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MÄRZ 2019

Coverstory

Die Erste sein

6020 feiert den Internationalen Weltfrauentag mit modernen Pionierinnen – vier Frauen, die in ihren Berufen die Ersten waren.

Fotos: Axel Springer, Franz Oss, Javipec/ASP/Red Bull Content Pool

Maria Nuener, Offizierin

Ist die erste Offizierin der Berufs­feuer­wehr Innsbruck

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as ist unser Universallöschfahrzeug mit 10.000 Liter Wasser. Hier sind die Hubrettungsgeräte mit Leitern in unterschiedlichen Höhen. Am Korb kann man eine Krankentrage montieren“, erklärt Maria Nuener bei einer Besichtigung der Berufsfeuerwehrhallen. Maria Nuener kennt die in- und auswendig. In all ihren Schilderungen und Gesten ist die große Leidenschaft für ihren Beruf spürbar.

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Seit November 2018 ist sie Bereitschaftsoffizierin der BFI und befugt, Löschzüge mit Sonderfahrzeugen zu führen. Deren Aufbau und Abwicklung bespricht sie mit den jeweiligen Gruppenkommandanten, das Ganze in enger Rücksprache mit der Rettungsleitung. Ob sie denn jedes Mal aufs Neue entscheiden müsse, welche Gerätschaften mit zum Einsatz müssen? „Nein, es gibt klare Ausrückordnungen, die ich aber immer im Hinterkopf behalte.“

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Den strukturierten Ablauf der Einsätze fand sie immer schon imposant, also trat sie vor über 20 Jahren der Freiwilligen Feuerwehr in Innsbruck, Einheit Wilten, bei – auch damals als eine der ersten Frauen. Es folgten ein Jusstudium, das sie für eine biomedizinische Ausbildung abbrach, dann ein Job in einem Labor, in dem sie sich bis zur Führungsebene hinaufarbeitete. Als sie die Ausschreibung für den Offiziersposten sah, konnte sie nicht wiederstehen, bewarb sich und wurde genommen.

„Als Frau musst du mehr als 100 Prozent geben.“

Maria Nuener, Offizierin Berufsfeuerwehr Innsbruck

Mehr als 100 Prozent.

Die Offiziersausbildung absolvierte sie in Linz. An ihrem Job liebt sie vor allem die Zusammenarbeit mit einem großartigen Team und die Abwechslung: „Jeder Tag ist anders.“ Und die Männerdomäne? „Diesen Beruf muss man wirklich mögen, im Grunde stellt er eine ganz eigene Domäne dar“, gibt sie zu bedenken. Und: „Als Frau musst du mehr als 100 Prozent geben. Wer den Job aber wirklich will und die körperliche Leistung bringt, überzeugt auch die Skeptiker“, weiß Nuener aus Erfahrung. Und fügt hinzu: „Ich begegne meinen Kollegen mit Respekt und werde gleichbehandelt.“

Angy Eiter, Profisportlerin

Bezwang als erste Frau eine der schwersten Routen im Sport­klettern

M

it ihren vier WM-Titeln im Lead, drei Weltcup-Gesamtsiegen, sechs Rockmaster-Siegen, dem EM-Titel von 2010 und zahlreichen Erfolgen am Felsen und beim Bouldern zählt Angela Eiter zu den besten Kletterinnen der Welt. Doch als sie als erste Frau der Welt die 9b Route „La Planta de Shiva“ im andalusischen Villanueva del Rosario knackte, konnte sie vorerst gar nicht fassen, was gerade passiert war.

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Zuvor war dieser Streich nur einer Handvoll Kletterern wie Jakob Schubert oder Adam Ondra gelungen. Was Angy im Oktober 2017 schaffte, ist in vielerlei Hinsicht eine Sensation: Die Gegend lernte sie bereits 2015 kennen und lieben, also analysierte sie die „Planta“ bis ins kleinste Detail und baute sie in ihrer Imster Trainingsstätte nach. Dort wollte sie vor allem an der Kräftigung ihrer 2008 operierten Schulter arbeiten, bis eine hartnäckige Sehnenentzündung am Finger und später eine Sehnenverletzung am linken Oberschenkel die Vorbereitungen durcheinanderbrachten.

