Wir empfehlen
SEPTEMBER 2015

Poetry SlaM

Slammen wie im Rausch

Rebecca Heinrich ist eine der jüngsten Innsbrucker Wortpoetinnen, die im Oktober beim Ö-Slam, der österreichischen Poetry-Slam-Meisterschaft, antreten darf. Auf der Bühne steht die 20-Jährige bereits seit drei Jahren.

Foto: Emanuel Kaser
R

ebecca Heinrich ist 20 Jahre alt und Lehramtsstudentin für Deutsch und Französisch. Die Bühne ist ihr Zuhause, ihre Kunst: das Poetry-Slammen. Im Moment startet Rebecca gerade richtig durch: „Es hat sich ein Traum für mich erfüllt: Ich habe einen Startplatz für den Ö-Slam, die österreichischen Meisterschaften, ergattert.“ Noch dazu findet die Veranstaltung heuer in Innsbruck statt – am 23. und 24. Oktober in der Bäckerei.

Ideen unter der Dusche.

Seit 2012 tritt Rebecca bei verschiedenen Poetry-Slams auf. Inspirieren lässt sie sich überall. „Meine besten Texte hab ich geschrieben, nachdem ich duschen war. Da hatte ich plötzlich einen Einfall, bin rausgerannt – komplett nass – und dann hab ich geschrieben und geschrieben, drei Stunden lang“, erzählt sie.

// 

Ideen für neue Texte kommen Rebecca aber auch an gewöhnlicheren Orten: „Es kann sein, dass ich laufen gehe und dann ist der Einfall da und dann muss ich mich hinsetzen und den Text schreiben, sonst ist er weg. Oder wenn ich viel lese und mich in der Uni mit verschiedenen Autoren beschäftige. Da fällt mir dann auf, dass mir die Ideen der Autoren gefallen, aber das Thema für mich noch nicht so gut dargestellt ist oder der Zeitgeist fehlt.“ Dann bastelt Rebecca daraus ihre eigenen Zeilen.

Schreiben auf der Inn-Mauer.

Ihre Texte bringt die junge Poetin gerne an einem idyllischen Ort zu Papier. „Zum Schreiben gehe ich gern an die Inn-Mauer, gegenüber der Uni. Ich finde es da extrem schön am Abend, wenn nicht so viele Leute da sind. Es ist ruhig und trotzdem ist dort Leben. Wenn du dich umdrehst, dann siehst du die Stadt, die pulsiert, und wenn du dich anders umdrehst, ist da einfach der Inn, der vor sich hingleitet.“

„Auf der Bühne ist jeder gleich, egal woher er oder sie kommt.“


Auch der Tummelplatz, der kleine Waldfriedhof über dem Schloss Ambras, eignet sich für sie gut zum Schreiben: „Mich fasziniert die Aussicht. Mitten in Innsbruck ist ganz viel Leben. Da sind viele junge Leute, die Literatur machen, die Theater machen, die Kunst machen, und dann hast du dort oben aber doch die Stille, die Einsamkeit und die Abgeschiedenheit von den Bergen. Und du stehst auf einem abgesägten Baumstamm, vor dir siehst du eine ausgegangene Feuerstelle. Dann schaust du runter und unten fahren die Autos, da ist irgendwo ein Licht in der Nacht.“

Jung, talentiert, erfolgreich.

Mit ihren 20 Jahren ist Rebecca eine der jüngsten Teilnehmerinnen des Ö-Slams. Bei diesen Meisterschaften ist die Altersgrenze nicht so streng. „Wenn sich einer unter 20 für den Poetry-Slam der Erwachsenen qualifiziert, dann ist das nun mal so, dann war der eben besser als die alten Hasen“, sagt Rebecca. „Aber das Niveau ist schon sehr hoch, darum freut es mich sehr, antreten zu dürfen.“

// 

Wer sich für einen Startplatz qualifiziert, bestimmen meist die Veranstalter der Poetry-Slams. „Es gibt nur ganz wenige Slams, bei denen du gewinnst und gleich einen Platz bekommst. Meistens läuft es nach dem Prinzip, dass sich die Veranstalter aus den Teilnehmern, die sehr oft bei Slams angetreten sind, einen für sich aussuchen, der es ihrer Meinung nach verdient hat.

Bei mir war es so: Ich bin beim U-20-Slam für die Bäckerei in Innsbruck angetreten, das ist der älteste Slam in Österreich, der ist schon 13 Jahre alt. Und ich bin am häufigsten ins Finale gekommen und Markus Köhle hat dann entschieden, dass ich den Platz bekomme.“ Köhle ist Autor und Mitbegründer der Poetry-Slam-Szene in Österreich.

 „Du zitterst leicht.“

Der Grund, wieso Rebecca Poetin geworden ist, ist beinahe bewundernswert: „Auf der Bühne ist jeder gleich, egal woher er oder sie kommt. Beim Poetry-Slam geht es nicht ums Gewinnen. Mir geht es einfach darum, dass ich das Publikum berühren kann, genau das ist so lässig am Poetry-Slam. Du kannst die Leute zum Lachen bringen, du kannst sie zum Weinen bringen, du kannst sie zum Nachdenken bringen. Egal. Es geht einfach darum, dass du Emotionen hast und sie mit dem Publikum teilst.“

// 

Jedes Mal, bevor die 20-Jährige auf die Bühne tritt, hat sie ein Ritual: „Auf die Brust klopfen und den Text durchgehen – und ganz viel Wasser trinken. Kurz vor dem Auftritt bin ich dann nicht mehr ganz da, ich bin ein bisschen in meiner eigenen Welt, das ist wie ein Rauschzustand. Dein Herz ist da und du zitterst leicht und dann spürst du, wie dein Körper überall kribbelt.“