ährend eine lustige Damenrunde auf der Terrasse des Flughafenrestaurants gemütlich Kaffee trinkt, sind Walter und Christian hochkonzentriert. Jedes startende oder landende Flugzeug wird genau beobachtet, kommentiert und im richtigen Augenblick fotografiert. Die Kameraausrüstung der beiden ist teuer und würde auch einem Profifotografen gefallen. Der heilige Tag der Spotter ist der Samstag: „Im Winter sind wir jeden Samstag da, im Sommer fast jeden“, erklärt Christian und freut sich mit Walter über einen Privatjet, der plötzlich am Himmel auftaucht. Ein typischer Spotter-Samstag beginnt frühmorgens um 8 Uhr und endet selten vor 17 Uhr. Die Hochsaison ist im Winter: „Da landet alle fünf Minuten eine Chartermaschine, oft sind 60 bis 70 Spotter da, einige sogar aus Italien, der Schweiz oder Deutschland.“ Wie übersteht man einen kalten Wintertag im Freien? „Natürlich nur mit der richtigen Ausrüstung. Meine extra gekauften Schneeschuhe sind sogar für Temperaturen bis zu minus 35 Grad geeignet“, lacht Walter und blinzelt in die Sommersonne.
Ein besonderer Verein.
Walter Kaller ist Obmann des Vereins „Freunde des Flughafen Innsbruck“, Christian Schöpf ein begeistertes Mitglied. Gegründet wurde der Verein 1984, derzeit zählt er um die 260 Mitglieder, zum Großteil Männer. Nicht nur an der Luftfahrt interessierte Privatpersonen sind
im Verein dabei, sondern auch viele Flughafen- und Airlinemitarbeiter. Der neue Chef des Innsbrucker Flughafens, Marco Pernetta, ist ebenfalls Mitglied.
Vor kurzem ist ein Sunexpress-Flieger aus der Türkei gelandet. „Das Interessante für uns Spotter war die neue Bemalung der Maschine und, dass es die Erstlandung dieser Airline war.“ Der für die Flugpläne zuständige Airportmitarbeiter ist ebenfalls Vereinsmitglied und so wurden innerhalb kürzester Zeit viele Mitglieder von der Ankunft telefonisch informiert. Nur zwei Stunden später, bei der Landung der Maschine, wurde bereits fleißig geknipst. Bei vielen Vereinsmitgliedern sind auch so genannte „Ping-Pong-Flüge“ beliebt, also Hin- und Rückflüge innerhalb weniger Stunden. „Ein befreundetes Pärchen bucht in Innsbruck einmal die Woche verschiedene Hin- und Rückflüge. Somit wird aus einem zeitaufwendigen Hobby auch ein teures“, lacht Walter.
Christian drängt zum Standortwechsel, das Licht auf der Wiese vor dem Inndamm scheint gerade ideal. Walter gibt davor noch einen groben Überblick über die Vereinsarbeit: „Einmal im Monat findet ein Vereinsabend mit interessanten Gästen und Referenten statt, dreimal im Jahr finden Ausflüge statt, zum Beispiel zum Airbuswerk in Toulouse und Hamburg, zu Flughafenmuseen oder zum Spotten zu anderen Flughäfen. Vierteljährlich erscheint die vereinseigene Zeitschrift mit News,
Ausflugsberichten und den besten Spotterfotos. Und beim jährlichen Flughafenfest veranstalten wir eine Luftfahrt-Tauschbörse.“
Mehr als nur ein Hobby.
Auf der Wiese vor dem Inndamm befinden sich bereits einige andere Spotter. Alle kennen sich und grüßen freundlich. Die Flughafenleitung ist den Spottern seit Jahren gut gesinnt. Der Innsbrucker Flughafen ist sogar der erste Airport Österreichs mit extra eingebauten Spotterlöchern in den Zäunen.
Die Faszination „Plane-Spotting“ besteht bei Walter schon seit mehr als vier Jahrzehnten. Mit den Jahren hat ihn dann so wie viele andere Vereinskollegen das Sammelfieber gepackt: „Ich habe eine beachtliche Besteck- und Tassensammlung von den verschiedensten Airlines, außerdem sammle ich Flugzeugmodelle und Safetycards.“
Der Spottertag geht langsam zu Ende. „Um die 1.500 Fotos schieße ich an einem durchschnittlichen Tag“, erzählt Walter. Die Tage bis zum nächsten Samstag werden jetzt mit dem Sichten, Ordnen und Archivieren der Fotos verbracht. Unscharfe Fotos werden sofort gelöscht, genauso Fotos, auf denen das Flugzeug nicht im Ganzen zu sehen ist. Eine Frage drängt sich noch auf: Ist der Innsbrucker Flughafen schon fast das Zuhause der Spotter? „Natürlich!“, lacht der pensionierte Großhandelskaufmann und verstaut seine Kameratasche im Auto.
„Im Winter sind wir jeden Samstag da, im Sommer fast jeden.“
Christian
„Ich buche immer kurzfristig“
Marco Pernetta ist seit 1. April 2014 Direktor des Innsbrucker Flughafens. Der gebürtige Berliner war zuvor 14 Jahre in leitender Funktion am Airport Innsbruck tätig. Pernetta folgte Reinhold Falch, der nach 19-jähriger Leitung Ende März in den Ruhestand getreten ist.
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Können sie das hobby „Plane-spotting“ nachvollziehen? Marco Pernetta: Ja klar, das kann ich gut nachvollziehen. Das ist eine Sammelleidenschaft, so wie andere Briefmarken sammeln. Meistens steckt ja auch mehr dahinter als nur die „Fotografiererei“ von Flugzeugen, es gibt bei den Spottern ein grundsätzliches Interesse an der Luftfahrt. Die Spotter kennen sich oft sehr gut aus und haben mir schon öfter von der Ankunft einer besonderen Maschine oder eines besonderen Gastes erzählt, noch bevor ich davon erfahren habe.
Gibt es in Innsbruck besonders viele Spotter? Ja. Vor allem aufgrund der Besucherterrasse und weil man auch sonst sehr nah an die Flugzeuge rankommt. Außerdem ist die Bergkulisse für Fotos ein atemberaubender Hintergrund. Ich freue mich natürlich über die vielen, tollen Spotterfotos für unsere Berichte.
Wohin fliegen Sie in den Urlaub? Das weiß ich noch nicht. Ich habe zwar jetzt im Juli Urlaub, buche aber immer ganz kurzfristig.
Fliegen sie von Innsbruck weg? Nein. Unsere Angebote ab Innsbruck sind erfreulicherweise so gut gebucht, dass für mich Last Minute leider kein Platz mehr ist.
Kann der Chef da nichts machen? Nein, wegen mir laden wir niemanden aus dem Flieger aus (lacht).
Vielen Dank für das Gespräch.
plane-spotter
Plane-Spotter konzentrieren sich darauf, möglichst viele verschiedene Flugzeuge zu fotografieren. Oft benutzen sie dazu Verzeichnisse der Flugzeuge einer Airline und ihrer Registrierungen, um dann die bereits fotografierten Maschinen abzuhaken. Ältere Flugzeugtypen sind genauso begehrt wie seltene Sonderlackierungen, die von Airlines zu besonderen Anlässen, wie zum Beispiel Jubiläen oder den Olympischen Spielen, eingeführt werden. Die Anfänge des Spottings findet man im Krieg: Hier wurde der Flugverkehr besonders intensiv beobachtet und die einzelnen Flugzeuge notiert.