War’s das jetzt mit der politischen Verantwortung?
Die FPÖ hat für den Gemeinderat im Oktober (den ersten nach der Sommerpause) bereits einen Antrag auf Abberufung von Vize-Bgm.in Christine Oppitz-Plörer angekündigt. Auch ein dringender Antrag von Gerechtes Innsbruck mit demselben Ziel, dem im regulären Juli-Gemeinderat die Dringlichkeit von den Mandataren nicht zugestanden wurde, wird im Oktober auf der Tagesordnung stehen.
Ein Fall für die Justiz
Derweil prüft die Staatsanwaltschaft, ob die Gemeinderäte von der Stadtführung getäuscht bzw. nur unvollständig informiert wurden, damit sie dem Millionenprojekt zustimmen. Angestoßen haben diese Untersuchung GR Gerald Depaoli und sein Anwalt Patrick Gaulin – sie haben eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung eingebracht.
Und jetzt?
Bürgermeister Georg Willi spricht im 6020-Interview über die
Lehren aus dem Kofel-Desaster, wie ein solches in Zukunft verhindert
werden soll, und darüber, was nach der Sommerpause ansteht.
Fotos: Franz Oss
Herr Bürgermeister, welche Lehren und Konsequenzen ziehen Sie aus der Kostenexplosion am Patscherkofel: Georg Willi: Die wichtigste Lehre ist, dass wir Großprojekte so ganz einfach nicht mehr machen dürfen. Aus einem Bauprojekt mit der ursprünglichen Idee, eine Bahn um 10,9 Millionen Euro zu modernisieren, ist ein Projekt geworden, bei dem wir aus heutiger Sicht in Richtung 65 Millionen gehen.
Und dann fehlen auch noch ursprünglich geplante, für die Bevölkerung wichtige Teile wie die Rodelbahn oder der Speicherteich. Wenn es dann heißt, dass aber doch ein tolles Projekt daraus geworden ist, denke ich mir: „Um das Geld? Na hoffentlich ist die Bahn schön!“ Wir brauchen ab sofort bei Großbauprojekten eine externe Kontrolle, wie sie jetzt im Gemeinderat einstimmig beschlossen wurde.
Wie wird diese externe Kontrolle konkret aussehen? Je nach Art des Projekts wird ein Team aus externen Fachleuten hinzugezogen. Die werden das gesamte Projekt von der Ausschreibung über die Planung bis hin zur Kostenkontrolle begleiten.
Warum müssen diese Fachleute extern sein? Weil nur so ihre Unabhängigkeit gewährleistet werden kann. Wenn diese Experten zum Beispiel zu dem Schluss kommen, Zweckbauten würden reichen, es politisch aber eine Mehrheit für aufwändigere Bauten um 10 Millionen mehr gibt – dann ist das okay. Dann wissen wir aber auch, worauf wir uns einlassen, und können das Projekt neu bewerten.
Wird es auf politischer Seite dann auch so etwas wie die Montagsrunden geben? Sicher nicht. Diese Montagsrunden waren völlig unprofessionell! Wir haben Steuergeld zu verantworten. Für den Umgang damit gibt es strenge Regeln und die müssen eingehalten werden. Dass keine Protokolle geführt wurden, ist nicht normal und darf nicht mehr passieren.
Der Gemeinderat pausiert im August und September, wie geht es im Herbst weiter – welche Projekte stehen an? Es tut sich einiges im sozialen Wohnbau. Die ersten 300 Wohnungen am Campagne-Reiter-Areal – insgesamt werden es 1.200 – werden fertig, beim Wohnbauprojekt Harter-höfe in Kranebitten – hier sind 1.500 Einheiten geplant – geht der Wettbewerb los, wir bauen Radwege und starten auch den Architektenwettbewerb für das MCI.
Wichtig ist mir auch die Einrichtung der Wohnungsservicestelle, wo Mieter die Höhe ihrer Miete prüfen lassen können bzw. Vermieter berechnen lassen können, wie viel Miete sie verlangen dürfen. Wir sind dabei, die Daten über unsere Altbau-gebäude aufzuarbeiten. Ich will mehr Transparenz beim Thema Wohnen.
Werden Sie auch im Nationalratswahlkampf eine Rolle spielen? Ja. Ich habe mir die letzten drei Wochen vor den Wahlen so gut es ging freigeschaufelt. Ich hätte nämlich gerne, dass wir in Innsbruck das beste Ergebnis einfahren. Es ist wichtig, dass wir die Städte und Kommunen schnell klimafit machen. Wir brauchen Maßnahmen wie Fassadenbegrünungen und mehr Bäume, um Innsbruck zu kühlen, und Photovoltaikanlagen, um die Stadt mit sauberer Energie versorgen zu können.
Apropos Klima – braucht es für solche Maßnahmen einen Klimanotstand? Wir haben keinen Klimanotstand, sondern einen politischen Notstand. Hätten wir mehr Unterstützung auf Landes- oder Bundesebene, hätten wir den Klimanotstand nicht ausrufen müssen.
Vielen Dank für das Gespräch.
„Die Kontrolle muss extern sein, weil nur so ihre Unabhängigkeit gewährleistet werden kann.“