„Klettern bedeutet aber auch Konzentration, Durchhaltevermögen und Beweglichkeit. Das sind lauter Pluspunkte für Frauen.“

Angy Eiter, Profikletterin

 

Angy zweifelte, Frust machte sich breit. Die Rückschläge sie jedoch stärkten. Nach der Umstellung ihrer Therapie- und Trainingspläne erlangte sie wieder die notwendige Fitness: „Dafür bin ich meinem Partner ASP-Red Bull sehr dankbar. Ich wurde bestens betreut“, betont sie mit ehrlicher Verbundenheit. Dass Angy mit einer Körpergröße von 1,54 Metern und einer Spannweite von 1,58 Metern eine Route bewältigt hat, wofür gut zwölf Zentimeter mehr sehr hilfreich gewesen wären, macht die Sensation komplett.

Pluspunkte für Frauen.

Ist ihr Sport eine Männerdomäne? „Klettern galt am Anfang als sehr gefährlich, da auch die Sicherungsmittel spärlicher waren, also vermute ich, dass sich auch darum nur sehr wenige mutige Frauen an den Sport herantrauten. Heute ist es freilich anders“, sagt Angy. Allerdings wurden Frauenrekorde der moderneren Klettergeschichte anfangs meist angezweifelt, Schwierigkeitsgrade im Nachhinein oft nach unten korrigiert, so die Sportlerin. „Darum habe ich absichtlich eine Route gewählt, die andere Kletterer in ihrem Grad bestätigen“, erzählt sie.

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Ihre physische Kraft mag zwar für Männer von Vorteil sein, „Klettern bedeutet aber auch Konzentration, Durchhaltevermögen und Beweglichkeit. Das sind lauter Pluspunkte für Frauen“, weiß Angy Eiter aus Erfahrung.

Mechthild Thalhammer, Mathematikerin.

Ist die erste Frau, die an der Uni Innsbruck im Fachbereich Mathematik habilitierte

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ie sucht nach Lösungen für Probleme, die in Zusammenhang mit Solarzellen wesentlich sind, befasst sich mit der mathematischen Modellierung von Lawinen oder mit der Beschreibung von chemischen Reaktionen. Dafür kooperiert sie mit Kollegen und Kolleginnen aus Wien, Berlin und Leoben. „Mich fasziniert die Verknüpfung von schönen mathematischen Theorien und konkreten nützlichen Anwendungen, etwa in den Naturwissenschaften oder in der Technik“, sagt Thalhammer, die an der Mathematik vor allem ihre Vielseitigkeit, aber auch ihre klar strukturierte Exaktheit schätzt.

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Es gibt aber auch Bereiche, die sie gar nicht leiden kann, etwa Textaufgaben mit skurrilen Geschichten. Ein Beispiel? Auf einer Hochzeit sind 103 Personen anwesend, jede stößt mit jedem genau einmal an und braucht dafür eine Sekunde.

„Im Vergleich zu Studienkollegen bin ich sehr selbstkritisch gewesen.“

Mechthild Thalhammer, Mathematikerin

 

Wann kann das Hochzeitsessen beginnen? „Da denke ich mir – das kann nicht sein, eine Sekunde ist doch viel zu kurz, und warum sollten alle Personen gleich lange fürs Anstoßen brauchen?“ Lieber sollte man sich auf die reine Problemstellung konzentrieren, lautet der Tipp der Professorin, die vor allem dank positiver Rückmeldung bei ihrer Mathe-Matura zuerst zum Lehramtsstudium und dann zur Wissenschaft fand.

Kenntnis der eigenen Fähigkeiten.

Abfällige Bemerkungen über Frauen, die in der Mathematik nichts verloren hätten, trafen Thalhammer immer wieder: „Im Vergleich zu Studienkollegen bin ich sehr selbstkritisch gewesen und habe Dinge, die ich noch nicht konnte, bewusster wahrgenommen als Dinge, die ich gut konnte.“ Doch mit der Kenntnis der eigenen Fähigkeiten kam auch das Selbstvertrauen.

