ine der ursprünglichsten Aufgaben von Liedern ist die Erzählung von Geschichten. Und die Blushing Melons sind durch und durch Barden, die einen in eine Fabelwelt entführen. Ihre Songs verlangen und verdienen höchste Aufmerksamkeit. Denn es ist ein Riesenvergnügen, den oftmals fiesen Geschichten zu lauschen, die Sängerin Linja und ihre Band auf hohem Niveau vertonen – manchmal eingängig und tanzbar, manchmal vielschichtig. Ihr raffiniertes Storytelling kreist rund um menschliche und tierische Fabelhelden und Antihelden. Es endet oft herrlich bitterböse, aber als Versöhnung erklingt hie und da ein verspielter, folklastiger Geigen- und Banjoklang.
Rock Doom Folk.
Man kann auf ihren Konzerten gerne ein bisschen so tun, als kämen sie wie durch Zauberhand von einer anderen Dimension. Große, fette, grün-blaue Meerjungfrauen trifft man dort, aber auch Piraten und undankbare, grantige Gartenzwerge. Oder Krähen, die sich mit Vogelscheuchen unterhalten. Und Könige, die an Burn-out leiden. In dieser Welt geht es ganz und gar nicht knuffig zu.
//Ihre Musik darf man in eine eigens kreierte Genreschublade tun, diese heißt Rock Doom Folk, die Bezeichnung Funeral Folk geht auch. Und damit so viel Morbidität dem Publikum nicht die Laune verdirbt, werden manche Todesfälle einfach mit einem augenzwinkernden „Lalalalala“ besungen. Schließlich sollte man eine irdische Existenz, egal ob real oder fiktional, nicht allzu ernst nehmen, lebend verlassen wir sie alle nicht.
Jugendsünde.
Doch Tod beiseite. Warum, um Himmels Willen, erröten die Melonen? Woher kommt der Bandname Blushing Melons? Von einer „Jugendsünde“, heißt es.
„Die Reklame einer alten amerikanischen Fruchtexport-Firma hat uns damals einfach sehr beeindruckt. Die Grafik schien uns sehr passend zum Sound klassischer US-Bands der 1960er, und genau dort ist auch unser musikalischer Ursprung“, erklärt Frontfrau Linja Meller. Zusammen mit Melons-Gitarristin Claudia Neudecker hat sie schon im zarten Alter von 13 Jahren eigene Songs geschrieben, später auch in einer Schulband gespielt und dann eben die Blushing Melons gegründet. „Im Englischen ist das Wort ‚melon’ ein oft gebrauchtes Slangwort für – naja – Melonen, also Brüste, was sonst“, erzählen die beiden Bandgründerinnen, „als wir vor ein paar Jahren auf England-Tour waren, wurden wir oft wegen des Bandnamen liebevoll verarscht.“
Wenn’s klappt, klappt’s.
Damit die Brüste jetzt ja nicht von den Hard Facts ablenken: Die aktuelle Bandbesetzung besteht schon seit 2005. Damals erschien ihr erstes Studioalbum, bisweilen sind es vier. Internationale Erfahrung sammelten sie 2012 beim Festival „Rock on the Lawn“ in Tintern (UK), wo sie Kontakte knüpften und gleich mehrere Gigs auf der Insel spielten, auch in Schottland und Wales. Und heuer geht’s vielleicht nach Holland.
//Dass es für die sieben Bandmitglieder nicht ganz einfach ist, spontan auf Tour zu gehen, ist berufsbedingt. Aber die Truppe wirkt so, als ginge sie die Zukunftsplanung ganz pragmatisch an: Wenn’s klappt, klappt’s. Und sonst wird an weiterem Songmaterial getüftelt. Die Balance zwischen Musik und Job ist auf jeden Fall gefunden.
Womöglich ist dieses Gleichgewicht ideal, weil alle freiwillig Musik machen, und sie – man entschuldige den Kitsch – von Herzen kommt. Davon kann die Kreativität nur profitieren. Und kreativ sind die Melonen allemal, trauen sich an multi-instrumentale Arrangements heran (Stichwort Glockenspiel, Trompete oder Mandoline) und mehrstimmigen Gesang, der die gesamte Palette von lieblich-harmonisch bis Tom-Waits-kauzig abdeckt. Getextet wird auf Deutsch und Englisch, fürs Songwriting ist hauptsächlich Linja zuständig, aber bei sieben Bandmitgliedern mit musikalischen Vorlieben von Hard Rock bis hin zu Alter und Barocker Musik sind dem kreativen Input kaum Grenzen gesetzt.
Breite Gefühlspalette.
Ihr aktuelles und bisher reifstes Werk ist sogar ein Doppelalbum, trägt den Titel „Soul City. Concrete – Bittersweet“ und kam Ende 2014 raus. Der rote Faden der beiden Tonträger ist das Thema einer postapokalyptischen Stadt, der „Soul City“ eben, in der sich Gesellschaft und Architektur verändern und neu formen müssen, leider ohne Garantie auf ein glückliches Ende. Als Inspiration dienen Begegnungen und Erfahrungen aus dem öden Alltag, der musikalisch in eine fiktionale Ebene projiziert wird. „Die 08/15-gutbürgerliche Zufriedenheit ist kein idealer Nährboden, man braucht schon eine breite Gefühlspalette“, sagt Linja.
//Trotzdem sind die Blushing Melons keine Weltverbesserer oder Erklärer, sie beschäftigen sich einfach mit einer subjektiven Sinnsuche. Das Ganze ist aber frei von jeglichen Missionierungsabsichten. Musik funktioniert hier auch als seelische Hygienemaßnahme, Frust und Unglück machen kreativ. Na immerhin!
Gratis Musik Download:
„die 08/15-gutbürgerliche zufriedenheit ist kein idealer nährboden für songs.“
Die Blushing-Melons-Bandmitglieder:
Linja Meller (Gesang, akustische Gitarre, Banko, Trompete, Mandoline), Gianluca Crepaldi (Gesang),
Valerie Meller (Violine, Backgroundgesang)
Vincent Obwegeser (Bassgitarre, Percussion)
Wolfgang Kurz (Schlagzeug)
Claudia Neudecker (Elektrische Gitarre, Mandoline)
Die Musik von Blushing Melons in Worten:
Vielschichtiger bluesiger Folkrock auf Deutsch und Englisch mit ganz schön aufwendiger Instrumentierung.
Wo treten die Blushing Melons auf?
Tirol, Wien und Salzburg, international aber auch in Deutschland, England und Schottland.
Bekanntheitsgrad:
9 von 10