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AUGUST 2018

Local Legends

Das IL CONTE

Wenn etwas in Innsbruck kommt und geht, dann sind es Lokale. Die Szene ist in Bewegung wie nie – gut so. Aber: Den Reiz des Neuen würden wir nicht als solchen empfinden ohne dem, was vorher war. 6020 besucht die Local Legends.

Fotos: Axel Springer
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anche werden schon oft daran vorbeigegangen sein, ohne sich jemals hineingetraut zu haben. Andere sind schon lange aus Innsbruck weggezogen und statten ihm bei jeder Rückkehr einen treuen Besuch ab, weil sie die Nostalgie überfällt und sie ein Bier wollen, das so schmeckt wie ihr allererstes, das sie dort vor Jahren bestellt haben. Wieder andere gehen dort täglich ein und aus. Die Rede ist vom Grafen unter den legendären Lokalen der Stadt: dem Il Conte.

Lage.

Geht man auf kürzestem Weg vom Bahnhof in Richtung Zentrum, kommt man zwangsläufig daran vorbei. Das Il Conte liegt laut Adresse in der Adamgasse, mitten in der Raiffeisenpassage, links neben der kleinen Tabaktrafik. Durch den schon etwas vergilbten Vorhang hinter der Glasfront lässt sich nicht viel erkennen, aber: Die Tür steht ab 7 Uhr morgens offen. Eine kleine Terrasse mit drei Tischen gibt’s auch.

Charakter.

Die Grundidee von Johann Spendier, der das Il Conte in den 1980ern (vor dem Wiener und dem Irish Pub) noch als Student aufgezogen hat, war es, ein Café nach italienischem Muster zu schaffen, „wo es schnellen Kaffee zu einem günstigen Preis gibt“. Dazu passend gestaltete er das Lokal im südländisch-rustikalen Stil, mit einer Bar aus roten Ziegelsteinen, runden Café-Tischen aus den 1920ern, teilweise aus dem Kaffeehaus „Alt Innsbruck“ stammend, einer Balustrade aus dunklem Holz und unzähligen bunten Bildern an den gelb- und grüngestrichenen Wänden. 

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Der wirkliche Charakter des Orts habe sich laut Spendier über die Jahre mit den Gästen entwickelt: „Das Conte ist zu einer Art Beisl geworden, wo Menschen unterschiedlichster Schichten ohne Berührungsängste zusammenkommen.“

„Die Herausforderung: Genug zulassen, um die Mischung aufrechtzuerhalten, und gleichzeitig durchzugreifen, wenn es zuviel wird.“

Johann Spendier
Das IL CONTE

AUCH EINE LEGENDE. 

Chef Johann Spendier

Das IL CONTE

 

Ihm komme es manchmal wie in der Serie „Friends“ vor: „Die meisten Gäste kennen sich, kommen hier fast jeden Tag herein und erzählen, was in ihrem Leben gerade passiert. Sie erhalten hier Anerkennung oder auch Ablehnung, jedenfalls Interesse. Es geht zu wie in einer Familie.“ Das kann dann auch manchmal etwas lauter sein. Schon durch die kleine Größe des Lokals und der Verteilung der Plätze kann man sich als Gast dem Austausch mit den anderen Anwesenden fast sicher sein. „Das Conte ist eigentlich eine große soziale Einrichtung“, sagt der Chef, und ein wenig Stolz schwingt mit.

Musik.

Wer hinter der Bar steht, legt im Conte die Musik auf, und hat dabei freie Hand. Entscheidet der Chef, ist sie jazzig, haben die Gäste bestimmte Wünsche, wird geschaut, was sich machen lässt. Eine fixe Linie gebe es nicht und besonders laut dürfe die Soundkulisse wegen der Nachbarn sowieso nicht sein.

Geschichte.

