as für eine Reise: Gerüche werden plötzlich sichtbar, Geschmäcker hörbar, aus Klängen entstehen Formen. Die halluzinogene Wirkung von LSD ist seit der Hippiezeit der 1960er von einer sagenhaften Aura umgeben, sie soll eine Horizonterweiterung der besonderen Art ermöglichen. Für Jugendliche ist diese Vorstellung besonders reizvoll. „Sie sind neugierig und wollen etwas Spannendes erleben, das durch Verbote noch interessanter erscheint“, sagt Gerhard Jäger. Der Drogenberater im Innsbrucker Jugendzentrum z6 hat durch seinen Beruf einen direkten Einblick in die illegalen Trends des jungen Innsbrucker Partyvolkes. Konkrete Schlüsse auf „den“ typischen LSD-Konsumenten lassen sich für ihn aber nicht ziehen. Ob Schüler oder Lehrling – die Jugendlichen nehmen LSD, weil sie Spaß haben wollen. Was viele von ihnen aber nicht wissen: Hier geht es um eine Substanz, mit der man extrem vorsichtig umgehen sollte.
Russisches Roulette.
Ein Trip bedeutet zunächst nur marginalen Stress für Körper und Kreislauf, sofern nicht unterschiedliche Substanzen gleichzeitig konsumiert werden. Am meisten belastet wird allerdings die Psyche. Halluzinogene beeinflussen die Serotonin-Rezeptoren, also den Empfang der sogenannten Glückshormone im Gehirn. „Dadurch wird unser Wahrnehmungsfilter gestört, der es uns ermöglicht, Erlebnisse zu verarbeiten“, schildert Gerhard Jäger. Sämtliche Wahrnehmungen wirken in diesem Fall ungefiltert auf die Psyche, was rasch zur Reizüberflutung führen kann – vor allem auf belebten Partys.
//Der Überschuss an ineinander verschwimmenden Eindrücken ist sehr schwer zu verarbeiten, speziell, wenn dadurch verdrängte Probleme wieder hochkommen. Davor warnen auch Mediziner. „Die Gefahr eines Horrortrips und bleibender Schäden ist selbst bei einem einmaligen Konsum gegeben“, weiß Michael Willis von der Psychiatrie der Universitätsklinik Innsbruck. Seine Horrortrip-Patienten schwören dem LSD-Konsum für gewöhnlich mit einem „Nie wieder“-Versprechen ab.
„Die Gefahr eines Horrortrips und bleibender Schäden ist selbst bei einem einmaligen Konsum gegeben.“
Dr. Michael Willis, Psychiatrie der Universitätsklinik Innsbruck
Der Psychiater warnt vor der schwer absehbaren Wirkung von LSD, sie hänge von der Dosierung, Qualität und Reinheit der Substanz ab, aber auch vom Setting und von der generellen psychischen Verfassung der Konsumenten. „Selbst eine Kleinigkeit kann die Stimmung ins Negative drehen, was für eine junge, nicht ganz gefestigte Persönlichkeit noch riskanter ist.“ Je nach Dosierung sind laut Willis auch Aggressionen oder epileptische Krampfanfälle als Vergiftungserscheinungen möglich – abgesehen vom Risiko eines Flashbacks oder von bleibenden Psychosen.
Langfristige Folgen.
Bei einem Horrortrip kippt das Rauscherlebnis von schön und bunt ins Unheimliche, der Körper reagiert auf die Reize mit Magenschmerzen und Erbrechen. Ein Flashback kann auch erst eine Weile nach einem Trip auftreten – egal, ob dieser gut oder schlecht lief. Als Auslöser genügt eine minimale Assoziation mit dem erlebten Rausch wie ein Geruch oder ein Lied, und urplötzlich ist der Rauschzustand wieder da. „Wenn das ausgerechnet bei der Arbeit mit Maschinen oder während einer Autofahrt passiert, kann das fatale Folgen haben“, warnt Jäger. Falls sich nach einem LSD-Trip der Charakter eines Menschen so stark verändert, sodass er nicht mehr zwischen Wirklichkeit oder Halluzination unterscheiden kann, deutet dies auf permanente Schäden hin, die psychiatrisch behandelt werden sollten.
Information statt Vorwurf.
Das Lysergsäurediethylamin, kurz LSD, wird halbsynthetisch aus dem Mutterkorn gewonnen – einem Pilz, der auf Getreide wächst. Die Substanz ist farb-, geschmacks- und geruchslos und wird oral eingenommen. Hierfür wird die Flüssigkeit auf Löschpapierblättchen getröpfelt oder als Mikrotabletten auf dem Schwarzmarkt angeboten. Der Stoff wirkt bereits ab 20 Mikrogramm, erhältlich sind aber auch Präparate, die mit 250 Mikrogramm und mehr besonders hochdosiert und auch gefährlich sind. „Ein Tropfen ist keine präzise Mengenangabe“, erklärt der z6-Drogenberater, darum schwanke die Dosierung auch so sehr. „Beim LSD-Kauf ist die Qualität nicht einsehbar, ein Gütesiegel gibt es natürlich nicht“, fügt er hinzu.
//Allerdings können die Trips bei der mobilen Drogenarbeit anonym und kostenlos getestet werden. „Es wird immer Konsumenten geben – und es ist unsere Aufgabe, sie richtig zu informieren und gegebenenfalls beim Aufhören zu unterstützen“, erklärt Jäger. Der erhobene Zeigefinger sei dabei kontraproduktiv, nur ein ehrlicher Austausch erweist sich als nützlich, um Risiken zu reduzieren. Denn Gerhard Jäger stellt immer wieder fest, wie wenig informiert manche Jugendlichen sind, obwohl sie Verschiedenes konsumieren: „Manche Kids verfügen etwa über spärliche Infos über den Einsatz von Cannabis in der Krebstherapie und halten das Rauchen von Joints für gesund.“
„Es wird immer Konsumenten geben – und es ist unsere Aufgabe, sie richtig zu informieren und gegebenenfalls beim Aufhören zu unterstützen.“
Gerhard Jäger, Drogenberater z6
Blau-grünes Pulver?
Am Silvesterabend kam auf einer Party im Hafen eine mysteriöse Substanz in Umlauf, die bei mehreren Konsumenten heftige Symptome verursachte. Sie wurden ins Krankenhaus gebracht, die Feier wurde polizeilich abgebrochen. Nun wurde die gleiche Substanz in einem vermeintlichen LSD-Trip nachgewiesen, der von einem Konsumenten beim Drug-Checking im z6 abgegeben wurde. Es handelt sich dabei um sogenanntes 25I-NBOMe, eine halluzinogene Substanz, die bereits im Mikrogrammbereich wirkt und sowohl in Pulverform als auch in flüssiger Form in Umlauf ist. „Eine genaue Dosierung scheint unmöglich. Welcher Wirkstoff enthalten ist, kann letzten Endes nur im Labor herausgefunden werden“, sagt Jäger. Einen Konsum ohne Risiko gibt es eben nicht.
Die Gefahren
Ein volles Szenelokal oder eine Party wären die falschen Orte, um LSD zu nehmen. Aufgrund der großen Belastung für die Psyche sollten LSD oder Pilze keinesfalls regelmäßig konsumiert werden. Die intensive Wirkung kann zu anhaltenden Veränderungen der Persönlichkeit bis hin zu Depressionen und Psychosen führen. Die Drogenarbeiter des z6 raten vom Konsum von LSD und Pilzen im Jugendalter dringend ab.
Mehr Infos:
www.drogenarbeitz6.at