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JÄNNER 2016

Kino

Wie Gott in Belgien

Die belgische Komödie „Das brandneue Testament“ hebt den Kampf „Gut gegen Böse“ auf eine neue Ebene: Ein böser Gott versucht, seiner guten Tochter Herr zu werden. Spannendste Kollateralschäden und ein amüsiertes Publikum bleiben dabei nicht aus.

Kritik: Klaus Erler
Fotos: Kris Dewitte, Luna Filmverleih
G

ott lebt in Brüssel. Und als wäre das nicht schon weltlich genug: Gott raucht, säuft, schläft beim Sportfernsehen ein und tyrannisiert seine Familie. JC – vulgo Jesus Christ – hat die Familie bereits genervt verlassen, um mit seinen Jüngern etwas Neues auf die Beine zu stellen. EA, die jüngere Schwester von JC, ist in der Enge und Strenge der göttlichen Dreizimmer-Wohnung zurückgeblieben. Sie muss ihrem Gott-Vater tagtäglich dabei zusehen, wie er in misanthropischer Grundstimmung einen alten Computer dazu missbraucht, immer neue Leiden in das menschliche Leben hinein zu programmieren. Eines Tages reicht es EA: Sie flieht, zuvor leakt sie aber noch die Todesdaten aller Menschen und nimmt ihrem Vater damit sein größtes Terrorinstrument über die Menschheit – die Ungewissheit über die Lebenserwartung.

Kindlich-abgehobene Erzählkunst.

Ein wildes Durcheinander aus plötzlich aufbrandender Selbstverwirklichung, Fatalismus und neuem Lebensgefühl der Menschheit ist die Folge. Mittendrin versucht die von Gott verfolgte EA, mit ihren eilig zusammengesuchten Jüngern den Lauf der Welt doch noch zum Guten zu wenden. Doch da hat ein übelgelaunter Herrgott auch noch ein Wörtchen mitzureden.

Damit ein absurder Plot wie dieser überhaupt funktionieren kann, braucht es zuallererst einen Regisseur, der mit großer Liebe zu kindlich-abgehobener Erzählkunst ausgestattet ist: Die besitzt der belgische Regisseur Jaco van Dormael („Toto der Held“) im Übermaß, und dazu auch noch die Fähigkeit, sie bis ins Detail auszuleben. Ein Beispiel dazu: Es gibt nur einen einzigen Weg, über den EA überhaupt die göttliche Wohnung verlassen kann, und der ist durch die Waschmaschine, die zuvor allerdings auf den 30-Grad-Synthetik-Schonwaschgang eingestellt werden muss.

Bestens verdaulich.

Da Dormael nicht nur begnadeter kindlicher Erzähler ist, sondern auch ein guter Handwerker, wird das „brandneue Testament“ mit vielen technischen Tricks und digitalen Kniffen zum optisch ansprechenden Spektakel: Egal, ob es sich um zu Wachsfiguren gefrorene Statisten handelt, um JC, der in Form einer Jesusfigur aus Plastik wiederaufersteht, oder um Gottes Büro, das nach oben hin bis in die Unendlichkeit mit Zettelkästen angefüllt ist: Am Weg zu seinem gottlosen Ende bietet der Film immer wieder echten „Eyecandy“, der die wie nebenbei präsentierten tieferen Einsichten in die Natur der Menschen bestens verdaulich macht.