ans Breuer ist ein ganz und gar ungewöhnlicher Mann. Geboren als Sohn jüdischer Kommunisten, wurde ihm die nach wie vor deutlich spürbare antisemitische Grundstimmung in der österreichischen Hauptstadt der Nachkriegsjahrzehnte unerträglich. Seine Lösung: Er zog aufs Land, genauer gesagt in die ländliche Einöde nahe der ungarischen Grenze, um dort Wanderschäfer zu werden und jiddische Lieder zu singen und zu komponieren.
Dringend notwendig.
In „Refugee Lullaby“ folgt die israelische Filmemacherin Ronit Kertsner Breuers reduziertem Leben mit ihrer Dokumentarkamera. Und obwohl sie immer wieder Szenen des Schäferdaseins und des Wohnens am einsamen Waldesrand einfängt und dabei ein Leben wie aus einer anderen Zeit und Welt zeigt, stellt sie nicht den Schäfer Hans Breuer in den Mittelpunkt ihrer Dokumentation. Kertsner ist mehr an der sozial aktiven Person Breuer interessiert, die neben seinem Beruf und einem aktiven Familienleben die Kraft findet, in Zeiten der akuten Flüchtlingskrise vor den Toren Österreichs als Flüchtlingshelfer aktiv zu werden.
Refugee Lullaby, Dokumentation. Israel, Österreich 2019. 73 Minuten. Mit: Hans Breuer, Verena Krausneker, Mingo Georgi
Dabei entdeckt Kertsner ihrem Publikum, dass ein humanistisch gesinnter Helfer wie Hans Breuer bei einer menschlichen Tragödie nicht nur dringend benötigt wird, sondern auch einen wesentlichen Unterschied macht: den eines Menschen, der sich weit aus seiner eigenen Komfortzone herausbewegt und dadurch im Kleinen Leben ermöglicht, wo sonst in Zeiten der allgemeinen Ablenkung und des Wohlstandskampfs sogar ein soziales Drama direkt vor der Haustüre versteckt bleiben kann und damit unmenschliche Zustände begünstigt werden.
//Breuer selbst beschreibt sich dabei in einem seiner Kommentare vor laufender Kamera nicht als Wohltäter, sondern als Mensch, der mit dem Leiden von Flüchtlingen aus seiner eigenen jüdischen Geschichte heraus solidarisch ist und deshalb aktiv werden muss.
//So wird „Refugee Lullaby“ zur berührenden Begegnung mit einem Ausnahmemenschen, der durchaus zum Role-Model taugt, so man selbst in der glücklichen Lage ist, helfen zu wollen und zu können.