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OKTOBER 2018

Interview

Brezinas Suche nach dem Glück

Von den Abenteuern der Knickerbocker-Bande bis hin zum sprechenden Fahrrad Tom Turbo: Die Fantasie von Thomas Brezina hat unzählige Leseratten durch die Kindheit begleitet. Jetzt kommen die Großen dran: In seinem ersten Ratgeber für Erwachsene gibt Brezina Tipps für mehr Lebensfreude.

Fotos: Tom Storyteller GmbH
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ei Lesungen von Thomas Brezina fällt sofort auf: Sein Publikum ist erwachsen geworden. Der gebürtige Wiener präsentiert derzeit den zweiten Band der Knickerbocker-Krimireihe für Erwachsene, „Schatten der Zukunft“, sowie seinen Ratgeber für mehr Lebensfreude mit dem Titel: „Tu es einfach und glaub daran“. In alter Knickerbocker-Manier besteht der Lebensglück-Optimierer für Erwachsene aus verschiedenen „To-do“-Listen zum Ausfüllen, gegliedert in sechs Teilbereiche.

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Themen wie „Mehr Freude mit Arbeit & Co.“ werden hier abgehandelt – oder auch „Mehr Freude mit Familie und der Liebe“ und „Mehr Freude, wenn die Freude verschwunden scheint“. Es ist eine Art Anleitung zum Glücklichsein.

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Der 55-Jährige war viele Jahre bei Themen, die sein Privatleben betreffen, sehr zurückhaltend. In seinem neuen Buch erzählt er zum ersten Mal offen von Enttäuschungen und Tiefschlägen: Wie er nach einer schwierigen Trennung im Internet und auf Apps verzweifelt nach einem neuen Partner gesucht hat, wie ihm nach einer beruflich weniger erfolgreichen Zeit stressbedingt die Haare ausgefallen sind. Er erzählt von Zweifeln, gibt zu, dass das Schreiben für ihn oft harte Arbeit ist, und erklärt, wie er gelernt hat, mehr Freude ins Leben und in seine Beziehung zu bringen. 6020 hat Thomas Brezina zum Interview gebeten.

„Ich erzähle Geschichten und mache das eben auch auf Facebook und Instagram.“

Thomas Brezina
6020:

Es ist in den sozialen Medien ein richtiger Hype um Ihre Person losgebrochen. Was gefällt Ihnen an dieser Art der Kommunikation? Thomas Brezina: Ich erzähle Geschichten und mache das eben auch auf Facebook und Instagram. Ich erreiche damit meine früheren Leser in der Welt, in der sie heute leben. Das gefällt offensichtlich vielen sehr gut und mir auch. (lacht)

Glauben Sie, dass es Kinder und Jugendliche heutzutage schwerer haben als früher? Nein, auf keinen Fall. Man hört zwar immer, früher war alles besser, aber das glaube ich nicht. Kinder und Jugendliche haben heutzutage so viele Möglichkeiten wie noch nie. Sie müssen einfach nur lernen, damit umzugehen und das Positive zu erkennen. 

Sie erzählen in Ihrem neuen Buch „Tu es einfach und glaub daran“, dass Sie nach dem Ende einer 19-jährigen Beziehung eine lange und schwere Trauerphase durchlebt haben. Was hat Ihnen geholfen? Um Trauer zu überwinden, gibt es kein Patentrezept. Wichtig ist es, Gefühle zulassen und zu akzeptieren. Es braucht einfach Zeit, bis man den Verlust verarbeitet hat. Sehr hilfreich finde ich, sich die Fragen zu stellen: „Was war mein Anteil am Geschehen?“ und „Was kann ich daraus lernen?“.

