Lage.
Diesmal geht es zum Adolf-Pichler-Platz. Links neben dem Eingang zum Kellertheater befindet sich in einem alten Stadthaus das Café Toscana. Durch die großen Fensterbögen zwischen den alten Mauern sieht man in einen bunt geschmückten Raum, der an Wiener Kaffeehäuser um die Jahrhundertwende erinnert. Vor der Tür ist die gemütliche Terrasse mit zehn kleinen Tischen.
Charakter.
Die hohen Räume, Luster, Spiegel und Art-déco-Möbel der 1920er schaffen Kaffeehaus-Flair, die vielen Wandposter von Stars der Musikgeschichte verleihen zusätzlich eine rockige Note. Das Toscana wirkt wie ein alter Künstlertreff, wenn man so will. Wenn auch nicht weit, so ist das doch ein wenig gefehlt: Die Ursprungsidee hinter dem Lokal war „einen Ort zu schaffen, wo sich Menschen wohlfühlen und gerne miteinander reden“. So hatten die Eltern von Günter Nagele das Toscana damals, Anfang der 1980er-Jahre, konzipiert, und so führen er und seine Partnerin Sabine Brenner-Nagele es heute weiter.
//„Im Grunde geht es darum, einen Raum zu bieten, in dem Leute bei einem Bier zusammensitzen und ratschen können“, finden die beiden. Die Gestaltung dieses Raums sei dann die Aufgabe des Betreibers. Der, wie man merkt, auch in einem jahrelang gefestigten Rahmen wie dem Toscana neue Akzente setzen kann: mit knalligem Türkis an der Wand des oberen Gastraums etwa oder dem Lichten der Plakatflut an den Wänden zur Neueröffnung vor zwei Jahren.
„Wir wollten das alte Toscana weiterführen, aber gleichzeitig neuen Schwung hineinbringen“, beschreibt Sabine Brenner-Nagele die Gratwanderung, die es zu bewältigen galt. Vorübergehend aussortierte Möbel seien wieder hereingeholt, Sofas neu bezogen, Spiegel umgehängt worden – „um am Ende festzustellen, dass wir vieles intuitiv wieder genau so hingestellt haben, wie es zur Anfangszeit des Toscana dastand“, schmunzelt die neue Chefin.
Musik.
„Von Abba bis Zappa“, lacht Nagele und korrigiert sich: „Sagen wir von John Coltrane bis Tom Waits.“ Die Chefs, die während der Öffnungszeiten immer anwesend sind, versuchen die klangliche Untermalung vielfältig zu halten, mit Schwerpunkt auf Klassikern, die die Gäste in Gedanken mitsingen lassen. Zu den Hochzeiten in den 1980ern und 1990ern gab es auch öfters Jazz-Konzerte im Toscana, heute finden nur noch vereinzelt Veranstaltungen statt, etwa ein Flamenco-Konzert im vergangenen Frühling oder eine Aufführung von Autor Christoph W. Bauer und Naked-Lunch-Sänger Oliver Welter im Oktober.
Geschichte.
Wie die meisten unserer Local Legends hat auch das Toscana in den frühen 1980ern seine Pforten geöffnet: Im Dezember macht es 35 Jahre voll. Dass Italien in Tirol damals als Sehnsuchtsort galt, war Inspiration für den Namen des Lokals und auch die besondere Geschichte des Hauses, wie Nagele erzählt wurde.
Ein gewisser Dr. Lantschner, mit einer Nachfahrin des ersten Schweizer Bundespräsidenten verheiratet, hätte es Ende des 19. Jahrhunderts bauen lassen – eins zu eins nach dem Muster eines Gebäudes in der Toscana, das seine Gattin auf einer Italienreise so entzückt hatte.
