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AUGUST 2020

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Nix außer Streit?

Im Gemeinderat wird nur gestritten – diesen Eindruck kann man schnell gewinnen. Und leider ist er nicht (ganz) falsch.

D

er Gemeinderat ist das höchste und das einzige öffentliche Gremium der Kommunalpolitik. Während die Entscheidungen, die hier getroffen werden, im Normalfall vorab in den Fraktionsstuben und den Ausschüssen beschlossen werden, ist der Gemeinderat der Ort, an dem sie diskutiert werden. Er ist jenes Plenum, in dem die Öffentlichkeit von den Projekten der Stadt und der Arbeit dahinter erfährt. Alle Bürgerinnen der Stadt haben hier die Möglichkeit jene Politiker, die sie vertreten, die sie gewählt haben (oder auch nicht), bei der Arbeit – für sie und ihre Anliegen – zu erleben. Die Parteien nutzen die Sitzungen aber nicht nur, um ihre Positionen, sondern auch ihre Ideologien zu kommunizieren. Und das ist das Problem.

„Parteien positionieren sich im Gemeinderat auch ideologisch. Und das ist das Problem.“

Wenn, wie im Juli-Gemeinderat, die FPÖ einen Antrag für das sogenannte Heimwegtelefon einbringt, in ihrer Formulierung aber nicht um die Erwähnung einer „bestimmten Personengruppe mit unklarem Aufenthaltstitel“, die das Sicherheitsgefühl der Innsbrucker bzw. vor allem Innsbruckerinnen trüben würde, herumkommt, und die Grünen mit einer Studie kontern, die zeigt, dass sich FPÖ-Wähler am meisten fürchten würden – dann hilft das niemandem. Am Ende wird der Antrag abgelehnt, weil die meisten Parteien um solche Formulierungen eben nicht herumkommen, die ÖVP enthält sich, weil auch sie der implizierte Rassismus abschreckt, sie aber doch auch gerne für „Law and order“ stehen, und die FPÖ kann poltern, dass sie die einzige Partei ist, die sich um die Innsbrucker scheren würde.

 

Dabei ist das Thema Sicherheit bzw. das subjektive Sicherheitsgefühl (tatsächlich sinkt die Kriminalität in der Stadt) eines, das es dringend sachlich zu diskutieren gelte. Die Parteien täten gut daran, sich weniger mit sich und mehr mit den Menschen, für die sie arbeiten, zu beschäftigen. Vor allem seit die ihnen auch via Livestream beim Streiten zuschauen können.

 

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