ie Kunst, aus abertausenden MP3-Dateien den Sound-Mix zusammenzustückeln, der perfekt zur aktuellen Clubstimmung passt, mutet irgendwie überirdisch an. Ist sie vielleicht auch. Angy Weitenbacher aka Djane Maria Magdalena beherrscht diese Fertigkeit und bereitet ihre Techno-Sets spontan zu. Auftritte absolviert sie regelmäßig so ziemlich überall zwischen Berlin, Wien, Innsbruck und Norditalien. „Früher habe ich nur Vinylplatten aufgelegt, da überlegte ich mir den Ablauf schon im Vorfeld, weil’s einfach praktischer war“, erklärt sie. Bei einem Repertoire mit über 4.000 Platten (danach hat sie aufgehört zu zählen), kann man’s ihr auch nicht verübeln.
//Heute legen Clubs immer weniger wert auf die Mise en Place der Plattenspieler und Angy geht lieber auf Nummer sicher: „Mein Repertoire ist nun digital, so kann ich auch mehr transportieren“, sagt sie. Dazu gehört beispielsweise Musik aus dem schwedischen Techno-Label Drumcode, von Robert Hood oder m_nus aus Detroit, aber auch vom deutsch-chilenischen Produzenten Ricardo Villalobos, „nur um ein paar zu nennen“, beschreibt sie ihre Techno-Vorliebe. Ihre große Vinylsammlung möchte sie trotzdem nicht weggeben.
Blitz und Bass.
Als Mitte der Neunzigerjahre DJ-Acts wie Marusha oder Mark Spoon die mitteleuropäische Rave-Szene prägten und auch Innsbruck besuchten, hatte Angy viele Freunde in der Szene: „Ich liebe diese Musik, seit ich 13 bin“, erzählt die 39-Jährige. Ihr gefiel die bunte, laute, lässige Welt, in der alle miteinander feierten. „Mit Trillerpfeifen, Lackhemden, Gasmasken. Und viel Stroboskopblitzen und Bass. Tanzen bedeutete Freiheit“, beschreibt sie den dazugehörigen Lifestyle, in dem Buffalo-Treter, kleine Aliens und Lavalampen Hochkonjunktur hatten. Die Musik war schnell und zackig. Dann wurde sie um viele Facetten reicher und entwickelte sich weiter.
Techno ist Kunst
DJane Maria Magdalena ist auch Mitglied des Wiener Kollektivs Bunker Mukke, das in unterschiedlichen Locations zwischen Wien und Berlin multimediale Events mit elektronischer Musik, Performances und live kreierten Visuals veranstaltet. Das Ganze wird gefilmt und ist unter ihren gleichnamigen Kanälen in allen relevanten sozialen Netzwerken zu sehen und zu hören. Bunker Mukke engagiert sich zudem als Plattform für female und transgender Acts.
Und heute? „Schnell und zackig ist Techno nach wie vor, aber die Tanzevents sind anders als früher, haben heute eher einen Konzertcharakter, wo die Besucher alles Mögliche mit dem Handy festhalten“, stellt die DJane fest. Dennoch hütet sie sich davor, das Früher zu verklären und das Heute zu bekritteln. Das Wesentliche am Techno ist damals wie heute nämlich seine Kompromisslosigkeit: „Techno will nicht massentauglich sein. Einlassen oder sein lassen“, stellt Angy lächelnd klar. Ihr Publikum überzeugt sie mit der hypnotischen Kraft ihrer Techno-Beats, die die Tanzstimmung stets voran Richtung Höhepunkt treibt.
„Ich liebe diese Musik seit ich 13 bin.“
Angy aka Maria Magdalena liebt Techno seit ihrem 13. Lebensjahr. Privat mag sie aber auch Soul und Gospel, die Rolling Stones, Tina Turner und Nina Simone.
Techno ist Politik
Im Rahmen der Innsbrucker stadt_potenziale hat der Verein contrapunkt die Initiative "Reclaim your Club"initiiert, um den Mikrokosmos Club kritisch neu zu denken.
Im Kleinen spiegelt dieser nur vermeintlich unpolitische Raum nämlich viele gesellschaftlichen Verhältnisse wider, darunter auch Probleme wie Diskriminierung oder strukturelle Mängel.
Ein Beispiel gefällig? Unter allen gebuchten Techno-Acts der Wiener Techno-Szene zwischen 2014 und 2016 waren nur 9,3 Prozent weiblich. Zahlen zu Tirol lassen sich leider nicht ermitteln, es darf jedoch angenommen werden, dass sie den Trend der Hauptstadt bestätigen. Über 500 gelistete Techno-DJanes oder Produzentinnen auf Plattformen wie Femdex.net beweisen, dass es auch anders ginge.
Trotzdem sind Frauen an den Turntables oft noch eine Ausnahmeerscheinung, „aber nur, weil sie seltener gebucht werden. Dabei gäbe es viele talentierte Künstlerinnen. Und die gehören integriert“, sagt Angy. Die ganze Szene würde dadurch abwechslungsreicher und lebendiger werden „damit sich nicht nur die Typen selbst feiern“, ergänzt sie schmunzelnd. Dann erzählt sie vom oft gehörten Irrglauben, Frauen hätten es dank Oberweite und gutem Aussehen ohnehin leichter, als wären „richtige“ Skills gar nicht notwendig. Von DJanes, die sich Masken und Pseudonyme zulegen und plötzlich von Leuten, vorwiegend Männern, regelrecht verehrt werden, obwohl sie sie ohne Tarnung noch scheiße fanden – bei gleichbleibendem Musikstil wohlgemerkt. Und von dreisten Kollegen, die den DJ-Pult partout nicht freigaben, als sie mit ihrem Set dran gewesen wäre. Angy lässt sich aber nicht lumpen, jammert nicht und setzt sich durch.
„Techno will nicht massentauglich sein. Einlassen oder sein lassen.“