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SEPTEMBER 2018

Theorie und Praxis

Leistbares Wohnen war jenes Thema im Innsbrucker Wahlkampf,
das sich alle Parteien auf die Wahlplakate schrieben. In die Realität
hat es diese Einigkeit nicht geschafft.

Foto: Axel Springer
Dauerbrenner Wohnen: Akteull streitet die Stadtpolitik über die Schaffung von Vorbehaltsflächen für den Wohnbau.

 

I

m Wahlkampf war das Thema leistbares Wohnen eines der wenigen, bei denen sich alle Fraktionen einig waren. Auch, dass es eine „mutige Wohnungspolitik“ brauche, hörte man von allen Parteien. Darüber, wie diese Politik in der Praxis aussehen soll, ist man sich nun nicht mehr einig. Streitpunkt sind die sogenannten Vorbehaltsflächen. Flächen, die innerhalb von zehn Jahren vom Besitzer nicht verkauft werden, sollen als Bauland rückgewidmet werden – und vorrangig für sozialen Wohnbau genutzt werden können. So sieht es das Tiroler Raumordnungsgesetz vor, und Bürgermeister Georg Willi will dieses Instrument nutzen. 

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In der Stadt kämen dafür 23 Flächen in Frage, die Hälfte davon will Willi sichern. Eine Idee, die in der Stadtregierung auf wenig Gegenliebe stößt. FI, ÖVP und auch die FPÖ – die mit zwei nicht-amtsführenden Stadträten im Stadtsenat sitzen – erteilten Willi eine eindeutige Abfuhr. Dort sieht man in einer Rückwidmung das Grundrecht auf Eigentum bedroht.

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Allein die SPÖ ist auf Willis Seite: „Nach der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Wohnbau und Projekte muss ich leider feststellen, dass es den Gegnern von Vorbehaltsflächen für den sozialen Wohnbau in Innsbruck vor allem um den Schutz von wenigen Grundbesitzern geht“, ärgerte sich Klubchef Helmut Buchacher per Aussendung. 

 

Land geht auf Wohnungssuche.

Nach der mehrheitlichen Abfuhr im Senat und innerhalb der Koalition wandte sich Willi mit einem offenen Brief an alle Gemeinderäte, in dem er um deren Unterstützung bat. Ebenfalls mit mäßigem Erfolg. Die Haltung der FPÖ war bereits bekannt – und auch Liste Fritz und Gerechtes Innsbruck halten von Willis Vorstoß nichts. 

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Schützenhilfe erhielt der Bürgermeister nur von einem ehemaligen Grünen: „An der Alternativen Liste Innsbruck ALI wird das Vorhaben, Vorbehaltsflächen für den sozialen Wohnbau auszuweisen, keineswegs scheitern“, ließ Gemeinderat Mesut Onay ausrichten. Ausführlich kann über das Thema schließlich im Gemeinderat im Oktober diskutiert werden.

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Im Land macht man sich im Herbst indes an die Leerstandserhebung und hat sich dafür Innsbruck als Modellregion ausgesucht. VP-Landesrätin Beate Palfrader, unter anderem zuständig für den Wohnbau, ist übrigens für Willis Vorstoß.