ie Bogenmeile ist jedem Innsbrucker ein Begriff. Ihr Ruf ist – unterhält man sich mit Leuten, die glauben, sie hätten den Anstand für sich gepachtet – nicht der beste. Manche scheinen gar zu glauben, dass dort am Wochenende das Tor zur Hölle aufgeht. Im Grunde aber ist es eine ganz normale Ausgehmeile, die zudem noch videoüberwacht ist.
Da Lokale in das Viadukt eingebaut sind und oben Gleise verlaufen, bekommt man – zumindest in einem ruhigen Lokal – die Vibrationen und ein dumpfes Rattern mit, wenn ein Zug drüberbrettert. Das ist beim ersten Mal noch ein bisschen irritierend, beim zweiten Mal aber dann schon ganz normal. In der p.m.k, die im weiteren Text noch genauer beschrieben wird, gab es vor längerer Zeit eine künstlerische Deckeninstallation, die diese Vibrationen sogar sichtbar machen sollte.
Schulter an Schulter.
Die primäre Eigenschaft eines Viadukts ist, zu verbinden – ähnlich einer klassischen Brücke. Und so reihen sich in den Bögen die denkbar unterschiedlichsten Möglichkeiten der Unterhaltung aneinander.
Für Erstsemestrige, die aus der „Provinz“ ankommen und das erste Mal die Bogenmeile aufsuchen, ist es, als wären sie endgültig in der großen weiten Welt angekommen. Alles wirkt bunter, größer und aufregender. Doch spätestens nach einem Semester – denn der Mensch ist bekanntermaßen ein Gewohnheitstier – wird dieser Abschnitt der Stadt zur Normalität und ein Ort, mit dem man immer wieder gute Erinnerungen verbinden wird.
Mit kurzen Worten werden nun einige Bogen-Lokalitäten vorgestellt – dabei ist es nicht möglich, alle zu erwähnen, da die Anzahl den Rahmen sprengen würde. Wenn gewisse Stätten nicht vorkommen, hat das nichts mit ihrer Qualität zu tun, sondern mit einer subjektiven Entscheidung, die selbstverständlich angezweifelt werden darf.
Viaduktstüberl
(Bogen Nummer 1)
Das in der Bogennummerierung und den Erzählungen nach auch das erste Lokal in der Entstehung der Meile ist das Viaduktstüberl. Der derzeitige Pächter erzählt, dass es das Lokal bereits seit etwa 30 Jahren gebe. Müsste man einem Touristen das Wort "Beisl" definieren, könnte man ihn einfach zur Klärung auf ein Bier im Viaduktstüberl einladen, um sich seine Worte zu sparen. Man verbringt dort seinen Feierabend bei Schlager und Volksmusik, ein grofler Pluspunkt für viele ist das fehlende Rauchverbot. Ein guter Teil der Gäste sind – wie in jedem Beisl – Stammgäste. Das merkt man beim Eintritt sofort, die Leute unterhalten sich vertraut miteinander, man ist unter sich. Stolz verkündet der Pächter, dass hier von der Prostituierten bis zum Staatsanwalt alles vertreten sei.
78 Schritte
(Der Fußgänger ist männlich, 1,80 groß und hat eine Beinlänge von 87 cm. Die Haarfarbe ist zu vernachlässigen).
Red’s
(Bogen Nummer 11)
Im Redís kann abgeshakt werden, wie man so schön auf neudeutsch sagt. Es ist eine Bar mit Tanzparkett für das jüngere Publikum, wo die neuesten Dancehits aufgelegt werden. Da gibtís dann auch Abende mit dem klingenden Motto „Fuck It's School Time Party“.
26 Schritte
Little Rock
(Bogen Nummer 14)
Das Little Rock ist, wie der Name vielleicht vermuten lässt, das Rockmusikpub der Bogenmeile. Der Gast kann dort aus einem groflen Repertoire an Musiktiteln seine Wünsche anmelden. Auflerdem kann man Festlichkeiten wie Geburtstag oder Sponsion hier verbringen.
18 Schritte
Tante Emma
(Bogen Nummer 16–17)
Der Tante Emma Club ist ein richtiger Club, der elektronische Tanzmusik mit Niveau in die Bögen gebracht hat. Der Club besteht aus zwei Räumen, wobei der erste eine gemütliche Wohnzimmeratmosphäre vermittelt und der zweite zum Tanzen diktiert.
