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DEZEMBER 2014

Heuer streiten wir richtig!

Der Sohnemann ist zu Weihnachten beleidigt, weil Vati nicht weiß, wie sein Studium heißt. Vati ist beleidigt, weil Mutti findet, der Baum ist schief. Mutti ist beleidigt, weil das Töchterlein den Karpfen nicht mag. Das Töchterlein ist beleidigt, weil Omi nach Kinderplänen fragt. Omi ist beleidigt, weil keiner singen will.

Mag. Sabine Pogadl und Dr. Martina Foradori sind Mediatorinnen und leiten seit 2000 das „fair! Kompetenzzentrum für Mediation“ in der Pradlerstrasse 36. Nach der Weihnachts- und nach der Urlaubszeit ist in ihrer Praxis so viel los wie sonst das ganze Jahr nicht.

 

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Warum wird Weihnachten so viel gestritten? Pogadl: Wir verbinden mit Weihnachten übergroße romantische Erwartungen: Draußen schneit es, wir sitzen mit unseren Lieben im Kerzenschein zusammen, alle freuen sich über ihre Geschenke und haben sich lieb. Wenn es dann nicht so kommt, sind wir enttäuscht, zweifeln an uns selbst oder geben den anderen die Schuld. 

Oft sind wir es auch gar nicht mehr gewöhnt, einen ganzen Abend mit sämtlichen Familienangehörigen zu verbringen. Das stresst zusätzlich! 

 

Foradori: Dazu kommt, dass die Vorweihnachtszeit häufig sehr stressig ist. So laufen wir bereits ziemlich ausgelaugt in die Endrunde ein. Da reicht dann schon eine einfache Frage wie: „Warum gibt’s keine Pommes, sondern Erdäpfel?“ und es kommt zu einem Streit. Die meisten setzen sich einfach viel zu sehr unter Druck, es muss doch nicht alles perfekt sein! Ich erinnere mich an einen Fall aus unserer Praxis: Eine absolut perfektionistische Mutter hat bereits gestresst den Weihnachtsbaum geschmückt, der Ehemann und die drei erwachsenen Kinder haben ihr nicht geholfen, nur zugesehen und dann auch noch leicht spöttische und kritisierende Bemerkungen gemacht.

„Wir sind es nicht mehr gewöhnt, einen ganzen Abend mit sämtlichen Familienangehörigen zu verbringen.“

Sabine Pogadl

Wie streiten wir zu Weihnachten richtig? Pogadl: Wenn Streitthemen aufkommen, ruhig bleiben und Toleranz üben! Zuhören und Nachfragen, statt wild drauf los zu argumentieren! Auch wenn man eine andere Meinung hat, kann man die Sichtweise des anderen akzeptieren. Das Ganze geht dann in Richtung „aktives Zuhören“, so lautet der Fachbegriff dafür. 

 

Foradori: Hilfreich bei Streitigkeiten ist auch das Formulieren von „Ich-Botschaften“. Dadurch kann man überzogene Vorwürfe und Beschuldigungen am besten vermeiden. Ich erkläre dem anderen, was bei mir gerade los ist, und erkläre, was mich gerade verletzt bzw. kränkt. Man muss sich nicht alles gefallen lassen und soll seinen Ärger, bzw. seine Kränkung durchaus kundtun. Auch ein Tipp: tief Luft holen, innehalten, Auszeiten suchen und das Gespräch auf später verschieben. Gerade wichtige oder emotionale Themen wie Erbschaften sollten wirklich nicht zur Weihnachtszeit besprochen werden, die Zeit ist ohnehin schon so emotionsgeladen.

Pogadl: Natürlich ist es schwierig, sachlich zu bleiben, wenn es um Emotionen, Kränkungen und Enttäuschungen geht. Man sollte sich Gedanken darüber machen, was die Gründe für die Wut sind. Meist ist es hilfreich, das Vier-Augen-Gespräch zu suchen und den Konflikt nicht gleich vor der ganzen Familie auszutragen.

 

Streiten auch Mediatoren zu Weihnachten? Pogadl (lacht): Auch bei uns fallen spitze Bemerkungen wie „das ist aber eine kitschige Dekoration“. Wir haben nicht mehr und nicht weniger Konflikte als andere. Wir können allerdings sicher besser damit umgehen und pflegen eine gute Streitkultur. Man schaut einfach, was hat dieser Konflikt jetzt mit mir zu tun? Warum trifft mich das so? Ein Mediator weiß besser, wie er mit Emotionen und Verletzungen umgeht.

 

Warum gibt es in Familien generell so viele Streitigkeiten? Foradori: Weil die Beziehungen so eng sind, weil man voneinander abhängig ist und weil man genau weiß, womit man den anderen trifft.