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APRIL 2018

Zu Besuch im Bordell

Viele gehen jeden Tag daran vorbei, am alteingesessenen „Lady-O’“. Doch wie sieht die Welt hinter der blinkenden Fassade aus? Männer, die von einem Besuch erzählen, sind rar, und Frauen haben als Besucherinnen keinen Zutritt. Für uns wurde eine Ausnahme gemacht.

Fotos: Axel Springer

„Ich empfehle den Mädchen, diesen Job höchstens fünf bis sechs Jahre auszuüben.“

Wolfi Ohrwalder, Geschäftsführer
Wolfi Ohrwalder im Interview

 

Ich beobachte, dass die Besucher im Lokal zunächst mal „ankommen“ sollen. Erst nach ein paar Minuten, spätestens, wenn die ersten Getränke serviert werden, setzt sich ein Mädchen zum Gast. Es hat fast den Eindruck von zufälligen Bekanntschaften, ähnlich einer
„normalen“ Bar. „Männer können auch einfach nur für ein Getränk in die Bar kommen, die Mädchen sind unaufdringlich und entscheiden selbst, mit welchem Mann sie den Kontakt suchen.“ Die wenigsten Männer scheinen allein da zu sein, die meisten sind mindestens zu zweit. „Am beliebtesten sind die Mädchen mit der größten Lebensfreude“, erklärt Wolfi und bestellt noch ein Glas Mineralwasser. Er raucht und trinkt nicht, nur so ist die nächtliche Arbeit für ihn kein Problem.

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Ich bemerke, wie eine Vierer-Gruppe junger Männer in die Bar kommt. Ich schätze sie auf höchstens 20. Zwei tragen Baseballcaps. Sind die Bordell-Besucher in den letzten Jahren jünger geworden? „Das weiß ich nicht. Die sexuellen Wünsche sind aber sicher ausgefallener. Früher war es ja schon eine Sensation, wenn jemand von einer Prostituierten ein wenig ausgepeitscht wurde, durch das Internet kennen viele heute deutlich mehr Sexpraktiken.“ Vor allem Sadomaso-Fantasien scheinen in Innsbruck noch zu wenig Befriedigung zu finden. Wolfi plant im Keller des Lady-O’ eine Art „Folterkammer“ einzurichten. 

FRÜHER WAR MEHR CHAMPAGNER.

Das Lady-O‘ gibt es seit über 40 Jahren. Inzwischen sind schon einige Männer-Generationen ein und aus gegangen. Auch wenn Wolfi im Lady-O’ relativ neu ist, so kennt er doch die Erzählungen. „Früher ist mehr Champagner geflossen. Es hat tagelange Partys gegeben. Viele sind nach dem Casino ins Lady-O’ gekommen und haben noch einmal ordentlich Geld ausgegeben, egal, ob sie im Casino gewonnen haben oder nicht.

Das ist heute anders. Ich finde, das Nachtleben in Innsbruck ist generell ruhiger geworden.“

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Veränderungen gab es auch bei den Räumlichkeiten im Lady-O’, das Bordell ist heute etwa doppelt so groß wie früher. Immer noch existierende „Geheimgänge“ zeugen davon, dass die Prostitution früher sittenwidrig war. Kunden konnten den Prostituierten das Entgelt verwehren, ohne rechtliche Folgen zu erwarten. 2012 wurde dies vom Obersten Gerichtshof aufgehoben, seitdem haben Prostituierte einen besseren rechtlichen Stand und können ihren Lohn einklagen.

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Wolfi bietet mir eine Zimmerbesichtigung an. „Unsere drei Whirlpool-Zimmer sind die beliebtesten.“ Die Zimmer sind so, wie ich sie mir vorgestellt habe, viel Deko, viele Spiegel, schwere Vorhänge und Teppichboden. Witzig ist das „Tiroler“-Zimmer mit rustikalem Himmelbett. Trotzdem wird mir eins noch mal bewusst: Im Bett seinen Arbeitsplatz zu haben, ist schon etwas anderes, als wie Wolfi zwischen Büro und Bar zu pendeln. „Es ist für die Mädchen hart verdientes Geld“, gibt er zu.

EINE RUNDE RESPEKT.

Wolfi ist es wichtig, ein wertschätzender Geschäftsführer zu sein.

 

„Diesen Mädchen muss man Selbstbewusstsein geben.“

Wolfi Ohrwalder, Geschäftsführer
RÜCKZUGSBEREICH. Die Whirlpool-Zimmer sind die beliebtesten.