wei Joysticks und vier Pedale, mehr braucht Johannes Unger nicht, um sein 24-Tonnen-Monster, den Volvo EC 220 D, mit der Präzision eines Chirurgen zu steuern. Der 30-Jährige lebt den Traum aller großen und kleinen Buben, er ist Baggerfahrer. Aber nicht irgendeiner, sondern der beste Europas. Unger kann mit der gewaltigen Schaufel seines Baggers mühelos ein Feuerzeug anzünden, wie er erklärt. Kein Wunder, immerhin ist der sympathische Unterländer regierender Europameister im Fahren von Baumaschinen. Der Bagger ist dabei die Königsdisziplin. Derzeit ist Unger im Training, denn Anfang Oktober steht die Titelverteidigung an. Im Rahmen des Volvo Ocean Race in Alicante, Spanien, wird auch die EM im Baumaschinenfahren ausgetragen.
Der Job als bestes Training.
Als Trainingsgelände dient ihm die riesige Baustelle für die Erweiterung der Swarovski Kristallwelten in Wattens, wo Unger derzeit täglich im Einsatz ist. „Eigentlich verrichte ich hier nur meine ganz normale Arbeit“, sagt der Titelverteidiger bescheiden. Aber dann ergänzt er doch mit verschmitztem Lächeln, dass die EM schon immer auch Thema ist. „Naja, im Vorbeifahren versucht man schon einmal, mit der Baggerschaufel die Spitze eines dünnen Steckens zu touchieren oder man macht andere Geschicklichkeitsübungen.“
Bei der EM geht es aber vor allem auch um die Vielseitigkeit. So müssen die Teilnehmer nicht nur Feingefühl mit dem großen Bagger beweisen, sondern auch andere Fahrzeuge beherrschen. Straßenwalzen, Muldenkipper und Schaufelbagger zählen zum Standardrepertoire. „Ich hab hier das Glück, dass es all diese Fahrzeuge auf der großen Baustelle gibt, und ich fahr sie auch regelmäßig.“
Löcher graben und Slalom mit der Walze.
Bei der vergangenen EM in Ulm, wo Unger seinen Titel holte, mussten die Teilnehmer zum Beispiel mit einer Straßenwalze einen sehr eng abgesteckten Parcours bewältigen.
„Mir hat einmal ein Pilot gesagt, Baggerfahren sehe ähnlich aus wie Hubschrauberfliegen.“
Johannes Unger
Zudem galt es, mit dem Radlader und einem riesigen Reifen, der an der Ladegabel fixiert wurde, mehrere Geschicklichkeitsübungen zu meistern. Und schließlich musste mit dem Bagger ein genau 50 cm breites, 50 cm langes und 30 cm tiefes Loch gegraben werden. Welche Disziplinen in Spanien auf den Titelverteidiger warten, weiß er noch nicht: „Das wird nicht vorab verraten, das erfahren wir erst beim Wettkampf.“ Daher setzt Unger auf vielseitiges Training und nutzt dazu die Großbaustelle in Wattens.
//Hier sollen im Frühsommer die neuen, erweiterten Swarovski Kristallwelten auf einer Fläche von 7,5 Hektar ihre Pforten öffnen. Das sind immerhin mehr als zehn Fußballfelder, also genug Platz für Unger, um ausgiebig zu trainieren.
Baggerfahren ist wie Hubschrauberfliegen.
Teilnahmeberechtigt ist bei der EM im Baumaschinenfahren übrigens jedermann und -frau. „Man muss kein professioneller Baggerfahrer sein und es gibt auch keinen
Baggerführerschein“, erklärt Unger. Wobei er anmerkt: „Aber wer keine Erfahrung im Umgang mit diesen Maschinen hat, wird sich schwer tun.“ Doch grundsätzlich kann wirklich jeder an der nationalen Qualifikation teilnehmen. Heuer darf Österreich sogar drei Teilnehmer nach Spanien entsenden, weil Unger als Titelverteidiger automatisch startberechtigt ist, die beiden anderen Plätze werden über die Qualifikation vergeben.
//Wie es ist, das 24-Tonnen-Monstrum nur mittels zweier Joysticks zu manövrieren? „Mir hat einmal ein Pilot gesagt, das sehe ähnlich aus wie Hubschrauberfliegen mit den Steuerhebeln und den Pedalen“, so Unger. Er habe aber noch nie einen Heli geflogen, daher könne er das nicht bestätigen. Im Moment konzentriere er sich ohnehin auf die Mission Titelverteidigung. Und nachdem es im Baggerfahren zwar eine EM, aber keine WM gibt, denkt Unger manchmal an neue Herausforderungen: „Naja, bei ‚Wetten dass, …‘ hab ich immer schon gern zugeschaut, wenn sie was mit großen Maschinen gemacht haben …“