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In ihrem heutigen Umfeld überwiegt die Anzahl der Mathematiker nach wie vor, obwohl nun vermehrt auch junge Mathematikerinnen nachkommen, die ihre Laufbahn zielstrebig verfolgen. Auch werden die vielen Veranstaltungen, die dem Schülerinnen die MINT-Bereiche näherbringen, bald Früchte tragen: „Im Bereich der Technik stehen interessierten und talentierten jungen Frauen heute alle Möglichkeiten offen“, so Thalhammer.

Isabella Eberl, Dienstführerin.

Ist die erste Dienstführerin für das Rote Kreuz Innsbruck

A

ls Anfang Feber heftige Schneefälle   für Chaos auf der Brennerautobahn sorgten und auch in Innsbruck Betreuungsstellen für festsitzende Reisende eingerichtet wurden, hatte Isabella Eberl Nachtdienst. Als Dienstführerin ist sie es gewohnt, alle möglichen Arbeitsbereiche im Blick zu haben, die sehr umfangreich sind: Sie leitet etwa größere Rettungseinsätze in Absprache mit Feuerwehr und Polizei und sorgt für die Einteilung der Dienste. Auch kümmert sie sich um Bürokratisches rund um die Transportwägen und ist Ansprechperson für alle Belange, von kleinen Kfz-Schäden bis hin zur Stressverarbeitung nach belastenden Einsätzen.

„Ganz am Anfang wurde mir schon auf die Finger geschaut, aber das hat sich mit den Jahren wieder gelegt.“

Isabella Eberl, Dienstführerin, Rotes Kreuz Innsbruck

 

In der besagten schneereichen Nacht musste sie einen Versorgungseinsatz organisieren, die Olympiahalle war kurzerhand in eine Schlafstätte umfunktioniert worden. Ausnahmezustand? Kein Problem! „Wir brachten mehrere hundert Feldbetten und versorgten die Leute mit Tee. Dann musste ich noch rumtelefonieren, um sicher zu gehen, dass tags darauf genug Leute für den Dienst bereitstehen“, schildert Eberl.

Respekt von Anfang an.

Sie wirkt cool, taff und gleichzeitig bescheiden. Von vielen Kollegen wird sie auch „Mama Bella“ genannt. Ob ihr Job im Allgemeinen für Frauen schwerer sei, kann sie aus ihrer Warte nur schwer beurteilen: „Ich bin seit 24 Jahren beim Roten Kreuz, also quasi damit aufgewachsen, hatte mit 17 Jahren an Heiligabend meinen ersten Dienst als Freiwillige und wurde sofort gut und respektvoll aufgenommen“, erzählt sie.

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Sie war auch Innsbrucks erste Frau am Notarztwagen und die erste Hauptberufliche im Roten Kreuz: „Ganz am Anfang wurde mir schon auf die Finger geschaut, aber das hat sich mit den Jahren gelegt. Es ist ein Knochenjob, den wortwörtlich nicht jedermann und -frau packt“, merkt sie noch an, „allein, wenn schwere Personen transportiert werden müssen.“ Dass Isabella ihn trotzdem liebt, versteht sich von selbst. „Ob Mann oder Frau, wer sich für den Job geeignet sieht, ist auf jeden Fall willkommen“, ist sie überzeugt.

Die allerersten Ersten

  • 1897/98 wurden Frauen an der Uni Innsbruck erstmals zum
    Studium zuge­lassen.
  • Karoline Wageneder (SPÖ) war 1918 die erste und einzige Frau im Innsbrucker Gemeinderat.
  • 1919 war Maria Ducia die erste Frau im Tiroler Landtag.
  • Altbürgermeisterin Hilde Zach (1942–2011) war 2002 Österreichs erste Bürgermeisterin einer Landeshauptstadt.
  • 1991 beginnt die erste Busfahrerin ihren Dienst bei den IVB, heute beschäftigt das Verkehrsunternehmen 102 Frauen, davon 45 im Fahrdienst.
  • Marina Mair ist seit 1. Oktober 2018 unter 385 Angestellten die erste Frau im Landesstraßendienst in Tirol.