eter Mair hat immer das letzte Wort. Und das ist gut so. Vorstellen kann man sich das folgendermaßen: Bedankt sich ein Kunde für die prompte Bedienung am Deck-47-Kiosk, dann kommt Fast-Hand-Petes Höflichkeitskonter wie aus der Pistole geschossen. Peters „I sag danke!“ ist das Amen im Baggersee-Gebet, an heißen Sommertagen geht die flotte Freundlichkeitsfloskel im Minutentakt über die Budel. Spricht man den drahtigen Buggler darauf an, lacht er leicht verlegen. „Zeit für ein Danke muss doch immer drinnen sein“, meint er knapp. Wie er sich sein gleich sonniges wie manierliches Gemüt auch in Stress-situationen bewahrt, weiß er allerdings selbst nicht so genau. Vielleicht macht einfach die Übung den Meister. Und an Übung mangelt es „I sag danke!“-Peter in keinem Fall.
„Zeit für ein Danke muss doch immer drinnen sein.“
Peter Mair, Budelbuggler am Baggersee, Kunsthistoriker, Drehbuchautor
Rossau statt Rimini.
Anno 1991 stand der damals 22-Jährige zum ersten Mal hinter einem Baggersee-Kiosk und brachte Twinni, Jolly, Cornetto und Brickerl unters Badevolk. Seinerzeit noch zu Schillingpreisen und auf der Klärwerkseite – also vis-à-vis von seiner heutigen Sommerresidenz. Ganze 29 Jahre ist das her. Verändert hat sich seither nicht nur die Währung, sondern auch das Erscheinungsbild des Baggersees. „Als ich angefangen habe hier zu arbeiten, gab es noch gar keinen Eintritt“, erinnert sich Peter, der miterlebt hat, wie das Minimeer der Innsbrucker im Laufe der Zeit immer größer und moderner wurde. „Da hat sich schon brutal viel getan“, sagt der heute 51-Jährige, der irgendwie gar nicht glauben kann, dass nächstes Jahr seine 30. Seesaison bevorsteht.
29 Sommer verzichtet er also schon auf Strandfeeling und riecht am Ende eines Badetages nicht nach Sonnencreme, sondern Pommesfett. Rossau statt Rimini oder Rhodos: Geht ihm da nicht etwas ab? „Nein. Ich bin‘s ja so gewohnt. Und Strandtyp bin ich eh keiner“, will er sich nicht ins Urlaubs-Armutschkerleck stellen lassen.
Gespür für Geschichte.
Wenn nicht gerade ein globales Virus die Welt aus den Fugen geraten lässt, dann dauert Peters Saison von April bis September. Auf der faulen Haut liegt er aber auch in der Baggersee-freien Jahreshälfte nicht. Im Gegenteil. Sein Zweitleben kann sich – buchstäblich – sehen lassen. „Drehbuchautor und Historiker“ steht auf der Visitenkarte des promovierten Kunsthistorikers, der in seiner Doktorarbeit dereinst den postmodernen Film anhand von Oliver Stones Kultstreifen „Natural Born Killers“ unter die Lupe nahm und zuletzt die bewegende Lebensgeschichte des Tiroler Priesters Otto Neururer, der anno 1940 im KZ Buchenwald zu Tode gequält wurde, fürs Kino adaptierte. Mit Erfolg: „Otto Neururer – Hoffnungsvolle Finsternis“ gewann unter anderem das Vatikan-Film-Festival und räumte auch in den USA einige Preise ab. Im Mai hätte der Film, bei dem Hermann Weiskopf Regie führte, dann auch bei einer Gedenkveranstaltung in Buchenwald gezeigt werden sollen, ein Deutschland-Release war ebenfalls fixiert. Doch dann kam Corona. „Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben“, sagt Peter, der sich freut, dass ihn das Otto-Neururer-Projekt noch eine Zeit lang begleiten wird. Aktuell wird nämlich auch an der italienischen Synchronisation des Films gearbeitet, der 2021 in Italien ins Kino kommen soll.
