Zweimal klingelt es, dann antwortet eine freundliche,
weibliche Stimme: „Hallo, Rauchfrei Telefon.“
Ich: „Hallo, ich würde gerne wissen, wie Sie Betroffenen helfen können, mit dem Rauchen aufzuhören.“
Stimme: „Dafür ist diese Anlaufstelle definitiv zuständig.
Darf ich fragen, woher Sie unsere Nummer haben?“
Ich: „Von der Tabakpackung.“
Stimme: „Das heißt, Sie wuzeln selbst Zigaretten?“
Ich: „Äh. Ja. Nein. Ab und zu.“
Stimme: „Verstehe. Und Sie möchten Ihr Rauchverhalten
sozusagen beenden, aufhören?“
Ich: „Grundsätzlich bin ich an der Hotline interessiert, um das Angebot kennenzulernen. Es geht nicht konkret um mich, sondern viel mehr
um andere Betroffene, die Ihre Nummer auf den Zigarettenschachteln lesen und sich fragen, was geschieht, wenn man diese Nummer anruft.“
Stimme: „Das kann ich Ihnen auf jeden Fall gerne schildern.“ (...)
"Das Besondere ist, dass mit Ausnahme des Erstkontakts wir es sind, die die Hilfesuchenden anrufen."
Sophie Meingassner
Der Hintergrund.
Seit 20. Mai 2016 ist es in den EU-Ländern Pflicht, auf Tabak- und Zigarettenpackungen mit Text (zum Beispiel „Rauchen lässt Ihre Haut altern.“) und Bild (z. B. Raucherlunge oder -fuß) vor den gesundheitlichen Folgen des Rauchens zu warnen. Zudem ist eine Kontaktstelle anzugeben, wo Betroffene Informationen zum Thema Rauchen und Rauchentwöhnung erhalten. In Österreich ist es das „Rauchfrei Telefon“.
//Dass es sich dabei um eine österreichweite Anlaufstelle für kostenlose, telefonische Beratungen für Raucher handelt, war zumindest am Anfang nicht allen klar, sagt Sophie Meingassner, fachliche Leiterin des „Rauchfrei Telefon“: „Mit den neuen Zigarettenpackungen hat es großen Informationsbedarf gegeben. Viele haben sich an uns gewandt, um sich zu beschweren, oder auch, weil die genauen Inhaltsstoffe nicht mehr abgebildet waren.“
Abschrecken wirkt?
Neben Protestanrufen, die nach ein paar Wochen wieder abklangen, stieg mit der Einführung der sogenannten kombinierten Warnhinweise auch die Anzahl der Hilfesuchenden.
Die Beratungsgespräche haben sich im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr laut Meingassner von 3.500 auf 7.200 mehr als verdoppelt. „Unsere Erfahrungen wie auch internationale Berichte zeigen, dass die EU-weite Maßnahme greift. Durch den Aufdruck hat sich außerdem das Verhältnis der Geschlechter innerhalb der Anrufergruppe verändert. So ist der Anteil der männlichen Anrufer leicht gestiegen und liegt jetzt bei 64 Prozent. Auch die Altersgruppen haben sich verändert. Seit Mai 2016 rufen mehr junge Menschen an.“
//Fast drei Viertel aller Anrufer geben an, durch den Hinweis auf den Tabakerzeugnissen von der Nummer erfahren zu haben. Vor der neuen Regelung, als die Nummer nur auf jeder 14. Packung anzugeben war, waren es nur sieben Prozent. Viele Hilfesuchende, sagt Meingassner, würden durch die Schockbilder verstärkt das Bedürfnis verspüren, rauchfrei zu werden.
Die Methode.
Die Telefonberatungen werden von Gesundheitspsychologen durchgeführt. Der Ablauf der Gespräche ist sehr individuell und hängt von vielen Faktoren, unter anderem von den Zielen des Anrufers, ab. „In einem Erstgespräch geht es in der Regel aber darum, sich ein Bild des Betroffenen und seiner körperlichen und psychischen Abhängigkeit zu verschaffen“, erklärt die freundliche Stimme. Dabei hilft ein Protokoll, das Anrufer auf rauchfrei.at finden oder per Post erhalten, und das sie in einem weiteren Schritt ausfüllen und mit den Beratern besprechen.
Es kommen verhaltenstherapeutische Methoden zur Anwendung. Bei körperlicher Abhängigkeit wird zum Beispiel über Nikotinersatzprodukte aufgeklärt, bei psychischer Abhängigkeit geht es darum, neue Verhaltensweisen zu erlernen. Grundsätzlich wird mit der sogenannten Schlusspunktmethode gearbeitet, das heißt, der Raucher hört an einem bestimmten Tag mit dem Tabakkonsum auf. Der komplette Prozess der Rauchentwöhnung wird telefonisch begleitet. „Das Besondere ist, dass mit Ausnahme des Erstkontakts wir es sind, die die Hilfesuchenden anrufen. Das erleichtert den Prozess der Rauchentwöhnung zusätzlich“, erklärt Sophie Meingassner.
Ein Drittel schafft es.
Wie lange es dauert, bis man mit dem Rauchen aufhören kann, ist sehr individuell. Im Schnitt benötigen die Anrufer sechs bis sieben Telefonate über einen Zeitraum von durchschnittlich drei Monaten. Dabei spielt auch die Rückfallprophylaxe eine Schlüsselrolle. So können die Betroffenen das „Rauchfrei Telefon“ auch noch nach Abschluss der Beratung kontaktieren.
//Eine Evaluierung der Telefonberatungsstelle im Jahr 2015 hat ergeben, dass 30 Prozent der Anrufer nach einem Jahr rauchfrei sind.
Ich: „Gibt es Wartezeiten?“
Stimme: „In der Regel nicht. Wenn ein Telefonat reinkommt und wir es nicht sofort anbieten können, ein Erstgespräch zu führen, dann können wir das definitiv binnen einer Woche tun.“
Ich: „Vielen Dank für die Auskunft.“
Telefonische Hilfe
Das „Rauchfrei Telefon“ wurde im Mai 2006 mit dem Namen „Rauchertelefon“ initiiert. Seit 2014 heißt es „Rauchfrei Telefon“. Finanziert wird die Beratungsstelle von den Bundesländern, den Sozialversicherungsträgern und dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen. Betreiberin ist die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse. Mit der Einführung der Text-Bild-Warnhinweise auf Tabakprodukten wurde das Angebot ausgebaut. So gibt es mittlerweile drei kostenlose Leitungen und eine Smartphone-App.
Die Telefonnummer: 0800/810 013
Montag–Freitag: 10–18 Uhr
App: www.rauchfreiapp.at
Die EU-Tabakrichtlinie
Mit der 2014 verabschiedeten EU-Tabakrichtlinie ist es seit 20. Mai 2016 in allen EU-Ländern unter anderem Pflicht, auf Tabak- und Zigarettenverpackungen mit Text und Bild auf die gesundheitlichen Folgen des Rauchens hinzuweisen sowie eine Informationsstelle zur Rauchentwöhnung anzuführen.
Die Text-Bild-Kombination muss 65 Prozent der Packung bedecken.
Ziel der Richtlinie ist es, vor allem junge Leute vom Rauchen abzuhalten.