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MÄRZ 2020

„Bei uns wird auf höchstem Niveau gejammert“

„Austrian Doctors“ ist ein Projekt, das Ärzte in benachteiligte Regionen schickt. Bei einem Bildervortrag im Haus der Begegnung berichteten Julia Kuen und Alfred Schernthanner von ihren Einsätzen.

Fotos: Austrian Doctors
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or dem Publikum im Haus der Begegnung flackern traurige Bilder über die Leinwand. Es sind Aufnahmen von schwer kranken Menschen, dreckigen Slums und vermüllten Gegenden. Dort, wo diese Bilder gemacht wurden, arbeiten die Austrian Doctors. Zwei von ihnen: Die Tirolerin Julia Kuen und der Salzburger Alfred Schernthanner.

 

Dr. Julia Kuen beim Einsatz auf den Philippinen

Medizinische Versorgung und Schulbesuch.

Die Austrian Doctors sind der Österreich-Zweig der German Doctors, die jährlich rund 370 Ärzte in arme Regionen der Welt entsenden. Aus medizinischen Versorgungswagen arbeiten seit 2008 circa zehn bis 15 Österreicher pro Jahr in Sierra Leone, Kenia, Indien, Bangladesch oder den Philippinen. „Pflaster picken ist gut und schön, aber langfristig können die Leute nur der Armut entkommen, wenn sie lesen und schreiben lernen“, fasst die Organisationsleiterin Maria Graf das Credo des Gründers Werner Waldmann zusammen.

Die Austrian Doctors entsenden jährlich rund 370 Ärzte in arme Regionen der Welt.

Begrenzte Möglichkeiten.

Julia Kuen ist seit ihrem Auslandseinsatz „bescheidener und dankbarer“. Schlimm war es für die Ärztin in Facharztausbildung zu sehen, dass die Behandlungen mancher Patienten auf den Philippinen nicht am medizinischen Forschungsstand, sondern an der fehlenden Infrastruktur scheiterten: „Nicht, weil man nichts mehr dagegen hätte, sondern dort nichts mehr dagegen hat.“

„Bei uns wird auf höchstem Niveau gejammert“, meint der pensionierte Allgemeinmediziner Alfred Schernthanner. In Bangladesch und auf den Philippinen hat er vieles gesehen: Unterernährung, grippale und Magen-Darm-Infekte, Haut- und Lungenkrankheiten zählen zu den Leiden, denen er häufig begegnete. Durch seine Einsätze sei Schernthanner „gelassener“ geworden. „Vor Ort muss einem klar sein, dass man viele Dinge nicht kann.“

Selbst aktiv werden.

Wer in den Auslandseinsatz will, muss sich sechs Wochen Urlaub freischaufeln und den halben Flug selbst bezahlen. „Der Ehrenamts-Faktor ist sehr hoch“, weiß Maria Graf. „Wir versuchen gerade, unsere Projekte für Nicht-Mediziner aufzumachen.“ Künftig will man etwa Englischlehrer in die Projekt-Gebiete zu schicken, die die Menschen vor Ort unterrichten. Weil die Erhaltung der bereits existierenden Schulen viel kostet, fordert Graf dazu auf, „selber aktiv zu werden“ – etwa durch Benefizveranstaltungen oder Mundpropaganda.