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AUGUST 2019

Platz ist in der kleinsten Hütte

Die Innsbrucker Biologin Caroline Linhart suchte Großes im Kleinen und fand ein aufregendes Campingprojekt: den wohl kleinsten Van der Welt in ein vollwertiges Wohnmobil umzubauen.

Fotos: Franz Oss
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ervolenkung? Fehlanzeige! ESP? Nein! Airbag-Phalanx, Schwebesitze, elektrische Seitentüren, Standheizung usw. ... Hat der Piaggio Porter nicht, braucht er nicht! Dafür ist der italienische Micro-Van bei aller äußeren Kompaktheit – sogar ein VW up! ist um 10 cm länger – im Inneren fast schon unheimlich geräumig, Unterflurmotor sei Dank! 

 

Hotel für Zwei.

Deshalb (und wegen des billigen Einstandspreises) hat ihn die Innsbrucker Forscherin und Kletterin Caroline Linhart auch gesucht, schließlich in Trient gefunden, selbst importiert und von August 2017 bis April 2018 zum Hauptprojekt ihrer poststudentischen Erholungsphase gemacht. Herausgekommen ist ein Wohnmobil, das dank seiner Winzigkeit in jedem italienischen oder französischen Dorf wieselflink um die engsten Ecken und weiter über schmalste Wege zu teilweise entlegenen Klettergebieten flitzt. Genauso wichtig ist aber, dass der Porter nach der Klettertour als rollende Unterkunft alle Stückln spielt beziehungsweise alle wesentlichen Annehmlichkeiten eines „echten“ Wohnbusses bietet.

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 Im Umbau-Lastenheft standen deshalb gleich mehrere Posten, die langsam unter einer verbindenden Idee Gestalt annehmen sollten: auszuloten, was an Wohnraum auf kleinstem Raum möglich ist, wenn man auf unnötigen Ballast verzichtet und sich beim Umbau auf das Wesentlichste und Notwendigste beschränkt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

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Campingspaß ist keine Frage der Größe. 

Piaggio Porter Kastenwagen

Der Piaggio Porter basiert auf dem Daihatsu Hijet, der vom italienischen Vespa-Hersteller Piaggio zwischen 1992 und 2002 für die Toyota-Tochter Daihatsu gebaut wurde. Inzwischen produziert Piaggio den Porter als Daihatsu-Lizenz. 

Der Piaggio Porter ist in Österreich nicht mehr erhältlich. Kaufwillige müssen Benzin-, Diesel- und E-Neuwagen über Deutschland beziehen und in Eigenregie importieren. Gebrauchte Exemplare lassen sich mit etwas Geduld in den gängigen Gebrauchtwagenbörsen finden. 

www.piaggiocommercialvehicles.com/de

Caroline Linharts
Piaggio Porter

Erstzulassung: 2006 

Eigengewicht leer: 920 kg

Höchstzulässiges
Gesamtgewicht: 1.500 kg

Höchstgeschwindigkeit:
130 km/h

Motor: Benzinmotor 

Hubraum: 1.296 cm≥

Leistung: 48 kW/65 PS

Verbrauch: 7 Liter bis maximal
8,6 Liter auf 100 km 

Mafle (L/B/H): 3,4 / 1,4 / 1,7 Meter

Kaufpreis: 2.000 Euro

Preis Umbau: 2.000 Euro

3,4 Meter Gemütlichkeit.

Inspiriert von Bauplänen aus dem Internet (siehe Factbox) wuchs Caroline Linharts kleiner Porter zum Wohnmobil mit einer Liegefläche für zwei, 220 Volt-Bordstrom, Hitze- und Kältedämmung, ausreichendem Stauraum für Kletterutensilien und Kleidung, einer Schlechtwetter-Leseecke, blickdichter Verdunkelung und vor allem einem wohnlichen Ambiente. Letzteres kann jeder Betrachter sofort bestätigen, gemütlicher haben 3,4 Meter Kastenwagen wohl selten ausgesehen. Dass sich im Micro-Piaggio aber ein Bett mit unglaublichen 120 x 190 Zentimeter Liegefläche ausgehen kann, ist weniger offensichtlich. 

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Die Überraschung folgt auf dem Fuß: Per variablem Lattenrost wird aus der Couch mit einem Meter Sitzhöhe in wenigen Augenblicken ein Bett, das größer ist als das im VW California. Ein zweiflammiger Gaskocher fährt unter dem Bett auf Schienen heraus und verschwindet nach Benutzung auch wieder in Windeseile. Gekocht wird unter dem Schutz der Hecktür, geschlafen wird unter dem Schutz eines gedämmten und verkleideten Dach-himmels. 

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Die Lieferwagen-Seitenteile sind mit Holz ausgebaut, Strom für Laptop etc. bietet eine zweite Batterie samt Stromumwandler, eine eigene Bordbibliothek fasst alle Reise- und Kletterführer, zudem Klassiker der modernen französischen Literatur.

Derart ausgestattet ist Carolines Porter permanent im Einsatz, zur Ruhe wird er frühestens im Herbst kommen, wenn die Umbauphase zwei angedacht ist. Dann kann es sein, dass zwar noch etwas „Ballast“ in Form einer Dusche am Dach oder eines zusätzlichen Fensters in den Bus einzieht, an der grundsätzlichen Idee wird das allerdings nichts ändern: mit ganz wenig Auto, ganz viel Spaß zu haben.

Wandelbare Couch, Bordbibliothek: Der Piaggio Porter spielt alle Stückln.

Bau-Inspiration

 Körmi Körmet: 

www.koermi-koermet.com

 Woodkali: 

www.woodkali.de

 Daniel Kalinowski:

www.passport-diary.com/basisfahrzeug/
daihatsu-hijet-s85-wohnmobil

 Für weitere Informationen zum Umbau: 

[email protected]