mmer dann, wenn es ein lokalpolitisches Thema in die nationalen ORF-Nachrichten schafft, kann man davon ausgehen, dass es sich um kein positives handelt. Wie im Fall des geplanten, aber vorerst gescheiterten Nächtigungsverbots in der Innenstadt. Das Verbot sollte in der gesamten Altstadt, in den angrenzenden Straßenzügen sowie für die Unterführungen unter der Olympiastraße und entlang der Westbahn, den Edith-Stein-Weg, das Areal der Ursulinenpassage zwischen Innrain und Marktgraben, den Franziskanerplatz und den Domplatz gelten.
//Bei Verstoß wäre eine Strafe von 2.000 Euro fällig geworden. Aufgrund von „Beschwerden aus der Bevölkerung sowie des Innen- und Altstadtvereins“ sah sich Bürgermeisterin Oppitz-Plörer in ihrem Vorhaben bestätigt, die Verunreinigungen und Geruchsbelästigungen seien zu einen „unhaltbaren Zustand“ für die Anrainer geworden. Auch die Polizei sprach sich für ein Verbot aus, Sozialvereine und die Grünen dagegen.
Politisches Hickhack.
Im Stadtsenat stimmten neben den Mitgliedern der Bürgermeisterinnen-Liste Für Innsbruck (FI) auch jene der VP dafür, Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider und Parteikollege Gerhard Fritz dagegen, SP-Stadtrat Ernst Pechlaner enthielt sich seiner Stimme.
Die vier Stimmen von FI und VP reichten aus, um den Entwurf im siebenköpfigen Senat durchzubringen. Zu diesem Zeitpunkt war die Öffnung einer zweiten Notschlafstelle noch nicht fix.
//Dass im Gemeinderat keine Mehrheit zustande kommen würde, zeichnete sich bald ab. Pechlaner verkündete das Nein seiner Fraktion noch am Tag des Stadtsenats, FP und die Liste Rudi Federspiel signalisierten Zustimmung, wollten dem Schlafverbot aber noch ein zusätzliches Bettelverbot umhängen und pokerten damit zu hoch. Das zusätzliche Verbot war nicht durchzubringen, FP und Federspiel mussten gegen das Nächtigungsverbot votieren. Am Ende stimmte der Innsbrucker Gemeinderat mit 21:17 Stimmen gegen den Vorschlag von Bürgermeisterin Oppitz-Plörer, der es damit seit Längerem ausnahmsweise nicht gelungen war, ihren Willen im Gemeinderat durchzusetzen. Als erledigt betrachtet die Stadtchefin die Angelegenheit trotzdem nicht. Das Thema sei weder für die Obdachlosen noch die Anrainer gelöst, so Oppitz-Plörer.
Zu wenige Betten.
Bei den sozialen Einrichtungen in Innsbruck machten sich nach dem Aus für das Verbot Erleichterung und Ernüchterung zu gleichen Teilen breit. Sie sind nicht die einzigen, die davon ausgehen, dass es in Sachen Nächtigungsverbot weitere Vorstöße geben wird. Die SP befürchtet, dass ein erneuerter Anlauf in verschärfter Version – Stichwort Bettelverbot – passieren könnte.
Dem politischen Gezerre steht indessen die Realität der Obdachlosen gegenüber. Der Verein für Obdachlose führte zwischen 17. Juni und 14. Juli 2016 eine Erhebung durch. Das Ergebnis: Rund 290 Personen in Innsbruck sind ohne Obdach, 223 leben in prekären Wohnverhältnissen. Bei Letzteren geht der Verein davon aus, dass es sich um Menschen handelt, die versteckt wohnungslos sind und bei anderen Personen Unterkunft finden. Auch sie könnten also jederzeit auf ein Notquartier angewiesen sein.
//Den mindestens 290 Obdachlosen in Innsbruck stehen 58 Notschlafplätze im Alexihaus, 88 in der städtischen Herberge und seit November 30 zusätzliche in einer Unterkunft des Roten Kreuzes und 40 Plätze in einer der Sozialen Dienste zur Verfügung. „Als wir im Juli die Obdachlosen gezählt haben, waren das Alexihaus und die Städtische Herberge aber schon voll“, erzählt Michael Hennermann, Geschäftsführer des Vereins für Obdachlose. Die 70 neuen Schlafstellen würden aber akut helfen, meint er, und das eigentliche Problem sei ohnehin ein anderes. Viele Obdachlose, die zum Beispiel im Alexihaus untergebracht sind, leben dort bereits seit Jahren. „Für eine langfristige und menschenwürdige Lösung des Problems fehlen Wohnungen. Jahrelang in einer Notschlafstelle zu leben, das ist ja auch kein Zustand“, sagt Hennermann.
„Jahrelang in einer Notschlafstelle zu leben, das ist ja auch kein Zustand.“
Michael Hennermann, Geschäftsführer Verein für Obdachlose