„Die Stunde, in der sie mit mir unterwegs sind, sollen sich die Hunde richtig austoben dürfen. Sie genießen ihre Freiheit und dürfen fast alles.“
Martina Kroh
echs Hunde wuseln um Martina Kroh herum. Sie laufen vor und zurück, schnuppern und stecken mit sichtlicher Freude ihre Schnauzen in den matschigen Boden. Sie spielen miteinander, der eine oder andere trägt ein Stöckchen vor sich her, dann bleiben sie stehen und warten, bis das Rudel wieder zusammenfindet. Zwei Hündinnen führt Martina an der Leine. „Die eine ist taub, die andere ist dement, das gibt es leider auch bei Hunden. Beide sind aber ganz lieb“, erzählt sie und holt mit zwei, drei Pfiffen alle Vierbeiner zusammen. Sie wissen schon, was jetzt kommt. Seit sie am Parkplatz aus Martinas Auto gehüpft sind, freuen sie sich darauf, zum Inn abzubiegen.
Hundeparadies Rossau.
Martina Kroh ist schon früh auf den Hund gekommen. Die gebürtige Sterzingerin, die mittlerweile in Navis wohnt, ist mit Schäferhunden aufgewachsen. „Einmal Schäfer, immer Schäfer“, betont sie und streichelt ihrer dreijährigen Hündin Tami kurz über den Kopf, bevor die sich mit den anderen Vierbeinern Richtung Wasser aufmacht. Seit Oktober 2014 bietet Martina Kroh ihren Gassiservice gewerblich an. Auch Einzeltrainings und mobile Kleintierbetreuung hat sie im Angebot. Ihre Runden dreht sie auch im Stubai- und Wipptal, heute sind aber die Stadthunde dran.
Ausgangspunkt für den einstündigen Spaziergang ist der hintere Parkplatz beim Baggersee. „Die Rossau ist für uns Menschen nicht ganz so prickelnd, aber die Hunde finden es dort richtig toll, weil alles ‚Hundenotwendige’ geboten wird“, erklärt Martina Kroh. Mit „Hundenotwendigem“ meint sie ausreichend Platz zum Laufen und Spielen, Naturboden, Wasser, Artgenossen, jede Menge Düfte zum Schnüffeln und nicht zuletzt ausreichend Gassi-Sackerl.
Ein ganzes Rudel.
Das Besondere an Martinas Gassiservice ist, dass sie mit den Hunden im Rudel unterwegs ist – derzeit mit bis zu acht Prachtexemplaren gleichzeitig. „Lustig ist, dass ich fast immer nur große Hunde bekomme“, erzählt die Rudelführerin. In dieser Runde ist der Deutsche Pinscher Xenia die kleinste, dafür aber auch eine der aufmüpfigsten. Sie sei schon eine kleine Zicke, räumt Martina ein, deshalb trage sie auch den Maulkorb. Vor allem aber hat sie ihn um, damit die freche Hündin trotzdem frei laufen kann.
Alle Vierbeiner tragen kurze Schleppleinen, die aus einem speziellen Material gefertigt sind, das verhindert, dass sich die Leinen verhängen, während die Vierbeiner sie hinter sich herziehen. So können sie sich gut bewegen, Martina kann sie aber auch jederzeit stoppen. Der Hundeexpertin ist dieser Aspekt besonders wichtig: „Die Stunde, in der sie mit mir unterwegs sind, sollen sich die Hunde richtig austoben dürfen. Sie genießen ihre Freiheit und dürfen fast alles.“
Enten in Sicht.
Am Inn angekommen, gibt es erst einmal kein Halten mehr. Übermütig springen die Hunde ins Wasser, drehen am Ufer – die Körper in eindrucksvoller, aerodynamischer Bodennähe – ein paar schnelle Runden. Auch der sonst sehr ruhige, taube English Setter lebt jetzt auf. Ein paar Meter entfernt hat er, Jagdhund, der er ist, ein paar Enten entdeckt. Der pechschwarze Jungspund Nico hat oben am Weg ein paar Artgenossen entdeckt und jagt den Hang hinauf und wieder herunter, als wolle er seine Kollegen oben abholen. Ein Unterfangen, das er recht schnell wiedereinstellt und lieber mit dem Rudel spielt. Wo es Vorschrift ist oder aus Sicherheitsgründen notwendig, muss natürlich auch Martinas Rudel an die Leine – was aber nicht überall der Fall ist, auch wenn das viele meinen.
Im Stadtgebiet dürfen Hunde, außer an bestimmten Stellen wie Spielplätzen oder Parkanlagen, frei gehen. Im Wald darf überall frei gelaufen werden, vorausgesetzt, der Hund bleibt in der Nähe des Halters und wird ordentlich geführt.