19 Schritte
p.m.k
(Bogen Nummer 18–20)
Die p.m.k ist wohl eine der wichtigsten Kultureinrichtungen in Innsbruck. Heuer feiert sie ihr zehnjähriges Jubiläum, im Zuge dessen wird ein Buch herausgegeben, das die Erfolgsgeschichte dieser Einrichtung dokumentiert. Das Akronym p.m.k steht für „Plattform mobile Kulturinitiativen“, ins Leben gerufen wurde diese Einrichtung, um unterschiedlichsten kulturellen Strömungen einen Ort zur Verfügung zu stellen und Aufgaben wie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Koordination sowie Geschäftsführung in einem gemeinsamen Büro zusammenzufügen. Ein wichtiger Anspruch ist es, auf die große Ausdifferenzierung in den unterschiedlichsten Formen des kulturellen Schaffens zu reagieren. Deshalb sind über 30 Kulturvereine daran beteiligt, die p.m.k zu bespielen, sie zu beleben, ihr viele verschiedene Facetten zu geben, ohne dabei Beliebigkeit entstehen zu lassen.
40 Schritte
Babalon
(Bogen Nummer 22)
Das Babalon, Treffpunkt für Cineasten, Künstler, Studenten und in erster Linie Leute, die sich der Offkultur zugehörig fühlen, ist definitiv ein Lokal, das immer einen Besuch wert ist, wenn man in der Bogenmeile unterwegs ist. In der Mitte des Lokals thront eine große Marienstatue aus Holz, sie wacht über das Geschehen.
14 Schritte
Down Under
(Bogen Nummer 24)
Das Down Under ist eines der am längsten etablierten Lokale in der Meile. Von der Einrichtung her soll es an ein australisches Pub erinnern. Gemütlich und ein bisschen abgefuckt.
46 Schritte
Weli
(Bogen Nummer 26)
Brettspiele sind nicht gerade das, was man 2014 in einer In/Out-Liste unter ersterem subsumiert. Doch was nicht ist, kann wieder werden, denn Revivals kommen oft schneller, als man denkt. Das Weli, ein gemütliches Spielelokal, bietet mit einer großen Sammlung an analogem Zeitvertreib eine Gegenwelt zur clubzentrierten Ich-muss-mich-am-Abend-rausputzen-und-tanzen-Ausgehkultur. Es finden dort auch immer wieder Poker-, Watter-, Tarock- und Jasser-Turniere statt.
273 Schritte
Plateau
(Bogen Nummer 51)
Im Plateau zu landen, nachdem man bereits eine ausgiebige Bogentour hinter sich hat – wer kennt das als Innsbrucker Nachtlebenerprobter nicht? Dort ist meist auch noch zur fortgeschrittensten Stunde die Hölle los. Der Wallfahrtsweg im Nacht-um-die-Ohren-schlagen!
292 Schritte
Shakespeare
(Bogen Nummer 80)
Eines der letzten Lokale in der Bogenmeile, das laut Auskunft der überaus sympathischen Pächterin (studierte Filmwissenschaftlerin) gerne von Schülern besucht wird (aber nicht nur), ist das Shakespeare. Es ist ein klassisches Pub (aber kein Irishpub, sondern laut Filmwissenschaftlerin: ein Englishpub), zweistöckig, in der obligatorischen dunklen Holzoptik und gemütlich, wie ein Pub sein sollte. Es gibt dort an bestimmten Abenden Karaoke oder Livemusik. Der obere Stock kann auch für Feiern gemietet werden.
Die Bögen an sich
Das Eisenbahnviadukt zwischen der Mühlauer Innbrücke und der Museum-straße wurde zwischen 1854 und 1856 errichtet: Es hat eine Länge von 1,7 Kilometern und besteht aus 178 Bögen. Als Baumaterial für die ca. zwei Meter unter die Erde reichenden Pfeiler wurde Natursteinquader (Höttinger Breccie) verwendet. Derzeit sind 168 Viaduktbögen ausgebaut und werden an Unternehmen, Vereine und Privatpersonen zur gewerblichen, gemeinnützigen oder privaten Nutzung vermietet. 27 Bögen werden gastronomisch genutzt und zehn Viaduktbögen dienen lediglich als Durchfahrt.* * Diese Informationen wurden freundlicherweise von Arno König von der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH zur Verfügung gestellt.