Man sieht und fühlt es ihm an: Das Lokal in der Raiffeisenpassage hat schon einiges erlebt und ein stolzes Alter erreicht. Vor 36 Jahren wurde es eröffnet, und hatte seitdem weder ein neues Mobiliar noch einen neuen Inhaber oder Pächter nötig. „Ich bin ihm treu geblieben, und sich selbst ist es auch treu geblieben“, sagt Spendier schmunzelnd über seinen Lokal-Erstling. Dass er damals als BWL-Student den Wechsel zum Wirt überhaupt durchzog, beschreibt er selbst als „schicksalhaft“. Er sei fasziniert vom „Le Clou“ in der ehemaligen Holiday-Inn-Passage gewesen und hätte immer mehr den Traum entwickelt, ein ähnliches Café aufzuziehen. „Ich habe dann zufällig mitbekommen, dass die Lokalität hier frei geworden ist, und spontan entschieden, meine Idee des Il Conte wahrzumachen.“ Bis 1982 befand sich an dem Ort übrigens das Steh-Café „Arabia“.

Das IL CONTE

DAS ERSTE.

Noch vor dem Wiener und dem Irish hat Spendier das Il Conte eröffnet

Das IL CONTE

 

Von Anfang an sei das neue Lokal gut gelaufen, einerseits wegen des „tollen, sehr kommunikativen Personals“, wie Spendier es beschreibt, andererseits, weil sich das Il Conte an einem Angelpunkt zwischen den Zentralen verschiedener Parteien und Zeitungen befand. Über die Jahre habe es dann auch schwierige Phasen gegeben, vor allem, wenn es um das Publikum ging. „Wir befinden uns doch in Bahnhofsnähe und ich musste teilweise schon vehement dahinter sein, dass hier nicht gedealt wird. Andererseits schmeiße ich nicht jeden gleich hinaus, dessen Gesicht mir nicht passt. Das war und ist die größte Herausforderung: Genug zulassen, um die Mischung aufrechtzuerhalten, und gleichzeitig durchzugreifen, wenn es zuviel wird“, fasst Spendier zusammen. Dass das Lokal verrufen ist, sei ihm schon klar: „Aber das macht mir nichts – ich persönlich kenne ja die Gäste und habe sie gerne hier.“ 

Publikum.

„Die Gesichter im Il Conte sind das Gesicht der gesamten Gesellschaft“, sagt Spendier. Wenn er die politische Situation mit jemandem besprechen will, mache er das im Conte, weil er hier die Meinung eines Querschnitts des Volks bekomme.

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Verglichen mit den Gästen seiner anderen Lokale sei das Publikum im Conte auch schon

immer eher älter gewesen. Interessant zu beobachten ist, dass die meisten allein kommen und alle erst mal herzlich den Chef begrüßen. 

Karte.

Das Angebot auf der Karte des Conte umfasst das übliche Bar-Repertoire, aber zu sehr günstigen Preisen. Ein großes Bier gibt’s um sagenhafte 2,60 Euro, den beliebten Schinken-Käse-Toast sogar um 2,10 Euro.

Erfolgsgeheimnis.

Ohne Frage hat das Conte seinen Ruf, gleichzeitig aber Kultcharakter. Einen Aperol Spritz gibt’s dort nicht, dafür aber eines der günstigsten Biere in ganz Innsbruck und unterhaltsamen Austausch mit der Stammgast-Gruppe. Johann Spendier begründet den anhaltenden Erfolg mit dem Personal, weil er damit, wie er sagt, „immer wieder ein Riesenglück“ hatte. Vor allem Studenten hätten bei ihm oft gejobbt, und die Zeit im Il Conte als wertvolle Erfahrung beschrieben. „Hier lernt man, mit den verschiedensten Menschen umzugehen. Das ist wie ein Probelauf für das weitere Leben.“ Eine der ehemaligen Kellnerinnen ist inzwischen Künstlerin, ihre ersten 2.000 Bilder malte sie während ihrer Dienstzeit im Conte hinter der Bar. Zweifelsohne wird hier viel Raum für Entwicklung geboten, den Menschen hinter und vor der Bar.

Öffnungszeiten:

Montag bis Samstag von 7 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts, Sonntag von 9 bis 2 Uhr

 

Das gibtís nur im Il Conte:

  • Schinken-Käse-Toast um 2,10 Euro und eine Buttersemmel um 90 Cent
  • Eine offene Tür, fast rund um die Uhr
  • Ein großes Bier vom Fass um 2,60 Euro.