Wir empfehlen
AUGUST 2014

Videospiele plus Chilisoße

„Videospiele sind ein größeres Problem als Waffen“, meinte im vergangenen Jahr US-Senator Lamar Alexander. Kann virtuelles Morden tatsächlich für Amokläufe verantwortlich sein? 6020 sprach mit dem Innsbrucker Sozialpsychologen Dirk Mügge, der vor kurzem mit seinem Kollegen Tobias Greitemeyer eine Metastudie zu den Auswirkungen von Videospielen veröffentlicht hat.

Foto: Franz Oss
6020:

Was sind die Ergebnisse Ihrer Studie? Dirk Mügge: Wir haben 98 Studien zu den Effekten von Computerspielen ausgewertet. Die seit 2009 veröffentlichten Studien bestätigen frühere Ergebnisse, dass gewalthaltige Computerspiele negativ auf Menschen wirken können – die Ablehnung gegenüber Gewalt verringert sich oder es wird weniger Hilfeverhalten gezeigt. Was in der Berichterstattung aber oft verloren geht: Wir haben neben den negativen Effekten auch positive Auswirkungen auf das Verhalten durch kooperative, prosoziale Spiele gefunden.

 

Führen Computerspiele mit Gewalt also zu mehr Gewalt in der Gesellschaft? So pauschal kann man das nicht sagen. Videospiele fördern Gewalt, aber die Effekte sind klein. Sie können ein Risiko darstellen, jedoch darf man jetzt nicht sagen: Jemand spielt einen Ego-Shooter und läuft danach Amok. Das ist völlig absurd und dies behauptet kein seriöser Wissenschaftler.

 

Wie untersucht man Aggression? Früher konnten Wissenschaftler noch Experimente mit Elektroschocks simulieren. Das ist heutzutage aufgrund ethischer Überlegungen schwierig. Deshalb behelfen sich Wissenschaftler zum Beispiel mit Chilisoße: Diese wird zunächst von den Versuchspersonen verkostet, damit sie die Schärfe schmecken können. Nach dem Computerspielen wird ihnen gesagt, dass sie eine frei gewählte Menge der Chilisoße in einen Becher geben sollen und dass eine andere Versuchsperson diese dann essen muss – was natürlich nicht stimmt. 

 

Die Idee dahinter ist, dass Menschen durch Gewaltspiele am Computer aggressiver werden und deshalb der nachfolgenden Person mehr Soße verabreichen. Die Menge lässt indirekt Rückschlüsse auf die Aggression zu. Kritiker bemängeln, dass solche Experimente nichts mit der Realität zu tun hätten. Denn kaum jemand nötigt einen anderen Menschen Chilisoße zu essen, um ihm wehzutun. Deshalb gibt es Fachdiskussionen darüber, wie solche Ergebnisse einzuordnen sind.

 

Metastudie. Sozialpsychologe Dirk Mügge hat die Auswirkungen von Videospielen untersucht.