//Martina Kroh empfiehlt allen Hundebesitzern, sich genau zu informieren: „Viele wissen gar nicht, was sie alles dürfen. Auf der Website der Stadt findet man aber alle Informationen.“ Martina selbst war sogar bei Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer zu einem Gespräch.
Gegenseitiger Respekt.
Ihr Rudel muss aber auch an die Leine, wenn ihre Leute entgegenkommen, die offensichtlich Angst vor Hunden haben. Respekt vor den Zweibeinern und ein vernünftiger Umgang mit den Vierbeinern sind ihr wichtig. Martina Kroh bietet auch Beratungsgespräche für Menschen an, die überlegen, sich einen Hund zuzulegen. Sie lädt sie dann ein, mit ihr und ihrer Hündin spazieren zu gehen: „Wenn sie dann mit Tami und mir zum Beispiel im Winter bei Eiseskälte oder auch bei Regen rausmüssen, verstehen viele erst, was es bedeutet, einen Hund zu haben.“
//Wer aber tatsächlich einen Hund will, kann dies auch in der Stadt organisieren. Hunde brauchen einen Besitzer, der für sie Bezugsperson und Rudelführer ist, und sie brauchen Kontakt zu Artgenossen sowie Bewegung und Erziehung.
Stadthunde sind – einen erfahrenen Besitzer vorausgesetzt – dabei oft besser sozialisiert als ihre Kollegen vom Land. Verkehr, Radfahrer, Jogger, Kinder, andere Tiere – all dies begegnet ihnen schon im Welpenalter, dementsprechend gewöhnen sie sich daran.
Die ausgeglichene Tami.
Für Martina und ihr Rudel geht es nun langsam wieder zurück. Bei den Spaziergängen, die sie von Montag bis Freitag anbietet und für die sie 16 Euro verlangt, ist sie mindestens eine Stunde unterwegs. Natürlich wird vorab geklärt, ob der potentielle Rudelzuwachs auch kompatibel ist. Zu einem Erstgespräch bringt Martina ihre eigene Hündin mit.
„Die Rossau ist für uns Menschen nicht ganz so prickelnd, aber die Hunde finden es dort richtig toll.“
Martina holt die Hunde vor dem Spaziergang ab und bringt sich auch wieder nach Hause. „Diese Zeit verrechne ich aber nicht, wir gehen wirklich eine Stunde netto spazieren.“ Die Ausflüge laufen bei aller Freiheit strukturiert ab. Erst einmal rennen, dann spielen und schließlich gemütlich wieder zurück. Gerade bei den Jungen muss Martina auch darauf achten, dass sie bei all dem Spaß nicht darauf vergessen, auch ihr Geschäft zu verrichten.
//Hündin Tami ist immer dabei und das bei bis zu zwei Runden am Tag, was sie wohl zu einem der ausgelasteten Hunde in Innsbruck und Umgebung macht. Sie hüpft als erste in den Kofferraum. Bis Martina die restlichen ihrer tierischen Kunden verladen hat, fallen ihr schon im Sitzen die Augen zu. Was für ein Hundeleben.
//Wer mehr über den Gassiservice von Martina Kroh erfahren will, ist hier an der richtigen Adresse: www.Heimtierservice-Tirol.com
Keinen eigenen Hund? Auch kein Problem!
Gassi-Partner: Von Montag bis Freitag von 9 bis 11.30 Uhr kann man sich im Tierheim Mentlberg einen Hund zum Spazierengehen oder Joggen ausleihen.
Pate werden: Ebenfalls im Tierheim Mentlberg kann man für alle dort untergebrachten Tiere eine Patenschaft übernehmen und diese während der Öffnungszeiten besuchen und mit Leckerlis oder Streicheleinheiten beglücken bzw. mit den Hunden spazieren gehen.
Infos unter: tierschutzverein-tirol.at
Oder Hundesitter: Wer gerne einen Hund ausführen und auch noch Geld dafür bekommen möchte bzw. einen Hundesitter sucht, wird zum Beispiel auf www.leinentausch.at fündig.
Trend auf vier Pfoten in Sicht?
In Deutschland ist das Dogsharing schon längst angekommen, in Wien auch. Auf professionellen Websites können sich Hundefreunde finden und suchen, um sich die Verantwortung für – und schliefllich auch den Vierbeiner selbst – zu teilen. Interessierte können sich auf
www.hundelieb.com schlau machen. Vielleicht wird die tierische Variante der Patchwork-Familie auch in Innsbruck bald zum Trend?