an kann alle Leute eine Zeit lang an der Nase herumführen und einige Leute die ganze Zeit, aber nicht alle Leute die ganze Zeit.“ Dieses Zitat Abraham Lincolns stellt Regisseurin Ruth Beckermann ihrem Dokumentarfilm „Waldheims Walzer“ über die umstrittene Wahl Kurt Waldheims zum österreichischen Bundespräsidenten 1986 voran. Was sie Waldheim damit vorwirft, ist nicht weniger, als in exponierter politischer Position bereits als UN-Generalsekretär die Weltöffentlichkeit belogen zu haben.
Weltweiter Aufschrei
In den Siebzigerjahren fand der „kreati-
ve“ Umgang Waldheims mit der eigenen Vita noch wenig Beachtung. Das änderte sich, als er für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten kandidierte. Ausgehend von einem „Profil“-Artikel und Veröffentlichungen der New York Times und des Jüdischen Weltkongresses wurde Waldheim 1986 eines „partiellen Gedächtnisverlustes“ überführt: Dass er am Balkan Ordonanzoffizier im Stab des später als Kriegsverbrecher hingerichteten Generals Alexander Löhr gewesen ist, verschwieg Waldheim ebenso wie seine Mitgliedschaft in der SA und im NS-Studentenbund.
Jetzt erst recht
In Österreich mobilisierte sich gegen den Aufschrei der Weltöffentlichkeit eine teilweise antisemitisch motivierte „Wir lassen uns nichts vorschreiben“-Mentalität. Sie führte trotz innenpolitischer Gegenströmungen 1986 zur Wahl Waldheims. Die USA erließen im April 1987 ein Einreiseverbot. 1988 ermittelte eine internationale Historikerkommission, dass Waldheim zwar keine Verbrechen begangen, aber Detailkenntnisse von Mordbefehlen, Deportationen und Morden in seiner Umgebung gehabt hatte. Dass er diesen Tatbestand leugnete, trübte das Bild Waldheims bis zu seinem Tod 2007.
//Diesem Politkrimi geht Ruth Beckermann mit zeitgenössischen Videobildern und einer Fülle an spannendem Archivmaterial nach. Die große Leistung von „Waldheims Walzer“ ist, dass er als gekonnt umgesetzter Dokumentarfilm zeigt, dass ein dem internationalen Ansehen Österreichs schadender politischer Schulterschluss von „Schwarz-Blau“ keine Novität der Jetztzeit ist.