Herr Hader, werden Sie oft „gschossn“? Josef Hader: Es passiert mir nicht oft, aber vor kurzem war es nach einer Vorstellung so weit. Der Schmäh ist ja der: Man muss immer etwas erzählen, das für den Betreffenden sehr interessant ist, ihn entweder ab- oder aufwertet, oder etwas erwähnt, das ihn brennend interessiert, damit er alles vergisst. Nach der Vorstellung in Germering bei München hat man zu mir gesagt: „Sie haben doch den Bayern-Spieler gesehen, der bei Ihnen im Programm war ...“ Ich bin kein Bayern-Fan, aber ich mag Fußball, da war ich natürlich hoch interessiert. Und ja, dann ist es passiert, man hat mich „gschossn“.
Und kennen Sie Reinhold Messner? Ich hab ihn kurz mal getroffen, da hab ich in Südtirol in Naturns gespielt. Er war mit seiner Frau da, wir haben aber nur kurz miteinander gesprochen. Der Messner-Sketch war im Programm – erkannt hab ich ihn nicht im Publikum, man sieht da ja kaum etwas. Außerdem bin ich kurzsichtig. Keine Ahnung, wie er reagiert hat, aber wenn’s ihm nicht gefallen hätte, hätte er wohl nicht mit mir danach geplaudert.
Mögen Sie Innsbruck? Ja, ich bin oft hier. Wenn man so oft in einer Stadt ist, auch immer beim selben Veranstalter, ist die ganze Angelegenheit immer zunächst ein Besuch bei Freunden, wo man halt am Abend auch spielt. Das ist eigentlich die schöne Seite am Beruf. Außerdem hab ich immer so das Gefühl gehabt, dass Innsbruck, obwohl von Bergen umgeben, eine sehr offene und lebendige Stadt ist. Vielleicht weil der Studentenanteil so überprozentual hoch ist? Jedenfalls merkt man’s Innsbruck viel mehr an als anderen Studentenstädten. Ich spüre das zum Beispiel in Salzburg nicht so stark. Es gibt in der Tat Städte, wo ich bedrückter bin.
Im März kommt „Das ewige Leben“ mit Ihnen in der Hauptrolle ins Kino. Darin schießt sich der Brenner vor lauter Kopfschmerzen in den Kopf – Sie selbst sagen, dass Sie Kopfweh praktisch nicht kennen. Wie bereitet man sich da vor? Method acting? Method acting? Wie Dustin Hoffman für seine Rolle in „Marathon Man“? Der ließ sich in der Vorbereitung für den Film, in dem er von einem Zahnarzt gequält wird, eine Wurzelbehandlung ohne Narkose machen. Nein, das mach ich nicht. Man redet halt mit Menschen, die Kopfweh haben, fragt, wo der Schmerz sitzt, wie sich das anfühlt, und versucht das so gut wie möglich zu spielen. Was Betroffene gerne hören, ist, wenn man sie fragt, in welcher Position Kopfweh erträglicher wird. Solche Dinge reichen.
Rauchen Sie seit dem Filmdreh wieder? Ich hab im Film geraucht, das muss man. Zuerst hab ich die blöden Kräuterzigaretten genommen, die haben so gebrannt in den Augen, dann habe ich doch lieber ganz leichte Zigaretten genommen. Im Film hab ich das aber so adaptiert, dass der Brenner ab einem bestimmten Punkt nicht mehr raucht, und erst am Schluss wieder anfängt, insofern war’s erträglich. Ich bin dadurch auch nicht wieder zum Raucher geworden. Das geht bei mir nicht mehr.
Wie war denn die Stimmung während der Dreharbeiten? In Interviews loben Sie oft das Engagement der Produktionsmitarbeiter, weil sie eigentlich viel mehr leisten als das, wofür sie bezahlt werden. Die Crew kennt sich ja schon länger und man hat dadurch ein großes Vertrauen zueinander. Die Atmosphäre am Set ist meistens sehr entspannt und freundschaftlich, das überträgt sich auch schnell auf Set-Neulinge. Ich glaube, dass das bei vielen österreichischen Filmproduktionen der Fall ist: Das Projekt ist nicht gut budgetiert und trotzdem will man etwas Ordentliches machen – das ist gar keine Besonderheit, sondern leider Normalität.
Und das Kreativ-Team Haas-Hader-Murnberger? War von Anfang an sehr freundlich, geduldig. Wir sind alle keine Ungustln, dadurch hält man auch bestimmte Auseinandersetzungen gut aus. Wir sind drei Burschen vom Land, die nicht wie die großen Künstler daherkommen, sondern ganz normal miteinander reden. Das hilft sehr, dass man sich geduldig da hinstreitet, wo dann alle zufrieden sind.
Warum fällt der Brenner immer tiefer? Irgendeine Bewegung muss sein. Ich hab das Gefühl, dass Geschichten über Helden, die gesellschaftlich immer höher steigen, in Amerika gut funktionieren – die müssen wir nicht machen. Darum versuchen wir eine Gegenbewegung.
Ist es typisch österreichisch, eine Geschichte rund um einen Antihelden kreisen zu lassen? Das würde ich so nicht sagen. Antihelden gibt es eigentlich in vielen Filmen, die nicht so gut budgetiert sind (grinst) – sie kommen auch in finnischen, dänischen und amerikanischen Low-Budget-Filmen vor. Es ist einfach so: Mit Antihelden kann man billigere Filme machen.
Ist der österreichische Humor eigentlich schwärzer als der britische? Nein, aber hinterlistiger.
Sind Sie auch in sozialen Netzwerken wie Facebook aktiv? Die hab ich noch nicht ausprobiert. Ich bin momentan heilfroh, wenn ich alle Dinge erledige, die über altmodische Netzwerke zu mir gelangen. Da bin ich schon sehr ausgelastet. Vielleicht sollte ich es ja mal versuchen, vielleicht ist es ja spannend. Vielleicht ist es auch uröd und man vertrödelt seine Zeit damit, keine Ahnung. Beides wahrscheinlich!
Haben Sie gute Vorsätze für 2015? Ich mache weniger Vorstellungen – zwei Wochen im Jänner und zwei Wochen im Dezember. Es gibt außerdem Filmprojekte, aber die sind noch nicht finanziert. Falls das nichts wird, habe ich ein total freies Jahr, dann kann ich ein neues Programm schreiben. Wenn die Filmsachen etwas werden, hab ich es auch lustig. Sehr spannend wird es auf alle Fälle. Wenig herumfahren und wenig auf Bühnen stehen – und das zum ersten Mal seit vielen Jahren. Ich bin mir sehr sicher, dass mir die Bühne nicht abgehen wird. Eigentlich geht sie mir nie ab. Es macht mir Spaß, wenn ich’s mach, aber es geht mir nicht ab. Ich spiele eh schon so lang schon alte Programme, da wird es Zeit, dass man was Neues macht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Der Film
„Das ewige Leben“ nach dem gleichnamigen Roman von Wolf Haas
Regie: Wolfgang Murnberger
Drehbuch: Josef Hader, Wolfgang Murnberger und Wolf Haas
Kinostart: 5. März
Inhalt: In Wolfgang Murnbergers vierter Verfilmung eines Krimis von Wolf Haas verschlägt es den Brenner (Josef Hader) zurück in seine Heimatstadt Graz – wo ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit auf ihn lauert. Mit dabei: Tobias Moretti, Roland Düringer und Nora von Waldstätten.