Vergilbte Seiten, eigenwillige Titel und zerzauste Einbände: Bücherflohmärkte haben einfach einen gewissen Charme. Manche Menschen hinterlassen in ihren Büchern Spuren und erzählen ungewollt eigene Geschichten. Bevorzugt tun sie das auf dem sogenannten „Schmutztitel“, der Seite, die gleich auf den Buchdeckel folgt und meist nur spärlich bedruckt ist. Dass Bücher verschenkt, verliehen und nicht nur zum Lesen genutzt werden, merkt man vor allem auf dieser Seite, die zur Bühne für Widmungen, Botschaften oder Kritzeleien aller Art wird.
Ratgeber
„Auch Du kannst besser leben“
Dass es aber nicht nur Mütter mit ihren Kindern gut meinen, sondern das Umgekehrte auch der Fall ist, beweist Konrads Botschaft an seine Mama. Ein besseres Leben wünscht er ihr – das Buch soll ihr Anfang und Anregung sein.
Rätsel
„Innsbruck 3. Februar 1928“
Was das lange, ungewöhnliche Wort in der Mitte der ersten Zeile bedeutet, ist sogar dem kundigen Leser nicht ohne berechtigte Zweifel verständlich. Es bleibt ob seiner Außergewöhnlichkeit zwar hängen, eindeutig ist es aber nicht. Die Beziehung des Schreibers der Nachricht zum Adressaten ist jedoch durch Titel des Buches und Unterschrift der Widmung klar ersichtlich.*
*Auflösung:
Zur Vierteljahrhundertwende deines Lebens! „Mutterliebe die beste Liebe. Gottesliebe die höchste Liebe!“
deine Mutter
Innsbruck 3. Februar 1928
Matheübung
Setzen, fünf!
Ob hier ein Vater seinem Sohn das schriftliche Dividieren beigebracht hat oder einfach nur ein Taschenrechner fehlte, ist nicht herauszufinden. Fakt ist, dass der nicht mehr teilbare Rest in Ruhe gelassen wurde, im Resultat also die Kommastellen fehlen, die zwei unteren Rechnungen daher nicht richtig sind. „Setzen, fünf!“, hätte wohl ein alter, strenger Lehrer gesagt.
Weißer Fleck
„alles“
Als Dank für „alles“ erhält ein Vater diese Urlaubslektüre. Was das Wort unter den Anführungszeichen wirklich bedeutet, bleibt dem unbeteiligten Leser unerschlossen. Eine rührende Notiz bleibt es trotz oder gerade wegen dieses „weißen Flecks“.
Herbarium
Für die Ewigkeit
Wortromantiker und Zahlenfetischisten sind nicht die einzigen, die mit Büchern etwas anfangen können. Die gesammelten Werke von Shakespeare waren in diesem Fall für einen Pflanzenliebhaber praktisch. Die Edelweißblüten wurden von den schweren Gedanken Hamlets, den Intrigen Lady Macbeths und dem Schicksal von Romeo und Julia so zerdrückt, dass sie zwischen den Buchdeckeln wie Worte für die Ewigkeit erhalten blieben.
Mit freiwillig gespendeten Büchern veranstaltet das Innsbrucker Kolpinghaus einmal jährlich einen zweitägigen Bücherflohmarkt.
Der Erlös wird an soziale Projekte in Rumänien und Tirol gespendet. Unverkaufte Bände werden dem Sozialverein Wams übergeben.