enn man Ferdinand Holzmann sieht, wie er durch das fast fertige Haus der Musik geht, hier jemanden grüßt und da freundlich angelächelt wird, wirkt die Geschichte von seiner ersten Begegnung mit dem Gebäude ziemlich skurril. Vor gut einem Jahr, im September 2017, ist der Innsbrucker Musiker gemeinsam mit einer sechsköpfigen Filmcrew in einer Nacht-und-Nebelaktion in die Konzertsaal-Baustelle eingestiegen. Ohne Erlaubnis, aber mit einem Lieferwagen, der in Anlehnung an „Ocean’s Eleven“ mit „Oceans Film Productions“ gebrandet war, und mit einer gefälschten Drehgenehmigung in der Tasche. Das Ziel der Aktion: Ein aufwendiges Video zu drehen, in dem Holzmann mit seinem Akkordeon eine Arabeske des zeitgenössischen dänischen Komponisten Leif Kayer spielt. Und die Message dahinter? „Aufzuzeigen, dass es die freie Kulturszene gibt und dass sie etwas kann.“
Hallo, uns gibt’s auch.
Beinahe wäre der kühne Plan gescheitert – die Aufbauarbeiten wurden von 17 Polizisten unterbrochen, es folgte eine lange Diskussion. Schließlich ließ sich die Exekutive davon überzeugen, dass es sich bei der Aktion um eine Probe für das bevorstehende Baustellenkonzert handle, zog von dannen und schaltete sogar die Alarmanlage aus. Holzmann und sein Team konnten das Video ungestört aufnehmen, verschwanden, bevor um 7 Uhr die Arbeiter wieder auf die Baustelle kamen, und sorgten mit der Veröffentlichung wenige Tage später für einen ziemlichen Paukenschlag in der Kulturszene. „Es ging darum, die Subkulturszene ins Spiel zu bringen. Wir wollten ausdrücken, dass wir gerne von Anfang an hier im Haus dabei sein möchten“, sagt Holzmann rückblickend.
„Es ging darum, die Subkulturszene ins Spiel zu bringen.“
Ferdinand Holzmann
Die musikalische Qualität des Guerillaprojekts nahm den Kritikern sofort den Wind aus den Segeln. „Wir haben uns nicht mit Dreadlocks und Ukulele da reingesetzt und auch nicht den Zillertaler Hochzeitsmarsch gespielt und laut ‚Erster‘ gerufen. Wir haben das Video als Ouvertüre gesehen. Eine Ouvertüre nimmt dem, was folgt, nichts weg“, sagt Holzmann – auch in Richtung Tiroler Symphonieorchester, dem die eigentliche Erstbespielung des Konzertsaals beim Theaterfest versprochen war.
Diesmal legal.
Das Feedback auf die Veröffentlichung des YouTube-Videos, dem der Name „Haus der Musik Occupied“ gegeben wurde, war durchwegs positiv. Die Kulturszene lobte die Initiative, von der damaligen Bürgermeisterin kam immerhin Verständnis und verhaltene Anerkennung. Rechtliche Probleme bekam Ferdinand Holzmann nicht, der Plan ging auf. Noch viel mehr, als der Salzburger Kulturmanager Wolfgang Laubichler seinen Dienst als Direktor des Hauses der Musik antrat. „Ich hab ihn relativ bald angerufen und er hat gemeint, er habe schon von mir gehört – und ob wir mal auf einen Kaffee gehen“, erzählt Holzmann.
//In den darauffolgenden Monaten wurde das zweite, diesmal legale Videoprojekt konkretisiert: Im Vorfeld der Eröffnung hat Ferdinand Holzmann einen kurzen Film produziert, in dem sich Tänzer und Musiker aus verschiedenen Innsbrucker Kulturinstitutionen und Studios durch das Haus der Musik bewegen und so auf künstlerische Art die Räumlichkeiten vorstellen.
Neben einer Ballerina aus der Tanzcompany des Tiroler Landestheaters sind zum Beispiel auch Tänzer aus dem Street Motion Studio in den Bögen und Jazzmusiker des Landeskonservatoriums mit dabei.
Projektbezogen Platz finden.
Für dieses aufwendige Projekt haben sich zahlreiche Kulturschaffende der Kerngruppe rund um Ferdinand Holzmann angeschlossen – am Ende zählte die Gruppe über 30 Personen. Mittlerweile gibt es auch einen Namen für die Initiative: „HDM Sub“. Mit dem Video, das übrigens am 6. Oktober bei der Eröffnung des Hauses der Musik erstmals öffentlich präsentiert wird, wird für die Macher eine ganz klare Botschaft transportiert, wie Holzmann erklärt: „Mit dem ersten Projekt haben wir aufgezeigt, dass es die freie Szene gibt. Mit dem zweiten Projekt wollen wir jetzt transportieren, dass die freie Szene von Anfang an auch ins Haus der Musik gehört und dass sie an einer Zusammenarbeit interessiert ist. Es wäre schön, wenn das Video dabei helfen würde, dass die einzelnen Vereine und Gruppen projektbezogen in den Räumlichkeiten des Hauses Platz finden.“ Vereinzelt hat die lokale Subkulturszene schon Kooperation fixiert – so wird zum Beispiel das Heart of Noise Festival 2019 im Haus der Musik stattfinden.
Von der Frechheit amüsiert.
Direktor Wolfgang Laubichler hat die Dreharbeiten durch seine Offenheit gegenüber der „HDM Sub“-Gruppe unterstützt: „Das erste Video von Ferdinand war mutig und gut gemacht, seine Frechheit hat mich ganz offen gesagt amüsiert.
Ich sehe in diesem Projekt die Möglichkeit, das neue Haus zu präsentieren und verschiedene Publikumsschichten anzusprechen.“ Wenn es nach ihm geht, soll die freie Kulturszene sehr wohl in das Haus der Msuik eingebunden werden – mit kleinen Einschränkungen: „Das Haus ist jetzt nun mal, wie es ist. Alles wird hier nicht machbar sein und wir können auch nicht alle zufriedenstellen. Aber wir verschließen uns nicht.“
Drittes Projekt ist geplant.
Wenn es nach Ferdinand Holzmann geht, soll am Ende eine „HDM Sub“-Trilogie entstehen. „Für das dritte Videoprojekt möchte ich gerne das Schaffen der Subkulturszene in den ersten drei Jahren des Hauses der Musik begleiten und dokumentieren.“ Dem Akkordeonlehrer und Tischler schweben auch Kooperationen mit Kulturschaffenden aus anderen Häusern der Musik vor.
//Bevor er sich wieder an die Dreharbeiten macht und im Haus der Musik verschwindet, wiederholt der umtriebige Musiker und Neo-Regisseur noch einmal seine Botschaft: „Ich übe keine Kritik am Haus, ich kenne es mittlerweile sehr gut und muss sagen, dass es wirklich alle Stückln spielt. Ich habe den rebellischen Weg gewählt, damit die freie Szene den sprichwörtlichen Fuß in der Tür hat. Jetzt geht es um Zusammenarbeit.“
Die musikalische Qualität des Guerillaprojekts nahm den Kritikern sofort den Wind aus den Segeln.