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NOVEMBER 2018

Stadtpolitik

Papiertiger

Die Einbringung von Anträgen und Anfragen gehört zu den wichtigsten Rechten von Mandataren. Im Oktober-Gemeinderat wurde dieses umfangreich genutzt. 6020 erklärt, welches Prozedere dahintersteckt.

Foto: Axel Springer
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anze 30 Anträge und 13 Anfragen wurden in der Oktober-Sitzung des Innsbrucker Gemeinderats gestellt. Sie reichten vom Verbot des Pony-Karussells auf Weihnachtsmärkten über eine Evaluierung des Verkehrskonzepts bis hin zu einer Anfrage zur neuen Stadtbibliothek. Gemeinderat Gerald Depaoli von Gerechtes Innsbruck, der gleich mehrere im Gepäck hatte, meinte selbstreflektierend: „Vielleicht war ich ein wenig übermotiviert.“ Vize-Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer antwortete darauf trocken: „Das legt sich.“

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Jedes Mitglied des Gemeinderats hat das Recht, einen Antrag oder eine Anfrage einzubringen. Die müssen natürlich bestimmten Regeln folgen: Anträge dürfen sich zum Beispiel nur auf eine Sache beziehen – und auf eine Sache, die auch im Wirkungsbereich der Stadt liegt. Sprich: Die Legalisierung von Marihuana kann im 6. Stock des Rathauses nicht beantragt werden. Sie müssen außerdem vorab schriftlich an die Mitglieder des Gemeinderats gehen und in der Sitzung mündlich vorgetragen werden.

Zur selbstständigen Erledigung.

In den meisten Fällen beantragen die Mandatare, dass ihr Anliegen „dem Stadtsenat zur selbstständigen Erledigung zugewiesen“ wird – diesem Antrag muss die Mehrheit des Gemeinderats zustimmen. Hinter dieser Formulierung steckt zweierlei: Einmal bedeutet sie, dass sich der Stadtsenat damit befasst, Stellungnahmen von den zuständigen Ämtern einholt und dann eine Empfehlung abgibt. Dabei wird übrigens jede Stunde erfasst, die an dem Antrag gearbeitet wird. Soll er umgesetzt werden, wird dem Gemeinderat davon berichtet – zu einer Abstimmung kommt es nicht mehr.

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Auf der anderen Seite ist die Formulierung eine Schublade. Eine zeitliche Vorgabe, bis wann sich der Stadtsenat damit zu befassen hat, gibt es nämlich nicht. Zwar sieht die Geschäftsordnung seit der letzten Überarbeitung vor, dass der Antrag nach einem Jahr noch einmal vorgelegt wird. Ob ihn das Stadtoberhaupt auf die Tagesordnung setzt, bleibt aber seine Entscheidung.

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Warum Fraktionen die selbstständige Erledigung durch den Stadtsenat beantragen? Weil sie entweder davon ausgehen, dass er ohnehin durchgeht und umgesetzt wird. Oder, weil sie wissen, dass er in der Schublade landet. In diesem Fall haben sie ihr Anliegen aber dennoch – und in der Öffentlichkeit – deponiert.