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FEBER 2016

Freiheit am Brett

Die Idee ist so einfach wie genial: Man nehme ein Skateboard und montiere statt der Räder einen Ski an die Unterseite. David Reinthaler, zweifacher Snowskate-Weltmeister aus Innsbruck, erklärt 6020 die vielleicht älteste Trendsportart der Welt

Fotos: Tom Bause
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enn David Reinthaler in der Schlange am Frau-Hitt-Sessellift auf der Innsbrucker Nordkette ansteht, sind ihm neugierige Blicke sicher. Denn anders als die übrigen Wartenden hinkt er nicht unbeholfen an sein Snowboard gekettet umher – und er muss auch nicht behäbig auf Skiern vorwärtsrutschen. Der 34-Jährige spaziert kommod durch die Reihen. Denn „Danger Dave“, so sein klingender Spitzname, ist passionierter Snowskater. Und sein Sportgerät trägt er gemütlich unter den Arm geklemmt. Während der kurzen Liftfahrt bleibt das Snowskate am Schoß liegen. Kaum oben angelangt, öffnet Reinthaler den Liftbügel, wirft sein Brettl vor sich auf den Boden, stellt sich drauf und skatet davon.

Alte Idee im neuen Look.

So neu das Snowskaten anmuten mag, so alt ist der Gedanke dahinter. Schon seit über 400 Jahren surfen Bewohner entlegener Bergdörfer im Nordosten der Türkei auf einem Brett stehend steile Tiefschneehänge hinab. Sie gelten als „Ur-Snowboarder“, doch in Wahrheit sind sie die „Ur-Snowskater“.

Denn der maßgebliche Unterschied zwischen beiden Disziplinen ist die Bindung. Während sich Snowboarder an ihr Sportgerät fixieren, genießen Snowskater das Gefühl von ungebundener Freiheit.

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In den 1970ern entstanden in den Garagen begeisterter Skateboarder dann die ersten Snowskates heutiger Prägung. Statt der Räder wurde kurzerhand ein Ski unters Deck montiert oder man rutschte einfach nur am Deck selbst im Schnee. „Damit konnten sie auch im Winter jederzeit hinterm Haus skaten“, erzählt Reinthaler von den Pionieren des heutigen Snowskatens. Der große Vorteil gegenüber Skiern oder Snowboards: „Man braucht weder zusätzliches Equipment noch einen Skilift.“

„In Innsbruck weiß ich von rund 15 Leuten, die den Sport betreiben.“

David Reinthaler

Evolution des Snowskates.

„Um 2008 kamen dann die ersten langen Snowskates, die eher an Longboards erinnern“, erzählt Reinthaler. Hersteller wie Gnu, Lib Tech, Ralston und Wefunk haben die Sportgeräte weiterentwickelt. Die Decks und die Skier wurden länger, was das Fahren vereinfachte. Es gibt mittlerweile sogar eigene Powder-Ski für Snowskates, die bis zu 1,60 Meter lang sind und Tiefschneefahrten ermöglichen. Heute spürt die kleine Szene daher wieder Aufwind. So hat sich etwa Snowboardlegende Terje Haakonsen aus Norwegen ganz dem Snowskaten verschrieben. Er veranstaltet auch die jährliche Weltmeisterschaft in Oslo, wo 2012 und 2013 der Wahl-Innsbrucker David Reinthaler triumphierte.


Die Szene wächst.

Dennoch ist die Snowskate-Szene überschaubar geblieben, sagt der Doppelweltmeister: „In Innsbruck weiß ich von rund 15 Leuten, die den Sport betreiben.“ Daneben gibt es in Reinthalers Heimat, der steirischen Ramsau, in Kärnten und im Pinzgau kleinere Gruppen von Snowskatern. „Wie viele Snowboarder noch von früher ein Deck zu Hause liegen haben, weiß ich aber nicht.“ Zusammen mit Freunden hat er den Verein „Leise Bretter“ gegründet, aus dem derzeit der erste offizielle Snowskate-Verband Österreichs hervorgeht.

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„Wir wollen eine Lobby für unseren Sport etablieren“, erklärt Reinthaler die Verbandsgründung. Denn ähnlich wie beim Snowboarden in den 1990ern, gibt es auch gegen Snowskates mancherorts Widerstände unter den Liftbetreibern, die den Sportlern den Transport verweigern. Zudem veranstaltet „Leise Bretter“ jährlich Rennen, wie das „Skates of Hell“ auf der Innsbrucker Nordkette, für die eine Verbandsstruktur im Hintergrund hilfreich ist. „Die Snowskate-Szene heute ist am ehesten mit der frühen Snowboardszene der 1990er-Jahre vergleichbar“, sagt Reinthaler. Man kennt sich, man hilft sich und hat wann immer möglich Spaß miteinander.

Skates of Hell,

12. März, Seegrube

Am 12. März findet auf der Innsbrucker Seegrube das Snowskate-Rennen „Skates of Hell“ statt. Auf einem Snowskate-Cross-Kurs treten Zweier-Gespanne im K.O.-Modus gegeneinander an. Dabei steht neben dem Wettkampfgedanken vor allem der Spaß im Vordergrund. Jede und jeder kann mitmachen oder einfach nur zusehen und den Sport mal ausprobieren.