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MAI 2018

Rauchen

Jetzt erst recht?

Am 1. Mai wäre eigentlich das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft getreten, das die neue Regierung kurzfristig verschoben hat. Während manche Lokalbetreiber erleichtert weitermachen wie gehabt, wollen andere ein Zeichen setzen und führen freiwillig ein Rauchverbot ein. 6020 macht den Check und fragt vier Innsbrucker Lokalbetreiber nach ihrer Sicht aufs Thema.

Fotos: Axel Springer, Franz Oss

„Ich glaube nicht, dass wir den falschen Weg gegangen sind. Das bestätigen auch unsere Gäste.“

Rainer Goldschald

PRO RAUCHVERBOT:

Rainer Goldschald,
Hotel und Café Central

 

„Eine Zeitung, ein Kaffee und eine Zigarette gehörten einmal zum typischen Kaffeehausflair dazu, aber mittlerweile stellen sich selbst die Raucher auf ein Verbot ein. Wir hatten früher Stammgäste, die in der Früh Kaffee und Zigarette genossen haben, aber für ihr Mittagessen den rauchfreien Bereich bevorzugten. Oder italienische Besucher, die den Raucherbereich gar nicht betraten, weil sie sich bereits ans 2005 umgesetzte Verbot gewöhnt hatten. Aus meiner Sicht ist die österreichische Lösung seit 2009 eine ‚never-ending story‘: Man hätte einigen Betreibern viel Geld ersparen können, als die Umbauten für getrennte Nichtraucherbereiche anstanden, die dann mit einer weiteren Novelle ab Mai 2018 nicht mehr gebraucht worden wären. Mit unserer Glastür hatten wir allerdings Glück, weil wir sie noch heute als Raumteiler nutzen.

2014 haben wir uns unter Einbindung der Gäste und der Belegschaft intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und uns für ein komplettes Rauchverbot im Haus entschieden, ganz unabhängig von politischen Entwicklungen. Wir haben unsere Gäste schon Wochen im Voraus informiert und das Rauchverbot freiwillig am Aschermittwoch 2015 umgesetzt – eine klare Entscheidung. Es ging ja auch um die Mitarbeiter, die früher dort arbeiten mussten, wo der Nebel aufging. Im ersten Jahr haben wir schon etwas darunter gelitten und eine bestimmte Gästeschicht verloren, aber dafür auch bald eine andere dazugewonnen. Ich glaube nicht, dass wir den falschen Weg gegangen sind. Das bestätigen auch unsere Gäste, die uns vielfach zum Schritt gratulierten. Aber: Kleinere Betriebe oder Bars könnten es schwerer haben. Ich persönlich finde, dass jeder Betreiber selber über ein Rauchverbot entscheiden sollte, ohne dass es die Politik vorschreibt. Oder man hätte es überhaupt bei einem generellen Verbot belassen sollen, dann wäre das heute gar kein Thema mehr.“

„Bisher gab’s noch keine Beschwerde, nicht mal von FPÖ-Wählern.“

Norbert Pleifer

PRO RAUCHVERBOT:

Norbert Pleifer,
Treibhaus

 

„Schon irgendwie verquert, das Ganze: Wenn ein rauchfreies Lokal nicht nur eine Maßnahme zur Förderung der Umweltbedingungen beim Kaffeetrinken, sondern zugleich ein politisches Statement ist. Im Treibhaus erfreuen sich selbst Kettenraucher an unserer Maßnahme – und an der frischen Luft beim Inhalieren. Seit dem 1. Jänner ist sogar im Fumoir, wie auch im ganzen Treibhaus, die Qualmerei Geschichte, den Strachisten grad zu Fleiß. Bisher gab’s noch keine Beschwerde, ganz im Gegenteil. Nicht mal von FPÖ-Wählern, die sich inkognito ins Treibhaus verirren."

