usgerechnet in die Andreas--Hofer-Straße hat es Hakan Aydin vor zwei Jahren mit seiner Bäckerei verschlagen. Jeder (ganz besonders seine Bank) habe ihm dringend davon abgeraten, hier ein Lokal zu eröffnen – die Straße wäre einfach tot. Dieses Argument beeindruckte Aydin wenig. „Ich habe damals nur gesagt: Das passt schon, ich mache sie wieder lebendig“, erzählt er.
//Vielleicht liegt es daran, dass Winter ist und sich die meisten Leute im Warmen oder am Berg befinden, aber wirklich lebendig ist die Gegend immer noch nicht. Die Bäckerei läuft dafür aber mindestens so gut, wie der junge Unternehmer versprochen hat: Vor der Vitrine voller Baklava, Simit, verschiedenen anderen Gebäckstücken und Unmengen an kleinen, hübschen Keksen stehen die Leute Schlange, an jedem Tisch wird gefrühstückt, geplaudert und Schwarztee getrunken. Das sei ganz normal für einen Donnerstag-vormittag, sagt Aydin. „Am Wochenende ist sogar noch mehr los.“
Keks für Keks.
Ein halbes Jahr habe es gedauert, bis die Bäckerei wirklich angenommen wurde. „Wenn irgendetwas neu ist, sind die Leute ja sofort sehr vorsichtig und kommen gar nicht herein“, erklärt Aydin. „Nach der Eröffnung war ich deshalb zwei Monate lang draußen und habe die Leute aktiv hereingeholt, ihnen Kostproben gegeben, kleine Boxen mit unseren Keksen verteilt.“ Aufsperren und einfach Abwarten sei schließlich keine Lösung, nicht einmal, wenn man – wie er – vom eigenen Konzept und den Produkten überzeugt ist.
„In zwei Jahren habe ich drei Leute ausgebildet, die uns jetzt Konkurrenz machen wollen."
Hakan Aydin
Die so gewonnenen Kunden mussten sich dann erst einmal daran gewöhnen, dass die Bäckerei Aydin etwas anders ist als die gängigen Innsbrucker Bäckerei-Cafés. Weil alles bis auf die Schoko-Muffins von Hand in der von Aydins Vater geführten Backstube gefertigt wird, muss zum Beispiel nach und nach gebacken werden – die Vitrine füllt sich erst über den Morgen, nicht schon um sieben Uhr. Ein viel größeres Problem war aber, dass es bei Aydin keine Semmeln gibt: „Da sind die Leute teilweise einfach wieder gegangen.“ Dass es schon irgendwie Sinn macht, wenn es in einer türkischen Bäckerei eben nicht das klassische österreichische Backwaren-Sortiment gibt, haben viele erst nach einer Weile erkannt.
//Mittlerweile kommen trotz der konsequenten Abwesenheit von Semmeln, Baguette und Co. täglich so viele Kunden, dass die ganze Familie mithelfen muss und Hakan Aydin selbst weit mehr als die üblichen 40 Stunden die Woche in der Bäckerei ist. „Ich mache das gerne. Und wenn etwas Spaß macht, kann man auch viel arbeiten. Wenn das irgendwann einmal nicht mehr so ist, lasse ich es und mache etwas Neues.“ Das habe er bisher immer so gehandhabt, und das werde sich auch nie ändern.
Vor zwei Jahren war die Bäckerei Aydin die erste und einzige türkische Bäckerei in Innsbruck.
Immer der Nase nach.
Auch die Bäckerei war etwas Neues für ihn, obwohl seine Familie bereits seit acht Jahren eine sehr erfolgreiche Filiale in Salzburg führt: Aydin ist eigentlich gelernter Elektro-Installationstechniker und war unter anderem schon Versicherungsmakler, Barbesitzer und Modehändler, bevor er mit seinem Vater die Bäckerei in Innsbruck eröffnet hat. „Ich bin ein Geschäftsmann“, sagt er über sich selbst. „Wenn ich einen Riecher habe, dass etwas funktionieren kann, dann mache ich das.“
//So ist damals die Idee zu einer Filiale in Tirol entstanden, wo er eine lukrative Marktlücke für die Backwaren seiner Familie sah: Vor zwei Jahren war die Bäckerei Aydin die erste und einzige türkische Bäckerei in Innsbruck. Inzwischen gibt es mehrere davon – die von Leuten geführt werden, die vorher bei den Aydins gearbeitet haben. „In zwei Jahren habe ich drei Leute ausgebildet, die uns jetzt Konkurrenz machen wollen“, bestätigt Aydin. Das beunruhigt ihn aber nicht im Geringsten: „In Salzburg war das auch so. Wir waren dort die ersten, mittlerweile gibt es acht türkische Bäckereien, und wir sind trotzdem Marktführer dort. Da mache ich mir in Innsbruck auch keine Sorgen.“ Die Leute wüssten ja inzwischen, wie gut das eigene Gebäck schmeckt – und dass es nicht immer Semmeln zum Frühstück sein müssen.