in neues Elektrogerät gekauft. Pure Freude, doch just, nachdem die Garantie abgelaufen ist, gibt das gute Stück den Geist auf. Kennt man. Manchmal ist es ein eingebautes Ablaufdatum. Andere Male auch schlichtes Materialgebrechen durch längeren Gebrauch. Die Wenigsten können kaputte Geräte selbst reparieren und YouTube-Tutorials wissen leider nicht zu jedem Problem einen Rat.
//Nachhaltigkeit ist ein Schlagwort unserer Zeit, dennoch wird noch viel zu leichtfertig weggeworfen. Was kann ein Einzelner schon bewirken? Das dachte sich auch Martine Postma, Journalistin, Bloggerin und Gründerin des ersten Repair-Cafés in Amsterdam. Von dort aus trat das innovative Konzept seinen weltweiten Siegeszug an.
Recycling der anderen Art.
Seit März 2014 wandert das Repair-Café auch durch Tirol. Das Konzept ist schnell erklärt: „Kaputte Sachen wieder reparieren.“ Nachbarschaftshilfe und Nachhaltigkeit stehen dabei im Fokus. Ehrenamtlich stellen Menschen Know-how und Zeit zur Verfügung. Sie helfen selbst oder geben den Besitzern Anleitung zum Wieder-Instandsetzen der Gegenstände. „Im Repair-Café lernen Menschen kaputte Dinge aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Das Ziel ist die Entwicklung von einer Wegwerfgesellschaft zur Reparaturgesellschaft“, erzählt Michaela Brötz, Initiatorin des Repair-Cafés in Tirol.
Kompetenz trifft Gemütlichkeit.
Beim Betreten des Repair-Cafés in Innsbruck steigt Kaffeearoma in die Nase. Auf einer Ablage im Eingangsbereich liegen Zettel in bunten Farben: Elektro, Fahrrad, Textil oder Sonstiges steht in großen Lettern darauf geschrieben, eine Einteilung für den rascheren Ablauf und eine gute Organisation. Zwei ältere Damen nippen an einem Tischchen sitzend genüsslich ihren Kaffee und plaudern – neben ihnen warten in Taschen die zu reparierenden Geräte.
//Der Blick wandert durch den Raum. Personen sitzen an den in U-Form arrangierten Tischen – die Experten. Monotones Nähmaschinen-Rattern erfüllt den Raum. Auf einer Eckbank sitzen zwei junge Männer. Auf der Tischplatte vor ihnen liegt Werkzeug und ein fremdartiges Gerät. Ein Oszilloskop, kurz „Oszi“ genannt, wie der Informatik-Student Romedius erklärt. Es misst elektrische Spannungen und bildet diese am Display ab. Display und Elektronik waren bei dem Gerät kaputt, deshalb wurde es ausrangiert. „Albert von unserem IT-Syndikat brachte es wieder zum Laufen. Das Neongrüne haben wir selbst mit unserem 3D-Drucker nachgedruckt“, erzählt der Student und deutet auf die ins Auge stechenden Knöpfe. Nebenan sitzt sein Kollege vor den Einzelteilen eines DVD-Players. „Hoffentlich klappt die Reparatur, manchmal können auch wir nicht mehr weiterhelfen – aber einen Versuch ist es immer wert.“
Schreibmaschinenexperte.
Die beiden Bastler und Schrauber sind hier in bester Gesellschaft. Am Nachbartisch sitzt Jörg Thien. Vor ihm liegt sorgfältig seine Brille auf einer Arbeitsunterlage, daneben eine Werkzeugmappe mit großen und kleinen Schraubenschlüsseln und Kreuzschlitzschraubenziehern. In den zwei Boxen nebenan sind viele Schrauben und Muttern verwahrt – der Vorrat für alle Fälle. Der 78-Jährige ist eine Koryphäe, was Schreib- und Rechenmaschinen betrifft, und brilliert mit seinem umfangreichen Wissen. Das kommt nicht von ungefähr. 1953 hat er seine Lehre zum Büromaschinenmechaniker begonnen. Die Leidenschaft für diese Maschinen ließ Thien nicht mehr los. Er besitzt eine Sammlung von über 500 voll funktionsfähigen Maschinen. Funktionsfähig deshalb, weil alle kaputten von dem passionierten Sammler selbst in mühevoller Handarbeit repariert und restauriert werden. Mittlerweile sind die Kunstwerke auch in Wattens im „Schreibmaschinenmuseum“ ausgestellt.
Für kommende Generationen.
„Viele Kinder besuchen das Museum und fragen, wo sich die Entertaste oder die Löschtaste befinden“, erzählt der Büromaschinenmechaniker schmunzelnd. Ihm liegt am Herzen, dass nachfolgende Generationen wissen, wie die Daten- und Textverarbeitungen ihrer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern erfolgte – noch bevor es Computer gab.
Etwas entfernt arbeiten zwei Frauen emsig an Nähmaschinen. Ein großer Mann tippelt freudig von einem Fuß auf den anderen. „Das Konzept ist wirklich toll. Hier kann ich mir meine Hosen verlängern lassen. Mit meinen zwei Metern find ich so schwer passende Kleidung und fürs Radfahren passt das so Drangestückelte optimal“, meint er zufrieden. „Und ich liebe es einfach zu nähen“, erklärt die Näherin lachend, während sie das zweite Hosenbein mit Nädelchen absteckt.
//Inzwischen wird beinahe monatlich ein Repair-Café in Tirol organisiert. Die Reparatur-Community sucht laufend neue Experten sowie Organisatoren, die in ihrem Heimatort das Projekt in die Tat umsetzen wollen. Der Besuch eines solchen Cafés ist keine Garantie für eine tatsächliche Reparatur, aber auf jeden Fall ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit.
Das Repair-Café macht das nächste Mal am Samstag, 31. Jänner 2015 beim IT-Syndikat in der Tschamler-straße 3 in Innsbruck Halt.