei fixen Verbindungen zwischen Personen und Objekten – wie zwischen Stand Up Paddler und Board. Das ist ein großes Gefahrenpotenzial und für uns ein No-Go, da man chancenlos ist, sich selbst zu retten, wenn man sich irgendwo verhakt.

 

Für Nicht-Wassersportler scheint es gefährlich, mit einem SUP-Board in den Inn zu gehen – auch angesichts der Brücken im Stadtgebiet. Wie schätzen Sie das ein? Das kommt immer auf die Paddler und ihre Vorbereitung an. Beim heutigen Wasserstand dürfte das kein Problem sein. Wenn der Inn einen Meter mehr Wasser hätte, wäre es kriminell, mit Gästen reinzugehen. Problematisch sind da aber nicht nur die Brücken, sondern das Kehrwasser – das wir zum Teil noch 100 Meter nach einer Brücke haben. 

 

Können Sie das erklären? Von Kehrwasser spricht man, wenn der Fluss an einem Hindernis vorbeifließt und dadurch hinter dem Hindernis eine gegenläufige Strömung entsteht. An den Stellen, wo die beiden Fließrichtungen

 

aufeinandertreffen, können sich Überschneidungslinien bilden – da kann es schwierig werden, diese zu passieren, wenn man ungeübt ist. Das ist eine der Gefahren am Inn, die beim aktuellen Pegel allerdings nicht gegeben ist.

 

Welche Gefahren gibt es im Inn noch? Gefahren, die man im kompletten Innverlauf hat, sind Brückenpfeiler und Überschneidungslinien. Bei Zunahme des Wassers bzw. der Fließgeschwindigkeit bildet sich an den Brückenpfeilern zudem sogenanntes Weißwasser. Das ist Wasser, das voll mit Luft ist. Es ist sehr gefährlich, da man darin nicht schwimmen kann. Was man absolut nicht unterschätzen darf, ist außerdem der Uferbereich. Hier passiert das meiste. Man sieht nicht, wo Steine liegen und kann ausrutschen. Gerade beim Verlassen des Wassers wäre entsprechendes Schuhwerk gefragt – inwiefern dieses den Sport beeinträchtigt, ist ein anderes Thema –, aber auch ein Helm, der vor Kopfverletzungen schützt.

GUT VORBEREITET. In wöchentlichen Übungen bereitet sich die Wasserrettung auf den Ernstfall vor.

Tipp: 

Bei Unfällen im Inn ruft man am besten die Notrufnummer 144. Die Leitstelle Tirol informiert dann die Berufsfeuerwehr und die Wasserrettung. 

In anderen Städten, wie Bern oder Basel, ist Flussschwimmen verbreitet. Warum nicht Im Inn? Der Hauptgrund ist die Kälte. Hinzu kommen gewisse Gefahren, die es im Inn gibt, die bei nicht geübten Schwimmern Respekt hervorrufen. Was die Überlebenschancen im kalten Wasser betrifft, gibt es eine Faustregel: Fällt man ohne spezielle Kleidung rein, entspricht die verbleibende Zeit, um sich selbst zu retten, der Temperatur des Wassers. Derzeit hat der Inn elf Grad, also hätte man elf Minuten, sich ans Ufer zu retten, bevor man dafür zu unterkühlt wäre. Die schnellste Möglichkeit, aus dem Inn rauszukommen, ist 45 Grad zum Ufer gegen die Strömung an Land zu schwimmen. 

 

Ist es überhaupt jedem erlaubt, in den Inn zu gehen? Theoretisch ja. Allerdings wird man im Inn treibend mit Sicherheit einen Alarm auslösen. Und das heißt, dass gemäß dem Alarmplan in Innsbruck zwei Feuerwehren, die Wasserrettung, die Polizei, die Rettung, die MÜG und der Hubschrauber alarmiert werden. Da ist dann einiges los! Um Fehlalarme zu vermeiden, wenn man keine Hilfe benötigt, ist es das beste, schnell die Leitstelle Tirol zu informieren. 

 

Vielen Dank für das Gespräch.