or wenigen Tagen wurde bekanntgegeben, dass in Österreich bis mindestens Ende Juni keine Veranstaltungen stattfinden können. Für viele kulturelle Institutionen ist die laufende Saison damit offiziell beendet. „Das ist bitter, war aber so zu erwarten“, sagt Johannes Reitmeier, Intendant des Tiroler Landestheaters – gemessen an der Dramatik der Gesamtsituation sei dieses Vorgehen vermutlich alternativlos.
Theater allein zuhaus.
Die behördliche Schließung des Landestheaters sei ein großer Schock für alle gewesen, erzählt Reitmeier, das Bedauern sei aber längst der Einsicht gewichen, dass im Moment nur noch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zählen. Weh tue es trotzdem: „Ein Theater ist ein öffentlicher Ort, die Ergebnisse unserer Arbeit sollen gezeigt, gehört, gesehen, einfach wahrgenommen werden. Nur dann macht unsere Existenz überhaupt Sinn.“
//Da die Bühne als Plattform und Ort der Begegnung momentan wegfällt, hat man sich eine virtuelle Alternative überlegt, um Künstler und Publikum weiterhin zusammenzubringen: Auf der Online-Plattform „Daheimtheater“ geben die Mitarbeiter des Landestheaters in kurzen Videos einen Einblick in ihr Leben und zeigen, wie sie mit der aktuellen Situation umgehen. Neben kurzen Lesungen findet man dort unter anderem Improvisationstheater über Videokonferenz, Brotback-Tutorials, Witze und Konzerte.
„Theater entsteht nur durch eine Symbiose zwischen Publikum und Künstlern“, erklärt Reitmeier; deshalb sei es von unschätzbarer Bedeutung, dass der Kontakt zu den Menschen nicht verloren gehe, bis sich der Vorhang im Herbst zum ersten Mal wieder hebt.
Vorleser.
Im Literaturhaus am Inn hat man beschlossen, weiterhin Autoren für Lesungen einzuladen – im Radio. „Wir haben schon vor der Corona-Krise zweimal im Monat Lesungen auf Radio Freirad übertragen, und da es im Moment keinen Überschuss an kulturellen Events gibt, machen wir das ab April wöchentlich“, erzählt Geschäftsführerin Kristin Jenny. Für das Radio hat man sich ganz bewusst entschieden – so könne man auch mal vom Computer wegkommen, sich gemütlich hinsetzen und zur Ruhe kommen.
//Für Autoren, die jetzt Neuerscheinungen am Markt haben, sei die Situation existenzbedrohend, erklärt Jenny: „Die können ihre Bücher jetzt nicht präsentieren und gehen unter, weil im Herbst ja schon die nächsten Neuerscheinungen dran sind.“ Einige der Veranstaltungen, die abgesagt werden mussten, können mit den Radio-Lesungen nachgeholt werden, andere werden nach Möglichkeit verschoben. „Das Problem ist, dass wir jetzt eigentlich schon weiterschauen müssen, weil die Kataloge für das Herbstprogramm langsam kommen.“
Lesetipps aus dem Literaturhaus:
„Metropol“ von Eugen Ruge und „Kleiner Versager“ von Gary Shteyngart
Landestheater:
In der Theaterschneiderei des Landestheaters werden seit kurzem Nasen- und Mundschutz-Masken genäht.
Bäckerei:
Zur Wiedereröffnung wird es in der Bäckerei ein besonderes Event geben – Infos zu Tickets und Programm werden so bald wie möglich über Social Media bekanntgegeben.
Rolle der Kultur.
Auch die Bäckerei steht vor der Herausforderung, Ersatztermine für die zahlreichen abgesagten Veranstaltungen zu finden. „Im Moment schauen wir, welche Veranstaltungen sich verschieben lassen und welche man absagen muss“, berichtet Baiba Dekana. „Im Herbst waren wir schon vor der Krise voll, deshalb wird manches erst 2021 passieren können.“
//Dekana ist nicht nur als Veranstalterin, sondern auch als Musikerin direkt betroffen: Im April war eine Tour in Italien geplant, die wurde vorerst auf November verschoben. „Als Künstlerin verstehe ich, dass Künstler die Konzerte brauchen, deshalb schauen wir, dass wir da eine gute Lösung für alle finden.“
//Die temporäre Schließung die Bäckerei auch vor ein grundsätzliches Problem: „Der Raum ist zu – und was ist ein Kulturzentrum ohne Raum?“, fragt Florian Ladstätter, der dort für Finanzen und Organisatorisches zuständig ist. „Wir müssen uns komplett neu orientieren und überlegen, was ist die Rolle von Kultur in so einer Zeit, was können wir beitragen, welchen Wert können wir bieten?“
Virtuelles Kulturerlebnis.
