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SEPTEMBER 2016

Binge watchers

Serien sind längst die besseren Filme. Die 6020-Redaktion
gibt zum Sommerende Tipps für das nächste Binge-Wochenende und
offenbart zur besseren Einschätzung auch ihre Serien-Geheimnisse.

"Vinyl"

Was können Martin Scorsese und Mick Jagger schon groß falsch machen? "Manches" wird jetzt der eine oder die andere sagen und damit auch nicht ganz unrecht haben. Als Produzentenduo der HBO-Serie "Vinyl" leisten sie allerdings ganze Arbeit. Mit akribischer Detailversessenheit portraitieren sie Aufstieg, Untergang und Wiederaufstieg des fiktiven New Yorker Plattenlabels "American Records" im New York der 1970er. Der musikverliebte Zuseher wird die ganze Staffel 1 hindurch nicht aufhüren, sich an wilden Drogenexzessen, geilem Soundtrack, Insiderwissen und perfekt animiertem Lokalkolorit zu erfreuen. Auch wer schon immer einmal wissen wollte, wie Freddie Mercury entdeckt wurde, wie sich der ganz frühe Hiphop anfühlte und wie allmächtig die Musikindustrie einmal war, wird hier fündig. 

 

Für Fans von: "The Get Down" (Netflix)

 

Klaus Erler

Beste Serie aller Zeiten: 

"Carnivale" – besser als in dieser frühen HBO-Serie über einen Wanderzirkus im Amerika der 1930er lässt sich feinstofflicher Horror nicht umsetzen. 

 

Diese Serie halte ich nicht aus: 

"Grey's Anatomy" – Ärzte sind auch nur Menschen: Wer sich für diese lahme Erkenntnis jahrelang durch eine Doctor Soap quälen will, ist selbst schuld. 

 

Längster Serien-Binge: 

Sechs Folgen "The Walking Dead" während eines Krankenstands. Danach habe ich mich auch nicht gesünder gefühlt. 

 

Serien-Crush: 

Lizzy Caplan als Virginia Johnson in "Masters of Sex". Als Proto-Sexualforscherin ist sie smart, liebevoll, selbstbewusst, unkonventionell, hotter als hot und immer gut angezogen. Ein Dahinschmelzen ist unumgänglich.

Beste Serie aller Zeiten: 

"The West Wing" – Politik, schnelle, clevere, witzige Dialoge und tolle Figuren. Sieben Staffeln, 154 Episoden, die ich mir bis dato ganze drei Mal komplett zu Gemüte geführt habe. 

 

Diese Serie halte ich nicht aus: 

"How I Met Your Mother" – ich mag tatsächlich keinen der Charaktere, die Geschichte hat mich schnell genervt und das Ende hat mich aus der Distanz trotzdem echauffiert.

 

Längster Serien-Binge: 

Die ersten beiden Staffeln "Veep" (18 Folgen) an einem wunderschön verregneten Wochenende. 

 

Serien-Crush: 

Toby Ziegler aus "The West Wing". So traurig, so witzig, so viel Bart!

Beste Serie aller Zeiten: 

"Sex and the City" – weil es kaum eine Lebenssituation (von Frauen und Männern wohlgemerkt) gibt, die in dieser Serie nicht pointiert, humorvoll und trotzdem ernsthaft behandelt wurde. Eine zeitlose Hommage an New York und die Bedeutung von Freundschaft.

 

Diese Serie halte ich nicht aus: 

"Game of Thrones" – ich fand die erste Folge leider so unerträglich, dass ich es bis heute nicht schaffe, den großen Hype darum zu verstehen.

 

Längster Serien-Binge: 

Eine Staffel "Unbreakable Kimmy Schmidt" an einem Samstag. Und zwar kurz, nachdem ich fünf Staffeln "Breaking Bad" in fünf Wochen gesehen hatte. Machte irgendwie Sinn.

 

Serien-Crush:

Das Siegerpodest müssen sich "Segelohr" Adam Sackler (Adam Driver) aus "Girls" und Hank Moody (David Duchovny) aus "Californication" teilen. Nicht raufen, Jungs.