//Nageles Eltern waren schon vor der Eröffnung des Toscanas in der Gastronomie tätig, hätten sich mit dem Lokal am Adolf-Pichler-Platz aber den Traum von der eigenen Bar ganz nach ihren Vorstellungen erfüllt. Dafür musste erst eine Wäscherei, die sich vorher in den Räumlichkeiten befand, umgebaut werden. Über die Jahre sei die Einrichtung dann gewachsen und mit immer mehr Schätzen aus Antiquitätenläden bestückt worden. „Jedes Detail hier hat seinen Grund“, erklärt Nagele, der von 1988 bis 1999 im Toscana mitarbeitete, die Lust seiner Eltern, sich gestalterisch auszutoben und den Flair von vergangenen Zeiten aufrecht zu erhalten. Als sie 2016 in Pension gingen und die Frage aufkam, wer ihr Lebenswerk übernimmt, hatten er und seine Frau, beide Vollzeit in anderen Berufen beschäftigt, zunächst gezögert. Überzeugt habe sie schließlich der Wunsch, „dass das Toscana genau so bleibt, wie es ist“, sind sie sich einig. „Die 100.000 Geschichten, die in den über 30 Jahren hier entstanden sind, kann man einem Fremden nicht vermitteln“, sagt Nagele. Und seine Frau fügt hinzu: „Ich hatte auch das Gefühl, dass wir mit dem Ort hier ein Stück Kulturgut erhalten.“
Dass Italien in den 1980ern als Sehnsuchtsort galt, war Inspiration für den Namen des Lokals.
Publikum.
Früher bekannt als Studenten-Stammlokal und Intellektuellentreff, können die Betreiber heute keine bestimmte Zielgruppe mehr erkennen. Es sei nach wie vor beliebt bei Theaterfreunden, die vor oder nach dem Besuch im Kellertheater vorbeischauen, und ziehe verschiedenste Menschen zum Feierabendbier an. Die Studi-Generation aus den 1980ern komme heute noch manchmal zur Tür herein, oft, um das Lokal ihren Kindern, die jetzt an der Uni studieren, zu zeigen.
Karte.
Passend zum Flair der alten Räume ist auch die Karte im Toscana – noch mit dem Schriftzug aus der Hand der Mutter von 1983 versehen – elegant gestaltet und die Auswahl darin für eine Bar überraschend exquisit.
Nagele ist gelernter Koch und bietet neben Klassikern wie „Schelfalen“ und Schlutzkrapfen mit verschiedenen Füllungen sogar Muscheln in Weißwein-Sahnesauce an. Stören darf einen beim Schlemmen nur der Dunst nicht – das Toscana war und ist überzeugtes Raucherlokal. Das Getränkeangebot kann sich sehen lassen, mit etwa sieben offenen Rotweinen und neun Weißweinen, verschiedenen Gins, Whiskys und Rums. Ein großes Bier gibt’s um moderate 3,50 Euro.
Erfolgsgeheimnis.
Auch im Toscana gab es Zeiten mit weniger Gästen, das „schöne Lokal“ am Adolf-Pichler-Platz ist es aber immer geblieben.
Vor allem sein Stil macht aus ihm eine der Inseln in Innsbruck, in denen Retro nicht konstruiert wirkt, sondern echte Vergangenheit mit Geschichte ist. Es funktioniert – im Sommer speziell auch wegen der gemütlichen Terrasse – am späten Nachmittag genauso wie am Abend und hat sich seit seiner Neueröffnung wieder einen guten Kundenstamm aufgebaut – vielleicht auch gerade, weil es nach wie vor pro Raucher ist. Die Betreiber selbst erklären sich den Erfolg mit ihrer anhaltenden Freude an der Sache und dem Gefühl, „dass die Leute wissen, hier willkommen zu sein“.
„Jedes Detail hier hat seinen Grund.“
Günter Nagele
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag von 18 Uhr bis 1 Uhr
Das gibt’s nur im Toscana:
- Richtig gutes Knoblauchbrot, unten wie oben kross gebacken, um 4 Euro
- Eine Speisenauswahl wie im Restaurant
- Den Charme der 1980er-Jahre-Barszene von Innsbruck