„Mittlerweile ist die Bereitschaft von Nichtrauchern, ein verrauchtes Lokal zu besuchen, rasant nach unten gegangen.“

Stoffl Furmann

PRO RAUCHVERBOT:

Dagmar Niederegger
und Stoffl Fuhrmann,
Café-Bar Weli

 

Dagmar Niederegger: „Die österreichische Zwischenlösung zieht sich schon seit Jahren. Mittlerweile hätten sich aber alle auf ein Verbot eingestellt, das nun wieder nicht kommt. Ich habe persönlich noch keinen triftigen Grund oder gar intelligentes Argument für diese Aufhebung gehört. Ende April haben wir unser ganzes Lokal grundgereinigt, um Anfang Mai rauchfrei durchzustarten. Wir haben auch unsere Gäste befragt, 95 Prozent unterstützen dieses Vorhaben, darum haben wir kein Bauchweh. Ich glaube, dass alle Raucherinnen und Raucher genau wissen, was sie tun. Uns geht es ja auch nicht um militantes Verbieten, sondern um Kohärenz. Früher konnte man sogar beim Arzt oder im Flugzeug rauchen, heute verfügen wir über mehr Wissen über die Gefahren. Ich fände es schön, wenn man mal sagt: "Wenn’s im Weli geht, dann geht’s bei uns auch.“

Stoffl Furmann: „Als die Diskussion ums Rauchverbot vor Jahren anfing, hätten wir uns den jetzigen Schritt noch nicht getraut. Anfangs wehrt man sich ja meistens gegen jede aufoktroyierte Reglementierung, wie bei der Helmpflicht fürs Mopedfahren. Doch irgendwann gewöhnt man sich daran. Mittlerweile ist die Bereitschaft von Nichtrauchern, ein verrauchtes Lokal zu besuchen, rasant nach unten gegangen. Es gibt auch immer mehr Raucherinnen und Raucher, die kein Problem haben, vor die Tür zu gehen. Wir haben mitbekommen, dass sie sich sogar darauf freuen, statt einer ganzen Schachtel nur mehr ein paar Zigaretten zu rauchen. Manche Gäste werden sicher seltener kommen, dafür finden neue den Weg zu uns. Wir sehen unsere Entscheidung auch als kleines politisches Statement. Rein wettbewerbstechnisch ist es natürlich schlecht, wenn nicht für alle dieselben Bedingungen gelten. Es gibt allerdings Betreiber, die sich ungern für ein Verbot entscheiden, weil sie von einer kleinen Gästegruppe leben, die gerne im Lokal raucht.“

„Laut meiner Erfahrung sind Raucher die besseren Gäste, weil sie gerne gemütlich sitzen.“

Matthias Eder

CONTRA RAUCHVERBOT:

Matthias Eder,
Erlkönig Bar

 

„Ich habe das Lokal mitgeplant, zwischenzeitlich in Asien gearbeitet und die Erlkönig Bar im September 2017 übernommen, um sie als verrückte Cocktailbar zu bespielen. Wir öffnen um 17 Uhr und sprechen das After-Work-Klientel an. Der Erlkönig wurde kurzzeitig auch als rauchfreie Bar betrieben, aber da musste man den Gin Tonic gegen Mangosaft mit Wasser tauschen. Die Umsatzeinbußen wären fast fatal gewesen.

Darum haben wir uns aus wirtschaftlichen Gründen bewusst wieder fürs Rauchen entschieden. Die Bar lebt von Touristen, aber auch von Leuten, die in der Umgebung arbeiten und für einen schnellen Pfiff und eine Zigarette vorbeischauen. Und sich auch was gönnen. Laut meiner Erfahrung sind Raucher die besseren Gäste, weil sie gerne gemütlich sitzen, ganz ähnlich wie Zigarrenenthusiasten, die gute Spirituosen genießen. Wenn diese Stimmung fürs Rauchengehen unterbrochen wird, ist das nicht nur für die Gruppendynamik ein Problem, sondern auch für Gastronomen schwierig.

Gegenstimmen

Das „Don’t Smoke“-Volksbegehren sammelte in der ersten Phase
591.146 Unterstützungserklärungen. Die Eintragungswoche für das Volksbegehren ist von 1. bis 8. Oktober 2018.