ertraut man den Gazetten, und das tue ich nun mal blind, so ist Meghans Erfolgsgeheimnis Yoga. Ja, die berühmte Schauspielerin Meghan Markle mit dem berühmten H in der Mitte ihres und am Anfang ihres Gattens Namens, chillt auf der Matte. Weil ich es noch immer nicht ganz aufgegeben habe, eines Tages auch Filmstar (à la exzentrischer Europäer bei Jimmy Fallon auf der Couch) und Teil eines Königshauses zu sein, möchte ich es versuchen. Die Wahl fällt auf ein laut Website unkompliziertes Studio in der Andreas-Hofer-Straße. Zwischen Supermarkt, Poledance-Studio und türkischem Bäcker prangen die Worte „Yoga Shala“ auf einer Tafel über dem Eingang. Vor der Tür wartet bereits eine Hand voll Entspannungsjunkies. Wie in jedem richtigen Wohlfühltempel gibt es auch hier einen ordentlichen Empfangstresen, an dem ich mich nach dem Einstiegsangebot „Yoga Classic“ erkundigen kann. Wie in jeder Folge dieser Serie irre ich völlig planlos umher, was in diesem Fall dazu führt, dass ich zielgenau in den falschen Saal laufe.
Der Boden ist Lava.
Auf dem Spanplatten-Parkett liegt bereits eine Art roter Teppich aus Yogamatten. Der Boden ist versehen mit Post-it-Hinweisen, diesen nicht zu berühren. Der Pfad führt auf eine Insel aus Matten in der Mitte des Raums, auf der die Anwesenden kauern. „Warum darf ich den Boden nicht berühren?“, frage ich in die Runde, um das Eis zu brechen. „Der Boden ist Lava“, antwortet eine Anwesende.
//Nach ein paar Minuten betritt der Kursleiter den Raum und verkündet, dass es für die, die noch in den Classic-Kurs wollen, jetzt zu spät ist. Ich schlucke. Hier findet Acroyoga statt. Dass dieses Acroyoga die dynamische Kombination aus Thai-Massage (Autsch), Akrobatik (Aua) und Yoga ist, die Hollywood und Instagram gerade gleichermaßen für sich entdeckt, weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. In einer Viertelstunde manifestieren sich meine größten Ängste in Form von berührungsintensiven Gruppenspielen.
Nach einer halben Stunde schwebe ich – nur von den Füßen einer kleineren und leichteren Frau getragen – parallel zum Boden. „Wie heißt du?“, fragt sie mich, während ich mich bemühe, nicht hinunterzuknallen und ihre Beine zu brechen. Judith hält Gott sei Dank durch. Als ich am Ende noch eine fremde Person massieren muss, habe ich meine Bedenken schon längst abgeschaltet. Beim Acroyoga wird geturnt, manchmal geschmunzelt, jedoch für meine Empfindung nicht wirklich entspannt.
Die Tür ist zu.
Am nächsten Abend stehe ich vor der geschlossenen Tür des Yogazentrums. Im Innenraum brennt Licht, auf der Tür klebt der Stundenplan mit dem Hinweis, dass der Kurs schon begonnen hat. Hinter der nahen Glastür des Billa-Seiteneingangs stehen Asia-Nudeln im Regal. Selbst der Supermarkt wirkt leer. Ich frage mich, ob es einen Fluch des Yogis gibt, der mir den Zugang zu dieser eigentlich jahrtausendealten philosophischen Lehre verwehrt. Vorübergehend geschlagen und ein wenig frustriert ziehe ich ab, doch ich gebe nicht auf.
„Wie heißt du?“, fragt sie mich, während ich mich bemühe, nicht hinunterzuknallen.
Für den dritten Versuch bin ich überpünktlich. Yin Yoga, wie die Yogini, die Leiterin des Kurses, später erklärt, ist die entspannte, passive Art des klassischen Yoga. Das klingt sogar noch besser. Der Saal im ersten Stock ist größer und sieht ein bisschen wie ein Tanzstudio aus. In einer Ecke gibt es Polster, Decken, Klötze aus Kork und Schwimmwürste, weiter hinten Yogamatten. Alle Anwesenden legen sich auf die Matten und versuchen, sich zu entspannen. Noch halte ich mit. Ich starre auf die stoffverhangene Decke. Der junge Mann mit Rastalocken links von mir deckt sich zu und scheint zu schlafen. Der Raum füllt sich mit Leuten, die alleine auf ihrem Platz vor sich hindösen. Es herrscht eine Stimmung wie am Strand eines Singlehotels an der italienischen Riviera.
Der Schenkel brennt.
Die Session geht mit einer Art Konzentrationsübung los. Man muss Atem und Gedanken, ähnlich wie beim Meditieren, kontrollieren und dabei die Füße bewegen. Müdigkeit packt mich, als wir die sanfte Order bekommen, die Füße in die Luft zu strecken, um damit unseren Alltagsstress als imaginäres Päckchen ins Leere zu stoßen. Wie ich meinen ganzen imaginären DHL-Wagen mit Selbstmitleid-Seitenspiegeln einfach wegdrücken soll, weiß ich nicht. Trotzdem gelingt es mir, mich zu entspannen. Die Yogini gibt uns immer wieder die genauen Minutenzahlen der Entspannungseinheiten und zugleich den Hinweis, jede Sekunde davon auszukosten. Diese Übung erinnert an das Gefühl, schon fünf Minuten vor dem Wecker aufzuwachen, und ist im von dezentem Räucherstäbchenduft durchzogenen Raum wirklich angenehm.
Danach folgen Dehnungsübungen, bei denen man sich mit den Korkklötzen und den Polstern nach Belieben stützen darf. Wir müssen uns in leicht gedehnten Positionen halten, was auf Dauer gar nicht so leicht ist. Die Oberschenkel beginnen, warm zu werden. Das Finale der Einheit kann man sich so actionreich vorstellen wie einen Jim-Jarmusch-Film über die letzte Briefmarkenfabrik im mittleren Westen. Wie auf Kommando hüllen sich alle Yogis in ihre Decken und schließen die Augen. An dieser Stelle, betont unsere spirituelle Kapitänin, könne man sich selbst danken – für das Gute, das man sich gerade getan hat. So endet diese Einheit für mich wie die Tour de France der Liegeradfahrer: mit brennenden Schenkeln und dem Wunsch, noch kurz sitzen zu bleiben.
Der Raum füllt sich mit Leuten, die alleine auf ihrem Platz vor sich hindösen.