Peters „I sag danke!“ ist das Amen im Baggersee-Gebet, an heißen Sommertagen geht die flotte Freundlichkeitsfloskel im
Minutentakt über die Budel.
Lehrzeit in Griechenland.
Indes steckt Peter aber schon mittendrin in einem neuen Projekt, das ihn erneut in die dunkelgraue Zeit des Nationalsozialismus eintauchen lässt. Im Zentrum steht dabei die deutsche Nonne Angela Autsch, die ab 1933 in einem Kloster des spanischen Trinitarier-Ordens in Mötz wirkte. Als die Nazis versuchten, dieses zu beschlagnahmen, landete Autsch einen juristischen Coup, indem sie darauf beharrte, dass das Kloster Eigentum Spaniens sei. Sie konnte damit zwar das Kloster retten, kam aber ins Visier der Nazis, die in ihren Tagebüchern Indizien für eine „Führerbeleidigung“ fanden und sie zunächst ins KZ Ravensbrück deportierten und später nach Auschwitz überstellten. Da wie dort fiel Autsch, die 1944 bei einem Bombenangriff starb, durch ihren unermüdlichen Einsatz für die Menschlichkeit auf und ging als „Engel von Auschwitz“ in die Geschichte ein.
Anno 1991 stand der damals 22-Jährige zum ersten Mal hinter einem Baggersee-Kiosk und brachte Twinni, Jolly, Cornetto und Brickerl unters Badevolk.
Das Treatment ist bereits beim Österreichischen Filminstitut (ÖFI) eingereicht. Bis der Plot fertig ist, braucht es aber noch ein paar Monate. „Ich rechne da immer ein gutes Jahr ein“, sagt Peter, der sein Handwerk einst in Griechenland gelernt hat. Möglich machte das ein Stipendium des Mediterranen Filminstituts, das er vor knapp 20 Jahren ergattern konnte. „Das war nobel“, erinnert sich Peter an sein hellenistisches Lehrjahr, bei dem er zusammen mit 20 anderen Studierenden auf verschiedenen griechischen Inseln von internationalen Lehrenden in die Kunst des Drehbuchschreibens eingeweiht wurde. Was er davon mitgenommen hat? „Am wichtigsten ist die Struktur. Und am aufwändigsten ist die Überarbeitung von Szenen und Dialogen.“ Kurzum: Ein gutes Drehbuch fällt nicht vom Himmel, sondern ist harte Arbeit.
Seen und gesehen werden.
Apropos Arbeit: Peter muss weg. Die ersten Badegäste tröpfeln ein und verlangen nach einer Koffeindosis, um aufgeweckt in den Schwimmtag zu starten. Wirft sich Peter eigentlich hin und wieder selbst in die Fluten? „Im Sommer hab ich keine Zeit zum Schwimmen. Aber im Frühling und im Herbst gehe ich schon auch mal rein: Dann ist es hier am schönsten“, meint er. Und schwärmt vom „Easy-Going-Feeling“, das der Baggersee für ihn ausstrahlt. „Es ist alles sehr entspannt hier – auch wenn es manchmal nicht so aussieht“, lacht der Budelbuggler, während er noch einmal alle Tische abwischt.
„Stoff für einen Baggersee-Film hätte ich genug. Aber das mache ich erst, wenn ich hier mal nicht mehr arbeite.“
Peter Mair
Hat er eigentlich nie darüber nachgedacht, den Baggersee und seine Gäste filmisch zu verarbeiten? „Jawoll – den Gedanken habe ich auch schon gehabt: Stoff für einen Baggersee-Film hätte ich genug. Mache ich jedoch erst, wenn ich hier mal nicht mehr arbeite“, sagt Peter. Aber keine Angst: Noch fühlt er sich an seiner Sommerresidenz sehr wohl und denkt nicht ans Aufhören. Uff. Danke für diese Information. Peter grinst. „Nein. I sag danke!“