Wie geht es Ihnen in Ihrer neuen Rolle als Erste Vizebürgermeisterin? Christine Oppitz-Plörer: Ich habe jetzt wieder die Möglichkeit, mich vertieft um meine Ressorts zu kümmern. Als Bürgermeisterin ist man auch Generalistin. Man hat eine Vielzahl an Aufgaben, die nicht direkt mit den Aufgaben, sondern mit dem Amt verbunden und zeitintensiv sind. Gerade bei Ressorts wie Wirtschaft oder Generationen ist es wichtig, dass man sich den Themen intensiv widmen kann. Auf der anderen Seite kann ich mich wieder einmal auf eine neue Situation einlassen – das kann ich gut. Ich denke, das muss man gerade in der Politik können. Ich sehe das durchaus sehr positiv – entspannt ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, aber meine neue Rolle hat sehr viele positive Facetten.
Ich denke, das muss man gerade in der Politik können. Ich sehe das durchaus sehr positiv – entspannt ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, aber meine neue Rolle hat sehr viele positive Facetten.
Auf den Wahlkampf zurückgeblickt – gibt es etwas, das man hätte anders machen müssen, oder war Georg Willi nicht zu schlagen? Georg Willi hatte den Vorteil, dass er alles – auch die Entscheidungen, die die Grünen in der Stadtregierung mitgetragen haben – quasi abschütteln konnte. Er konnte den Menschen vermitteln, dass er sozusagen ein Quereinsteiger ist. Außerdem haben wir in der Stadt in den vergangenen sechs Jahren viele Projekte durchgebracht, auch durchbringen müssen, weil Entscheidungen angestanden sind, und damit haben wir die Menschen sehr gefordert.
„Letztlich habe ich die schwierigen Diskussionen beim Haus der Musik alleine tragen und durchstehen müssen.“
Christine Oppitz-Plörer
Wie, denken Sie, werden die Innsbrucker später auf Ihre Zeit als Bürgermeisterin zurückblicken? Ich gehe gar nicht davon aus, dass es viele Jahre dauern wird. Bei Projekten wie der Straßenbahn oder der Stadtbibliothek wird man die Vorteile für die Bevölkerung bereits nach einiger Zeit sehen. Beim Haus der Musik ist schon jetzt, vor der offiziellen Eröffnung, die große Nachfrage bei den Menschen zu spüren. Letztlich habe ich die schwierigen Diskussionen beim Haus der Musik alleine tragen und alleine durchstehen müssen, aber ich freue mich, dass die Realisierung viele mitgetragen haben, und bin einfach sehr zufrieden, wenn es bei den Menschen ankommt.
Stichwort Vorbehaltsflächen. Welches Problem haben Sie und Für Innsbruck damit? Beim Wohnen müssen wir weg von diesen andauernden Diskussionen und hin zu Taten. Das Anliegen von Für Innsbruck ist, dass die Grundstücke, die wir in der letzten Periode gesichert haben, rasch bebaut werden. Bei den Vorbehaltsflächen kritisieren wir unter anderem massiv, dass dabei die Entwicklung in den einzelnen Stadtteilen nicht berücksichtigt wird.
Können Sie hier ein Beispiel nennen? Zum Beispiel ist im Sieglanger ein großes Projekt mit insgesamt 120 Wohnungen geplant, das auch stark diskutiert wird. Jetzt will der Bürgermeister dort zusätzliche 100 Wohnungen in den nächsten Jahren realisieren. Ich glaube, mit solchen Plänen überfordert man einzelne Stadtteile. Man muss nicht nur dort sozialen Wohnbau errichten, wo sich zufällig eine Fläche ergibt und für die bestehende Betriebe wie in diesem Fall Gärtnereien verschwinden müssen. Der Wohnbau muss sich besser verteilen.
Wie kann der Wohnungsmarkt dann entschärft werden? Wir stellen Folgendes in den Vordergrund: Wir haben 1.500 Menschen bzw. Paare und Familien auf der Vormerkliste für eine Stadtwohnung. Und Flächen für neue Wohnungen sind jetzt vorhanden. Was wir auch nicht mittragen, sind Reduzierungen, wie sie der Bürgermeister beim „Campagne“-Reiter-Areal verfügt hat, wo mit einem Federstrich 30 Wohnungen wegfallen. Hier werden Wohnraum und künftiges Vermögen der Innsbruckerinnen und Innsbrucker vernichtet.