Sie sind einer der erfolgreichsten Kinderbuchautoren der Welt, trotzdem schreiben Sie in Ihrem Ratgeber, dass Sie immer mehr an sich zweifeln und dass Ihnen das Schreiben nicht immer Freude bereitet. Wie motivieren Sie sich? Je erfolgreicher man wird, desto mehr zweifelt man an sich, das ist normal und bei vielen Künstlern so. Am schwierigsten ist immer das Anfangen: Um mich endlich an den Schreibtisch zu setzen, lege ich ein Tagesziel fest, zum Beispiel 2.500 Wörter. Ich stelle mir vor, wie schön es sich anfühlen wird, wenn ich das Ziel erreicht habe, und verspreche mir selbst eine Belohnung, zum Beispiel ein Eis.

Sie haben vor einem Jahr zum ersten Mal öffentlich über Ihren Mann gesprochen. Warum haben Sie Ihr Privatleben bisher immer aus der Öffentlichkeit rausgehalten und warum tun Sie das jetzt weniger? Es gab für mich früher keine Notwendigkeit, über mein Privatleben zu sprechen. In meinem Ratgeberbuch aber erzähle ich aus meinem Leben und wie ich mit bestimmten Dingen umgehe, weil da solche privaten Details Sinn machen.

Waren Kinder für Sie je ein Thema? Nein, ich habe keinen Kinderwunsch. Ich fokussiere mich auf meine Bücher, da wäre für etwas anderes gar nicht Zeit.

Seine aktuellen Bücher: „Knickerbocker4immer – Schatten der Zukunft“ (400 Seiten, Ecowin Verlag)
GESCHICHTENERZÄHLER. Österreichische Kinder sind mit Thomas Brezina aufgewachsen – seit einigen Jahren ist er auch auf Facebook und Instagram sehr aktiv.

„Kinder und Jugendliche haben heutzutage so viele Möglichkeiten wie noch nie.“

Thomas Brezina

Thomas Brezinas Tipps für mehr Lebensfreude

1. Jedes Jahr soll einen eigenen Titel bekommen

Brezina empfiehlt, sich zu jedem Jahreswechsel einen Titel und eine Inhaltsangabe fürs neue Jahr auszudenken: „Lest euren Titel und die Inhaltsangabe immer wieder durch. Am besten einmal die Woche. Aber bleibt locker und lasst dem Leben die Chance, den Film zu entwickeln.“

2. Die „Zur-Freude-Liste“

Brezina rät, To-do-Listen, die einen stressen oder überfordern können, einfach als „Zur-Freude-Listen“ zu bezeichnen und sich über deren Abarbeitung zu freuen. Ein erreichtes Tagesziel soll mit einer Belohnung gekrönt sein. „Zu arbeiten ist oft anstrengend, und manche Tätigkeiten sind nicht als ‚Freude‘ einzustufen. Aber sie führen zu Zielen und Momenten, die uns freuen.“

3. „Was kann ich heute für dich tun, damit dein Tag noch schöner wird?‘“

Brezina und sein Lebenspartner stellen sich diese Frage täglich. „So wichtig klärende Gespräche auch sind: Ein, zwei, drei liebevolle, achtsame Gesten, an deren Anfang so ein Satz steht, können manchmal mehr klären und auflösen als eine lange Diskussion.“

4. „Tu es einfach und glaub daran.“

Brezinas Lebensgefährte hat ihn auf die Idee gebracht, sich diesen Satz immer wieder in Erinnerung zu rufen. „Ich muss mich selbst oft daran erinnern: Besser ein Kapitel irgendwie geschrieben als gar nicht, denn später kann ich es total überarbeiten und verändern.“

5. Trauern ist wie Duschen

Nach dem Ende einer langen Beziehung hat Brezina den Tipp bekommen, sich nicht in die nächste Partnerschaft zu flüchten, sondern aktiv zu trauern. „Ich habe, wie jeder andere, Verluste erlitten, Rückschläge und Enttäuschungen erlebt. Sie haben mich oft niedergedrückt, bis ich die Wichtigkeit von Trauer verstanden habe.“

6. Liesl, die 100-jährige Frohnatur

Brezina nimmt sich die positive Lebenseinstellung seiner immer lächelnden Freundin Liesl zum Vorbild: „Wer sich mit hundert Jahren noch an den Frühlingsblumen im Garten erfreuen kann, hat eindeutig etwas im Leben richtig gemacht.“