Da man weiterhin Künstlern eine Plattform geben und etwas für die Community tun will, bringt die Bäckerei zweimal die Woche Konzerte, Lesungen, Künstlergespräche und andere Events über Facebook live nach Hause. Auch Baiba Dekana hat dort schon ein Konzert gegeben und wird das in den nächsten Wochen wohl noch einmal machen: „Das war eine ganz neue Erfahrung“, erzählt die Musikerin. „Normalerweise bekommt man das Feedback der Leute nach dem Konzert, aber bei einem Live-Stream kommt das alles durchgehend und wahnsinnig schnell daher.“
//Wie es weitergeht, könne man im Moment nicht sagen – weitergehen wird es aber auf jeden Fall, betont Ladstätter: „Improvisieren war immer eine große Stärke der Bäckerei, von dem her können wir, glaube ich, recht gut mit der Situation umgehen und uns anpassen.“
Jeder, der das extra Angebot der Innsbrucker Kulturschaffenden nützt, hilft. Wer aber noch mehr machen will, kann z. B. über die Webseite Hilfdeinemkino (https://hilfdeinemkino.at) in der Kinolosen Zeit Lieblingskinos wie das Metropol durch das Anschauen von Werbespots finanziell zu unterstützen. Tiroler Musiker geben zurzeit nicht nur Konzerte, sondern machen auch neue Songs – oft für einen guten Zweck, wie z. B. für die Nachbarschaftshilfe-App SAM (Download: https://sam-app.info). Wer etwas beitragen will, kann sich den vom Musikkollektiv Tirol komponierten SAM-Song und andere Charity-Projekte anhören und mit der App Mitmenschen unterstützen.
Programm für die couch
Wenn das Publikum nicht zur Kultur kommen kann, kommt die Kultur zum Publikum.
Das Treibhaus bietet jeden Tag um 18.06 Uhr ein neues „Trostpflaster“ – Konzerte, Lesungen, Theater, Kabarett – auf der Webseite (www.treibhaus.at), auf der man auch alle bisherigen Videos findet. Die Bäckerei streamt zweimal wöchentlich Konzerte, Lesungen, Künstlergespräche und mehr live auf der Facebookseite, der Kulturverein Legends of Rock streamt mehrmals wöchentlich Konzerte live aus den Wohnungen heimischer Musikerinnen auf dem YouTube-Channel LoR. TogetherAtHome. Infos zum Programm findet man auf den jeweiligen Facebook-Seiten.
Das Literaturhaus am Inn bietet ein erweitertes Online- und Radioangebot: Auf der Webseite (www.literaturhaus-am-inn.at) findet man immer wieder neue kurze Texte, Videos und Audiomitschnitte, zusätzlich findet jede Woche eine Lesung über Radio Freirad statt. Im April lesen Karin Peschka (16. April, 19 Uhr), Damir Ovčina (22. April, 19 Uhr) und Carolina Schutti (29. April, 19 Uhr).
Unter dem Motto „Ins Museum Surfen“ bieten die Tiroler Landesmuseen auf den Social-Media-Kanälen laufend neue Führungen, Kreativ-Angebote, Videos zu Meisterwerken der Sammlungen und mehr. Das Tiroler Landestheater gibt mit dem Projekt „Daheimtheater“ (www.daheimtheater.at) Einblicke in das Leben und Schaffen der Künstler und Mitarbeiter, die ebenfalls daheim festsitzen.
Wer sich auch zuhause wie im Wald, im Restaurant oder auf dem Rücken eines Pferdes fühlen will, kann auf Izzy Copelands YouTube-Channel SoundEscapes in die verschiedensten Audio-Welten eintauchen. Audio-Mitschnitte vieler p.m.k.-Konzerte der letzten Jahre findet man unter https://cba.fro.at/series/p-m-k-live.
Für alle, die selber kreativ werden wollen, betreibt die Kunst- und Architekturschule bilding momentan virtuelle Werkstätten (www.bilding.at/homepage/virtuelle-werkstatt) für Kinder und Erwachsene.