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OKTOBER 2014

Wenn sich Schamanen treffen

Georg stellt mir Egon vor. Egon war mal ein Dachs und ist jetzt
Georgs Lieblingstrommel. Konzentriert schlägt Georg auf seine selbstgebaute Trommel und fragt mich nach meinen Empfindungen. Ich finde es zu nass.

Fotos: Emanuel Kaser
E

in verregneter Nachmittag im Schwazer Silberwald: Im Zelt trommeln die Schamanen, draußen trommelt der Regen. Am Boden liegen bunte Teppiche, an den Zeltwänden hängen Georgs selbstgebaute Trommeln. Georg Schantl aus Innsbruck bezeichnet sich selbst als Schamane und ist Mitorganisator der „Dream Spirit Days“. Nach dem Erfolg des eintägigen Schamanentreffens im Vorjahr ist die Veranstaltung dieses Mal drei Tage lang. „In Deutschland gibt es jedes Wochenende Schamanentreffen und Festivals, in Tirol ist das eine Neuheit.“ Georg zieht sich einen bunten Poncho an, „original aus Guatemala“.

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Es beginnt zu duften, ein junger Bursch mit langen Dreadlocks backt Brot. 35 Stände bzw. Zelte sind an den drei Tagen aufgebaut, die Aussteller kommen vor allem aus Tirol und aus Deutschland. „Ich freue mich über die vielen Mitwirkenden aus Tirol. Es gibt mehr Tiroler und Tirolerinnen, die in diesem Bereich tätig sind, als man vermuten würde.“ 

„In Deutschland gibt es jedes Wochenende Schamanentreffen und Festivals, in Tirol ist das eine Neuheit“

Georg Schantl
Wenn sich  Schamanen treffen

Räuchern. Im Schamanismus dreht sich alles um Rituale.

Wenn sich  Schamanen treffen
Wenn sich  Schamanen treffen
Wenn sich  Schamanen treffen
Wenn sich  Schamanen treffen
Wenn sich  Schamanen treffen
Wenn sich  Schamanen treffen

Der Begriff. Schamanismus bedeutet: „Einer, der mit Hitze und Feuer arbeitet.“

Wenn sich  Schamanen treffen
Wenn sich  Schamanen treffen

Interessiert. Metallarbeiter Hans Peter beobachtet Georg und seine Dachstrommel.

Das Drei-Tages-Programm ist vielfältig und sowohl für Aussteller als auch für Besucher kostenfrei. Am Programmblatt lese ich „Weibliche Schoßheilung (nur für Frauen – open end)“ und muss schmunzeln. Georg fährt sich durch die langen, blonden Haare und erklärt: „Während der drei Tage nutzen wir morgens die Ruhe für Yoga und Qi-Gong sowie geführte Meditationen an verschiedenen Kraftplätzen im Wald. Vormittags und nachmittags gibt es an den Ständen und in den Zelten die Möglichkeit, die Arbeit und Therapie der Anwesenden kennen zu lernen: Workshops zum Mitmachen und Lernen. Abends beim großen Feuer halten wir gemeinsame Rituale ab. Es gibt Musik zum Mitmachen und Mitsingen sowie Zeit und Raum für freie gemeinsame Jam-Sessions.“

Ungewöhnliche Begegnungen.

Angela ist eine Freundin von Georg. Sie trägt ein bodenlanges, türkisfarbenes Kleid und klopft leise auf ihre Trommel. Soeben hat sie mit Interessierten ein Steinkreisritual durchgeführt.

Sie beschreibt das Ritual als eine Art „innere Fantasiereise“. Die 62-Jährige mit den strahlend blauen Augen erzählt mir von ihren Erlebnissen mit der Natur: „Einmal hat mich eine verletzte Biene um Hilfe gebeten, ein anderes Mal hat mich ein Baum gebeten, eine Zigarettenschachtel in seiner Nähe aufzuheben. So etwas passiert, wenn man sich mit Schamanismus beschäftigt.“

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Ich gehe aus dem Zelt und lerne auf der Wiese Hans Peter kennen. Mit seiner schwarzen Lederjacke, einem Bier in der einen Hand und einer dicken Zigarre in der anderen Hand, unterscheidet er sich deutlich von den anderen Besuchern. Der kernige Tuxer ist Metallarbeiter. Hans Peter interessiert sich für indianische Musik und erzählt mir begeistert, wie er vor einiger Zeit selbst einen Pfeil und Bogen gebastelt hat.

„Es gibt mehr Tiroler und Tirolerinnen, die sich mit Schamanismus beschäftigen, als man vermuten würde.“

Georg Schantl
Schamanen 11

SCHAMANISMUS

 

Schamanismus gilt als Oberbegriff für Rituale, Heilformen und Weisheiten, die sich mit dem Zusammenwirken der universellen Kräfte, mit der Entstehung und Heilung von Krankheiten oder mit Strategien zum Umgang mit Störungen im individuellen, sozialen oder ökologischen Gleichgewicht befassen. Ein Schamane sucht veränderte Bewusstseinszustände auf, um „Reisen“ in andere Wirklichkeiten zu unternehmen. Der Begriff Schamanismus stammt aus Zentralasien, genauer gesagt aus der tungusischen Sprache und bedeutet: „Einer, der mit Hitze und Feuer arbeitet.“