"Girls" 

Man kann von Lena Dunham als Person halten, was man will, aber mit dieser Serie hat sie ohne Zweifel einen Meilenstein der Fernsehgeschichte geschaffen. "Girls" ist, wie die egozentrische Hauptfigur Hannah Horvath in der allerersten Folge sagt, "a voice of a generation", die Charaktere sind gleichzeitig liebenswürdig und nervtötend, die Storylines trivial und doch unglaublich vielschichtig. Seit dieser Serie weiß man, wie häufig junge New Yorker in furchtbaren Bruchbuden wohnen, unter Panikattacken leiden und Geschlechtskrankheiten verbreiten – und dass Schauspielerkörper auch mal Speckfalten, peinliche Tattoos und Körperbehaarung haben. Trotz all dieser "Realness" ist jede Folge perfekt komponiert und für sich ein Kunstwerk – vom wechselnden Schriftzug im Intro bis zum Soundtrack. 2017 kommt die sechste und letzte Staffel. Ich bin jetzt schon traurig.

 

Für Fans von: "Broad City", "Californication", "Coupling" 

 

Barbara Wohlsein

 

"Preacher"

Mit der Comic-Adaption "Preacher" begibt sich AMC in absolutes Mindfuck-Territorium. Held der Serie ist Jesse Custer, der zwischen Altar und Tequilaflasche pendelnde Priester einer texanischen Ortschaft. Mit wenig Enthusiasmus und noch weniger Erfolg versucht er seine Herde zusammenzuhalten – bis er vom "Genesis" besessen wird, das ihm absolute Autorität verleiht. Einem Gebot des Priesters kann ab sofort niemand widerstehen. So ausgestattet begibt sich Custer, gemeinsam mit seiner Ex(?)-Freundin und einem Vampir (warum nicht?) auf die Suche nach Gott. Was bizarr klingt, ist noch viel bizarrer: "Preacher" lebt von einem Erzählstil, der mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet, und ist voll von bizarren Charakteren – dem machtgierigen Schlachthausbesitzer, dem entstellten Sheriffs-Sohn oder auch den "Gesandten", die hinter Custers blindem Passagier her sind. Für all jene, die makabren Humor, Kettensägen und ein wenig Blut nicht scheuen, ein absolutes Muss.

 

Für Fans von: Robert Rodriguez, Quentin Tarantino, "Breaking Bad", "Twin Peaks", "Wayward Pines", "Ash vs. Evil Dead"

 

Daniel Feichtner 

Beste Serie aller Zeiten: 

"Deadwood" – perfekt erzählte Geschichte in perfekter Besetzung und historisch akkurat bis auf (fast) den letzten Hemdknopf.

 

Diese Serie halte ich nicht aus: 

"Happy Endings" – völlig unlustiger Hipster-Humor in Reinkultur. Ich hab‘s dennoch immer wieder angesehen, nur um jede Sekunde zu hassen.

 

Längster Serien-Binge:

Vier Staffeln "Lost" (86 Folgen) in zwei Wochen – es war Sommer und nicht viel zu tun, okay?

 

Serien-Crush: 

Emma Hill (Valorie Curry) in "The Following": eine wunderhübsch-böse Schergin in einer unterdurchschnittlichen Serie.

"How to Get Away with Murder"

Am 22. September startet in den USA – endlich – die dritte Staffel der ABC-Krimiserie. Der Plot dreht sich um die toughe Strafverteidigerin Annalise Keating (Viola Davis), die auch an der örtlichen Uni unterrichtet. Eine kleine Gruppe Studenten darf die Anwältin bei Fällen unterstützen. Nicht immer weiß die eine Seite die Geheimnisse der anderen. Genau wie sich Keating und ihre Studenten Informationen vorenthalten, wird auch der Zuseher über einiges im Unklaren gelassen – erst nach und nach löst sich die verworrene Situation auf. 

 

Für Fans von: "Dexter", "The Good Wife"

 

Eva-Maria Hotter

Beste Serie aller Zeiten: 

"How I Met Your Mother" – die Sitcom hat mehr zu bieten als Witze über Kanada und lustige Anmachsprüche. Über neun Jahre hat die Serie mehrere Generationen beim Aufwachsen geprägt – und das nicht nur wegen Barney Stinsons Weisheiten. Die Clique um Ted Mosby ist Kult und deshalb einfach "legendär".

 

Diese Serie halte ich nicht aus: 

"Once Upon A Time – Es war einmal ..." – ich war leider noch nie ein Fantasy-Fan und werde es wohl auch nicht mehr. 

 

Längster Serien-Binge: 

Ein verregnetes verlängertes Wochenende 3 1/2 Staffeln (41 Folgen) "Homeland" – wer kann bei Brody und Quinn schon einfach aufhören?

 

Serien-Crush: 

"The Mentalist" Patrick Jane (Simon Baker) – eloquent und intelligent.