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APRIL 2020

Leere Tische, kalte Küchen: die Gastronomie trifft es derzeit besonders hart. 6020 hat bei Innsbrucker Lokalbetreibern nachgefragt, wie sie mit dem neuen Alltag umgehen.

Fotos: Franz Oss, Dominique Huter, Axel Springer
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eit 16. März steht die heimische Gastronomie still: Restaurants und Cafés sind ausnahmslos geschlossen und werden es bis voraussichtlich Mitte Mai auch noch bleiben. Eine verheerende Situation, die für Betreiber und Inhaber, aber auch deren Mitarbeiter, schnell existenzbedrohend wird. Über Gutscheine versuchen sich manche finanziell über Wasser zu halten, wenngleich sich damit nicht langfristig das Überleben sichern lässt.  Als Lichtblick bleibt der Zustelldienst – wer kann, nutzt diese Option, um wenigsten etwas Umsatz zu machen. Viele Lokale greifen dabei auf Mjam und Lieferando zurück. Andere versuchen eigene Liefer- und Zahlsysteme zu organisieren, wie etwa bei Futterkutter, Kurt Frozen Yogurt oder im Machete Burrito Kartell. Seit 3. April ist auch das Abholen im Lokal erlaubt – eine Erleichterung für jene, die logistisch oder personell kein Lieferservice stemmen können.

 

Lieferservice-Newbies.

Auch viele Zuliefer-Neulinge mit wenig To-go-Erfahrung trauen sich aktuell an Lieferservice. So zum Beispiel das Gasthaus Burenwirt: nach Bekanntwerden der Maßnahmen Mitte März wurde quasi über Nacht auf Zustelldienst umgestellt. Den Lieferservice übernehmen die Kellner, die täglich ab 16 Uhr Uhr per Rad oder Auto im Stadtgebiet Innsbruck ausliefern. Das Angebot wird gut angenommen – fast schon zu gut: „Gerade am Wochenende müssen wir schauen, dass wir alle Bestellungen pünktlich zustellen“, erzählt Ingrid Marzari, die das Wirtshaus gemeinsam mit Alfred Nikolai führt. Dass nun auch die Abholung vor Ort erlaubt ist, ist für Marzari ein Pluspunkt. Davon würden vor allem Gäste in umliegenden Gemeinden oder der unmittelbaren Nachbarschaft profitieren. Wirtschaftliche Sorgen habe man durch den Erfolg des Lieferservice glücklicherweise nicht, so Marzari. Eher mache man sich Gedanken über die Zeit „danach“: „Ob und wie wir das Zustellen neben dem Normalbetrieb anbieten können – ein Luxusproblem“, wie die Gastronomin sagt.

„Gerade am Wochenende müssen wir schauen, dass wir alle Bestellungen pünktlich zustellen."

Ingrid Marzari, Burenwirt

Prost.

Viel Erfahrung mit Zustellen hat naturgemäß der Getränkelieferant Inndrinks: Liefer- und Zahlvorgang werden derzeit zwar vorwiegend bargeld- und kontaktlos abgewickelt sowie verstärkte Hygienemaßnahmen berücksichtigt – am Geschäftsalltag ändert sich aber wenig. „Das Tagesgeschäft, der Getränkehandel, fällt derzeit zwar weg, dafür ist der Abendumsatz sehr gut“, erzählt Inhaber Roman Egger. (Be-)Trinken sich die Innsbrucker in Zeiten der Selbstisolation also umso mehr? Das könne man so nicht ganz sagen, aber bei den Lieferungen abends merke man ein starkes Plus. Vor allem am Wochenende, besonders sonntags: „Die Leute meiden es, in die wenigen offenen Geschäfte zu gehen und bestellen lieber“, mutmaßt Egger. Spürbar sei aber auch, dass weniger Studenten in der Stadt sind, ergo weniger Partys veranstaltet werden. „Es wird weniger und vor allem weniger exzessiv gefeiert“, so Egger.

Ganz oder gar nicht.

Ganz anders sieht es für Innsbrucks Barszene und gehobene Küche aus. „Fermé“ – geschlossen – ist aktuell auch die Brasserie Bar L’Arc, die erst im Dezember 2019 eröffnet hat. Für Inhaber Selle Coskun eine schwierige Situation: „Die Maßnahmen dauern schon sehr lange an. Es muss bald zu Lockerungen kommen.“ Selbst bei einer stufenweisen Öffnung der Gastronomie ab Mitte Mai sei man noch weit vom Normalbetrieb entfernt, schließlich sind Sicherheits- und Hygienevorschriften wie in Supermärkten und dem Handel auch in der Gastrobranche zu erwarten. Dazu kommt der anstehende Beginn der Gastgartensaison, die entsprechenden Anträge an die Stadt müssten jetzt gestellt werden. „Niemand weiß aber, wann und wie es wieder losgeht. Die Unsicherheit ist besonders hart“, so Coskun.

 

 

Die Zeit mit Lieferservice oder Abholung zu überbrücken, ist für das L’Arc keine Option: „Dieses Konzept kann man nicht auf jeden Gastronomiebetrieb umlegen.“ Gerade die gehobene Küche lebe vom Ambiente im Lokal und von der guten Qualität, die man beim Verpacken und Liefern nicht garantieren könne. Plus: Das finanzielle Risiko ist groß. Bei einigen wenigen Bestellungen seien die Kosten für Personal und Einkauf schlicht zu hoch – dann lieber doch komplett schließen.

„Die Maßnahmen dauern schon sehr lange an. Es muss bald zu Lockerungen kommen.“

Selle Coskun, L’Arc

Abwarten (und nachkochen).

Wer die Zeit bis zur Öffnung der liebsten Restaurants kulinarisch überbrücken will, kann neben Lieferservice auch die virtuellen Kochkurse einiger Innsbrucker Lokale probieren. Die Futterkutter-Köche Martin und Georg teilen auf Instagram ihre liebsten Rezepte. Und auch das L’Arc gibt demnächst (live) Einblicke in die Küche. Mahlzeit!

Einen Überblick, wer wann wohin liefert und bei wem abgeholt werden kann, gibt es hier