„Ich sehe das sehr positiv – entspannt ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, aber meine neue Rolle hat viele positive Facetten.“
Christine Oppitz-Plörer
Einen Zwist gab es auch schon beim Thema Tempo 30 in der Stadt. Wie ist die Stimmung in der Koalition? Wir sind vier Partner, die sich sehr gut zusammenfinden und auch gut austauschen können. Beim Tempo 30 war das Problem, dass die Verkehrsstadträtin Uschi Schwarzl vorgeprescht ist, ohne jemanden zu informieren, und das tut der Zusammenarbeit nicht gut. Abgesehen von inhaltlichen Bedenken, die wir und andere Fraktionen hatten.
In naher Zukunft werden mit dem Haus der Musik und der Stadtbibliothek Projekte eröffnet, die Sie als Bürgermeisterin realisiert haben. Stehen Sie dabei mit Wehmut in der zweiten Reihe? Nein, überhaupt nicht! Ich freue mich, wenn diese Projekte nun auch von den Menschen genutzt werden. Über acht Jahre war ich in voller Verantwortung, und wenn die Projekte jetzt von den Menschen genutzt werden können, erfüllt mich das mit Freude. Und auch mit Respekt, Demut und Dankbarkeit all jenen gegenüber, die die Projekte mitgetragen haben. Bis die Beschlüsse gefasst waren, wurde zum Teil ja auch viel und lange diskutiert.
Welche wichtigen Aufgaben stehen Ihrer Meinung nach jetzt an? Mir ist ein Fokus auf die Stadtteile wichtig. Gerade diskutieren wir, ob die Neugestaltung des Bozner Platzes nun angegangen werden soll oder die Pradlerstraße oder das lange versprochene Haus in Igls. Ich glaube, wir dürfen auf die Stadtteile nicht vergessen, dort leben und arbeiten die Menschen – und das hoffentlich auch in Zukunft. Gerade im Bereich Innenstadt haben wir in den letzten Jahren sehr viel realisiert. Mir persönlich ist Pradl ein sehr großes Anliegen.
Warum Pradl? Durch den Bau der Straßenbahn sind dort viele schwierige Baumaßnahmen passiert. Die Menschen sollen spüren, dass sie durch den Bau auch Vorteile haben. Die Pradlerstraße ist eine der bedeutendsten Straßen der Stadt. Wie Wilten oder die Innenstadt zählt Pradl zu den Kernpunkten von Innsbruck, wo es auch viele gute Wirtschaftsbetriebe gibt, die es zu stärken gilt.
Die Stadtbibliothek ist eines der Projekte, die unter Oppitz-Plörer realisiert wurden.
In der Causa Patscherkofel ist noch der Bericht des Kontrollamts ausständig, übernehmen Sie die politische Verantwortung, wenn diese aus dem Bericht abzuleiten ist? Wie ich im Gemeinderat bei der Diskussion rund um die Mehrkosten gesagt habe: Ich bin gerne bereit, für die Projekte der Stadt Innsbruck auch die alleinige Verantwortung zu übernehmen. In diesem Fall haben wir bei der Straßenbahn – die würde dann nämlich auch in meine alleinige Verantwortung fallen – 50 Millionen gespart, und wir haben auch beim Kletterzentrum Gelder eingespart. Beim Patscherkofel haben wir mehr Geld gebraucht, beim Haus der Musik war es mehr oder weniger eine Punktlandung, wenn man die Indexsteigerungen herausrechnet. Bei der Stadtbibliothek haben wir, glaube ich, eine sehr gute Veranlagung für die Menschen in der Stadt getroffen.
Heißt konkret? Das bedeutet: Wenn ich die alleinige Verantwortung trage, dann in Hinblick auf alle Projekte. Da gibt es sehr gut gelungene und manche, bei denen es ein bisschen geholpert hat. Ich glaube aber, fairer und dauerhafter ist es, zu sagen: Es hat beim Patscherkofel Beschlüsse des Gemeinderats gegeben, die ich umgesetzt habe. Der Auftrag war: das Projekt umzusetzen, ohne dass eine Saison verloren geht. Wenn der Gemeinderat den Langmut gehabt hätte – so wie es Martin Baltes und ich anfangs vorgeschlagen haben –, dass man eine Saison aussetzt, hätte man das Ganze anders gestalten können. Da gab es einige Zeitpunkte, zu denen der Gemeinderat auch andere Beschlüsse hätte fassen können. Fakt ist, dass das Projekt mit einer Dreiviertelmehrheit beschlossen wurde, und meine Verantwortung als Bürgermeisterin war es, diese Beschlüsse umzusetzen.
Vielen Dank für das Gespräch.