Man hat sich vorgenommen, hier „ein Stück Stadt zu bauen“.
nnsbruck, Radetzkystraße, an einem sonnig-warmen Spätsommertag. Die Fläche, die hier neu bebaut wird, ist bereits umzäunt worden. Auf einer Infotafel können Interessierte die Eckdaten des Großprojekts nachlesen. Die Bauträger sind die Innsbrucker Immobiliengesellschaft (IIG) und die Neue Heimat Tirol (NHT). Hier entstehen demnächst zirka 1.000 geförderte Wohnungen, Sportanlagen, Grünflächen sowie die soziale Infrastruktur, die zum neuen Lebensraum passt. „Im Gegensatz zu den bereits vorhandenen, monofunktionalen Wohnhäusern, die bis zum Erdgeschoß bewohnt sind, soll das neue ‚Campagne‘-Areal vielfältiger werden“, erzählt Paul Klumpner von den ISD, der das neue temporäre Stadtteilzentrum leitet und die soziale Stadtteilentwicklung gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren betreut.
//„Bereits fix geplant sind zum Beispiel Erdgeschoßflächen für Geschäfte, soziale Einrichtungen und so weiter. Das soll den neuen Stadtteil lebendiger und multifunktional machen“, erklärt Klumpner. Man hat sich vorgenommen, hier „ein Stück Stadt zu bauen“.
Da sich in der Reichenau sehr viel verändern wird, ist Klumpner die Ansprechperson direkt vor Ort und übernimmt dabei drei Funktionen: Er wird zum einen Auskunft über das aktuelle Baugeschehen geben und im Sinne der Transparenz als eine Art Mediator fungieren. Seine zweite Aufgabe ist, alle beteiligten Akteure, also Anrainer, Gewerbetreibende, Kulturschaffende, soziale Einrichtungen, Schulen, aber auch die Stadtpolitik und die Verwaltung miteinander zu vernetzen. Und last, but not least wird er das „Campagne“ in der Radetzkystraße betreuen, einen neuen, offenen Treffpunkt für Anrainer und verschiedenste Initiativen. Erbaut wurde dafür eine markante, offene Holzkonstruktion mit Pavillon, die als Veranda von zwei klimatisierten Containern dient. Dazu aber später.
Schachzüge und Livekonzerte.
Das „Campagne“ ist nicht die erste Zwischennutzung, die Paul Klumpner betreut. Gemeinsam mit Vinzenz Mell und Hannes Baumann hat er mit dem Verein Brache bereits zwei temporäre Kulturorte in der Stadt initiiert, das „Öl“ in St. Nikolaus und das „Motel“ in Wilten.
„Hier kann man alles machen, was man selbst spannend findet.“
Paul Klumpner, ISD
Offiziell eröffnet wird es am 6. Oktober um 15 Uhr mit einem Konzert der Swing-Jazz-Kombo Hot Club du Nax und mit dem lokalen David Singkreis.
//„Wir sind aber in Zukunft offen für verschiedene Veranstaltungen“, erzählt Klumpner beim Besuch der neuen Holzkonstruktion. Diese verfügt über eine Bar, ein WC, ist teilweise überdacht, wird noch mit Lautsprechern und Beamer ausgestattet werden und bietet in den hinteren Containern Platz für offene und private Feiern im kleinen Rahmen. Diese Container sind im Inneren ebenso mit Holz verkleidet und punkten dadurch mit fast heimeligem Stubenflair. „Wenn sich jemand für Schach interessiert, kann er oder sie einen Schach-Nachmittag anbieten, egal ob für Kinder, Jugendliche oder Erwachsene“, nennt er ein Beispiel. Für kleine Konzerte, Filmabende oder Diskussionsrunden steht der Pavillon ebenso zur Verfügung – und das zu jeder Jahreszeit, bis 22 Uhr. Für Privatfeiern wie Kindergeburtstage wird ein erschwinglicher Mietbetrag verlangt, ansonsten ist der Zugang offen.
//„Dieser Treffpunkt soll allen Interessierten einen Raum bieten, um aktiv zu werden. Hier kann man alles machen, was man spannend findet“, fasst Klumpner zusammen, er selbst unterstützt die Interessierten dabei.
Willkommen sind auch Impulse aus anderen Stadtteilen, um einen breiteren Austausch über die Events, aber auch über den urbanen Lebensraum im Allgemeinen zu ermöglichen. Das Thema Stadtentwicklung betrifft schließlich nicht nur die Reichenau, sondern alle Einwohner Innsbrucks.
Die Architektur des Zusammenlebens.
Davon ist auch Walter Prenner vom Studio3, dem Institut für experimentelle Architektur der Uni Innsbruck, überzeugt. Er hat jene Gruppe von 20 Studierenden im sechsten Semester geleitet, die heuer in einer internen Challenge 17 Entwürfe für den Pavillon gestalteten. Die Wahl fiel am Ende auf ein Design des Architektenkollektivs Krater Fajan. Den Bau übernahmen alle beteiligten Studierenden, und zwar unentgeltlich. Ein Zimmermann unterstützte sie bei den Arbeiten, die drei Wochen dauerten.
//Für die Studierenden war diese Art der Auseinandersetzung durchaus eine Herausforderung. Es ging um Zeit- und Geldfragen, also Themen, mit denen sie an der Uni bislang kaum Kontakt hatten, aber auch um schwere körperliche Arbeit:
„Bauen ist furchtbar anstrengend und niemand sollte dabei schlecht aussteigen. Zudem hat Architektur immer eine sozialgesellschaftliche Komponente. Die Studierenden haben vieles gelernt, aber auch einen großen Beitrag geleistet“, lobt Walter Prenner seine engagierte Truppe, die während der Bauarbeiten oft mit Anrainern ins Gespräch kamen. „Die Anrainer haben großen Respekt für die handwerkliche Tätigkeit gezeigt. Es ging also um einen mehrfachen Lerneffekt. Bauprojekte müssen nun mal auf Vertrauen fußen, und diese kann nur durch gezielte Kommunikation entstehen.“
//Halbinformationen hingegen würden Vorurteile schüren, ist Prenner überzeugt: „Solche Baumaßnahmen nur von außen zu betrachten, um sie sofort irgendwie abzustempeln, ist leider zu wenig.“ Umso wichtiger sei also die Aufgabe der Stadtteilzentren, die Scheu abzubauen und im Kleinen eine eigene, neue Identität zu schaffen. „Ein sinnvoller Austausch hat unglaubliches Potenzial“, sagt Prenner. Die Architektur des „Campagne“-Treffpunkts müsse jetzt nur noch mit Leben gefüllt werden.
„Architektur Hat immer eine sozialgesellschaftliche Komponente.“
Walter Prenner, Studio3
Mehr Infos
Das „Campagne“ ist offen für alle Interessierten. Paul Klumpner bietet eine Stadtteilsprechstunde an, und zwar jeden Dienstag von 10 bis 12 Uhr und jeden Mittwoch von 16 bis 18 Uhr. Infos findet man auch auf Facebook und Instagram!
Offizielle Eröffnung
Samstag, 6. Oktober, 15 Uhr Musik: Hot Club du Nax und David Singkreis Reichenau, Kinderbetreuung vom Jugendland, Buffet