ie auf Samtpfoten kommen sie uns neugierig entgegengezuckelt. Alpakas haben keine Hufe, sondern laufen auf ledrigen Sohlen. Große Kulleraugen, eine lustige Wuschel-Frisur und ein sagenhaft weiches, flauschiges Fell – wir dürfen streicheln, nur nicht am Kopf. „Nelly“, „Ortler“, „Edelweiß“ und die 15 anderen der Herde sehen aus wie zu groß geratene Stofftiere. Plötzlich geben sie ihre typischen Laute von sich: ein leises, hohes Summen, es klingt wie ein fragendes, schüchternes „Hm?“.
Anfangshürden.
Alpakas? In Seefeld? Das hier ist doch Tirol und nicht Peru, nebenan die Hohe Munde und nicht der Alpamayo. Trotz anfänglicher Skepsis der Agrarabteilung des Landes Tirol und des Seefelder Gemeinderats sind Florian Haslwanter und
seine Frau Nadin seit drei Jahren stolze Besitzer einer immer größer werdenden Alpakaherde.
//„Begonnen hat alles damit, dass meine Schwiegermutter zufällig ein Alpaka gesehen hat und die Idee hatte, in ihrer Pension ein oder zwei Tiere zu halten. Und plötzlich hat uns das Alpaka-Fieber voll erwischt, und alles ist ein bisschen größer geworden“, lacht Florian. Der 36-Jährige arbeitet in Innsbruck als Techniker, Nadin als Biologin und Psychologin. Um die Alpakas auf ihrem Grundstück am Waldrand von Seefeld halten zu dürfen, mussten sie viele Auflagen erfüllen und unter anderem die Ausbildung zu landwirtschaftlichen Facharbeitern absolvieren. Eine so große Alpaka-Herde ist österreichweit selten, außerdem ist es die einzige Bio-Alpaka-Herde Europas.
Florians Tierarzt hatte zuvor noch nie etwas mit Alpakas zu tun und musste sich erst einlesen. „Inzwischen ist ihm aber alles klar“, schmunzelt Florian.
Keine Milch, kein Fleisch.
Arabische Gäste, die sonst nur Kamelmilch trinken, wollen bei Florian immer wieder Milch kaufen. Das ist nicht möglich. „Sie geben zu wenig Milch, nur einen halben Liter am Tag“. Alpakas haben nur ein sehr kleines Euter, von dem die Fohlen Muttermilch saugen. Ab und zu wird Florian auch gefragt, ob man Alpaka-Fleisch essen könne. Kann man. Macht man aber kaum, weder in Peru, noch in Europa. Dafür sind die Tiere zu wertvoll. Zuchthengste kosten durchschnittlich 5.000 bis 10.000 Euro. „Es gibt aber auch Alpaka-Champions um 30.000 Euro“, weiß Florian. „Teuer in der Anschaffung, aber günstig im Unterhalt“, lautet die Devise.
Göttliche Wolllieferanten.
Alpakas sind vor allem für ihre sehr feine, warme Wolle berühmt. Die Faser zählt neben Kaschmir und Seide zu den edelsten Naturfasern der Welt. Florian streichelt den neugierigen „Haymon“ und erzählt: „In ihrer Heimat, den Anden, nennt man die Wolle auch das ‚Vlies der Götter’. Früher durfte nur der Hochadel Alpaka-Wolle tragen.“ Der Wunsch der letzten Jahre von Seiten der Textilindustrie und der Verbraucher, naturbelassene und ungefärbte Wolle zu erhalten, hat die Zucht weiter vorangetrieben. „In Österreich ist der Alpaka-Bestand aber gerade erst in den Kinderschuhen.“
//Der Grund für die dichte und flauschige Wolle liegt in ihrem Herkunftsland. Im südlichen Teil von Südamerika auf einer Seehöhe zwischen 3.000 und 4.500 Höhenmeter sind
Alpakas extremen klimatischen Verhältnissen ausgesetzt. „Tagsüber hat es oft 30 Grad und mehr, nachts auch gern mal minus 10 Grad“, erzählt Florian, „das Klima in Tirol stellt also keinerlei Herausforderung an die Alpakas dar. Sie sind zäh und robust.“
//Gleichzeitig ist jedes Tier anders: „Belin-da“ ist die quirligste. „Nello“ ist ein Träumer, am liebsten bei der Mama, obwohl die ihn inzwischen schon wegstößt, weil sie neue Jungen hat. „Haymon“ und „Thyrsus“ sind die Rabauken. Zwei von Florians Alpakas haben bei Ausstellungen bereits Auszeichnungen eingeheimst: „Unsere schokobraune Alpaka-Stute ‚Almrose’ und der hellbeige ‚Thyrsus’.“
Alpakas für alle.
Einmal im Jahr schert Florian seine Tiere – ein anstrengendes und langwieriges Unterfangen.
Die wertvolle Wolle lässt er zu biologischen und antiallergenen Bettdecken, Babydecken und Babyschlafsäcken verarbeiten, die auch über seine Homepage verkauft werden. Im Sommer wird Florian direkt bei der Weide und beim Stall einen Hofladen eröffnen und sein Sortiment erweitern. Außerdem plant er, Alpaka-Wanderungen und Kindergeburtstage am Hof anzubieten. Sein großes Ziel ist es, eine Herde von 150 bis 200 Tieren zu besitzen und die Alpaka-Zucht zum Hauptberuf machen zu können. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.
//Alpakas sind friedlich, einfach zu halten und vor allem auch etwas für Herz und Seele.“ Ein Blick in die tiefdunklen Murmelaugen von „Joggl“, und man versteht, was er meint.
ALPAKAS
Alpakas sind die etwas kleineren und leichteren Verwandten der Lamas und stammen urspr¸nglich aus S¸damerika. Sie sind wie alle Neuwelt-Kameliden Herdentiere und f¸hlen sich am wohlsten in Gruppen. Alpakas sind Pflanzenfresser und ern‰hren sich fast ausschliefllich von Gr‰sern. Im Gegensatz zu den Lamas spucken sie nicht nach Menschen (nur dann und wann gegen ihre Artgenossen, um ihren Unmut zu ‰uflern). Immer mehr werden Alpakas aufgrund ihres sanften und ruhigen Charakters auch in der tiergest¸tzten Therapie eingesetzt. Die Lebenserwartung eines Alpakas liegt zwischen 20 und 25 Jahren.