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DEZEMBER 2015

Musik aus Tirol

Die Formel der Seepferdchen

6020 stellt Musiker aus Innsbruck vor. Diesmal: Zeta Primes

Fotos: Franz Oss
W

illkommen im wahrscheinlich untypischsten Proberaum der Stadt. Dieser ist knapp neun Quadratmeter groß und an den Wänden hängen keine Bandposter, sondern Bücherregale mit Titeln wie „Allgemeine Relativitätstheorie“ oder „The Riemann Zeta-Function“ sowie ein Beamer. Der Teppichboden ist fleckenfrei. Zum Equipment gehören vier Keyboards, ein E-Drum-Set, Gitarren, ein Computer und Kopfhörer. „Mit einem E-Set ist vieles möglich“, sagt Drummer Patrick, von seinen Freunden Pata genannt. Und tatsächlich ist der Sound von Zeta Primes sehr vielschichtig, auf den Keyboards entstehen atmosphärische Streichermelodien, ihre Lieder erinnern teilweise an Bands wie Bright Eyes oder Radical Face. „Natürlich hätten wir gerne echte Streichinstrumente, aber jetzt kümmern wir uns mal um unser Debütalbum“, erzählt Bandgründer und Sänger Walter. Die aktuelle Besetzung hat sich heuer im September formiert, das erste Album erscheint demnächst bei Crony Records.

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Dass der gebürtige Innsbrucker Pata in Wien lebt, ist kein Problem. „Er studiert die Stücke in Eigenregie ein, aber dann sitzen sie. Auf ihn ist Verlass“, sagt Walter. Die Songideen stammen alle vom Sänger, diese werden gemeinsam verfeinert. „Wir sind eher spontane Tüftler, probieren viel aus, und müssen immer wieder rauchen“, scherzt Bene, „sonst wären wir schneller.“

Na immerhin, ein erfülltes Musikerklischee. Das nur so lange währt, bis die Jungs von Benes Pianisten-Talent schwärmen: Während Walter seine Gitarre stimmt, spielt er einfach Beethoven zur Überbrückung.

Zuerst die Filmmusik, dann die Physik.

Walter aka Charles ist kein Unbekannter in der lokalen Musikerszene. Der Physiker fing bereits 2006 an, ruhige Musik zu machen. „Das waren Balladen, ein bisschen spanisch angehaucht, aber einfache und eingängige Nummern, die mir großen Spaß gemacht haben“, erzählt er. Diese entpuppten sich zudem auch als filmtauglich: So wurden Walters Lieder zum Soundtrack der beiden Low-Budget-Westernfilme „Im Westen nur Bohnen“ und „Mc Finnen & Wallace“ vom Tiroler Regisseur Robert Spindler. Studienkollege Bene stieg 2011 bei Zeta Primes ein, 2012 trat das Duo als Backgroundband beim Polittalk „Jagdclub TV“ auf. Die beiden Burschen spielen auch die Hauptrolle im Video zum eigenen Song „Doors“, das zusammen mit den Filmemachern von Wildruf entstand. Damit siegte das Musiker-Filmemacher Kollektiv 2013 beim Los Gurkos Film Festival. Auch wurde dieser Musikkurzfilm im selben Jahr in der Kategorie „Singing with a reason“ am Interfilm Festival Berlin zwischen Clips von Arcade Fire und White Stripes gezeigt.

„Wir sind eher spontane Tüftler, probieren viel aus, und müssen immer wieder rauchen.“

Bene

 

Walter ist zwar der kreative Kopf, aber er schätzt den nicht minder kreativen und wertvollen Input von Bene, Chrissi und Pata: „Der Sound von Zeta Primes wird mit den Jungs immer gewiefter“, freut er sich. Der Bandname ist übrigens eine Art Kunstwort, und verbindet die obengenannte Zeta-Funktion mit Primzahlen, „weil sie für Mathematiker die Bausteine der Zahlen sind, und was Mystisches an sich haben“, erklärt Walter.

… und die Ästhetik.

Auch das Video zu Zeta Primes‘ Song „Tiny Fish“ hat eine wissenschaftliche Vorlage, hierfür hat Walter nämlich in die sogenannte Mandelbrotmenge reingezoomt. „Ich hab den Computer eine ganze Woche lang eine an und für sich simple Gleichung in 2D rechnen lassen, und das Ergebnis Bild für Bild in einem Video dargestellt“, erklärt der promovierte Physiker. „Wenn man sie so auswertet, entsteht eine unerschöpfliche Komplexität“. Das Ergebnis ist sehr ästhetisch, und sieht ein bisschen aus wie kleine Seepferdchen, die immer wieder aus größeren Seepferdchen entstehen. Das Lied wurde vor einem Jahr für einen „myboshi“-ORF-Werbespot verwendet, und um den Song zu pushen, wollte ihn Walter mit einem Video ergänzen. Die Verbindung von Ästhetik und naturwissenschaftlichen Raffinessen ist der Band überhaupt ein großes Anliegen, so sind Videos ein wichtiger Bestandteil des Schaffens von Zeta Primes. Die komplexen Inhalte werden spannend und cool verbildlicht, und selbst für verwirrte Mathe- und Physiklaien zumindest ein bisschen greifbarer. Falls die Verwirrung bestehen bleibt, hier noch ein Witz von Tasten-Virtuose Bene als Entschädigung: Warum können Seeräuber keinen Kreis berechnen? Weil sie Pi raten.

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Bandmitglieder:

Walter aka Charles Harm
Gesang und Gitarre
Benedikt Bene Unterberger
Piano, Synths und Gesang
Christian Chrissi Anich
Synth-Bass, Percussion und Gitarre
Patrick Pata Huter
Schlagzeug

Die Musik von Zeta Primes in Worten:
Schöner und kluger Indie-Pop von begabten NatWis, die sämtliche Band- und Nerd-Klischees auf den Kopf stellen. Diese Mischung ist originell.

Wo treten Zeta Primes auf?
Hauptsächlich in Tirol.

Bekanntheitsgrad:
Fünf von zehn Noten

Aber: Ihr Sound dürfte einigen bekannt vorkommen. Der Song „Tiny Fish“ wurde für einen Werbespot von „myboshi“ verwendet. Und mit dem Video zu „Doors“ dürfte die Band bekannter sein als erwartet. Zumindest in Russland.